Kommentar Ukraine: Orangene Revolution war gestern

Dass Janukowitsch die Wahl gewonnen hat, macht zwei Dinge deutlich: Erstens, die orangene Revolution ist Geschichte. Und zweitens, Janukowitsch ist lernfähig.

Nein, zu allzu großen Hoffnungen auf einen Neuanfang gibt die Wahl in der Ukraine keinen Anlass. Doch immerhin: Die Menschen hatten eine Wahl. Das ist auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion - ein Blick nach Russland oder Weißrussland genügt - alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Und: Die Abstimmung verlief im Großen und Ganzen frei und fair.

Dass mit Wiktor Janukowitsch dort nun ausgerechnet der Mann als Sieger vom Platz geht, der noch 2004 durch dreiste Wahlfälschungen seinen Wiedereinzug in den Präsidentenpalast sichern wollte, macht zwei Dinge deutlich: Erstens, die orangene Revolution ist Geschichte. Und zweitens, Janukowitsch ist lernfähig.

Fraglich nur, ob das auch auf die knapp unterlegene Julia Timoschenko zutrifft. Derzeit deutet alles darauf hin, dass die noch amtierende Regierungschefin das Wahlergebnis anfechten und noch einmal versuchen wird, ihre Anhänger auf die Straße zu bringen. Dabei wäre Timoschenko gut beraten, das Wahlergebnis zu akzeptieren, statt sich in endlosen juristischen Auseinandersetzungen zu verzetteln. Denn ihre Niederlage ist nicht zuletzt einem monatelangen Machtkampf zu verdanken, der das Land politisch lähmte und in dem sich das orangene Lager aufgerieben hat.

Im Gegensatz zum bisherigen Präsidenten Wiktor Juschtschenko, der gegenüber Russland keine Provokation scheute, dürfte sein immer noch gerne als prorussisch titulierter Nachfolger Janukowitsch eine Wiederannäherung an den Nachbarn suchen. Unter einer Präsidentin Timoschenko wäre das nicht anders gewesen, wie ihr mit Russlands Präsident Wladimir Putin ausgehandelter Kompromiss über Gaslieferungen vom vergangenen November zeigte. Und so kann sich neben Janukowitsch auch Moskau über dieses Wahlergebnis freuen.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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