die wahrheit: Der Zauber des Unglücks

Wundersames Brauchtum: Wissenswertes über die Sitten dieser Welt.

Nach alter Sitte drischt irgendwo in Asien ein Brauchtumsverwalter mit einem Blumenstrauß auf sich ein, um das Unglück abzuwehren. Bild: ap

Die Gegenwart ist ein wilder Ozean, die Zukunft ein gefährlicher Kontinent, und das Leben steckt sowieso voller Haken und Ösen. Der Mensch aber will um alle Schlaglöcher des Alltags einen großen Bogen machen und gleichzeitig, dass das Glück sich haargenau bei ihm an den Tisch setzt. Zahllose Regeln und Rituale hat er auf Lager, um sich das Schicksal dienstbar zu machen. Solche wie diese aus aller Welt:

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In Schweden weiß es jedes Kind: Wer darauf achtet, seinen Fuß genau auf die Gehwegplatten zu setzen, ohne auf die Fugen zu treten, kriegt zum Geburtstag das Fahrrad, das man sich gewünscht hat. Kriegt man es nicht, hätte es auch nichts gebracht, nicht mitten auf die Platten zu treten.

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In Mazedonien betrachtet man es als ganz schlechtes Omen, wenn die Spieler einer Fußballmannschaft, die einen großen Erfolg gefeiert hat, sich jemals wieder die Füße waschen.

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Ein Mann, der in England an einem Freitag, dem dreizehnten, eine schwarze Katze von links eine Straße überqueren sieht und dabei von einem herabfallenden Hufeisen erschlagen wird, hat keine Gelegenheit mehr, unter einer Leiter durchzugehen.

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Um bösen Zauber abzuwehren, geben die Philippiner den neugeborenen Jungen einen männlichen und den gerade auf die Welt gekommenen Mädchen einen weiblichen Vornamen. Tatsächlich wirkt der althergebrachte Zauber, denn aus den einen werden später Männer und aus den anderen Frauen - fast immer.

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Auf der grünen Insel gilt ein vierbeiniges Kind als Glücksbringer.

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Statt die Kerzen auszublasen, muss das Geburtstagskind in der Tatarei jedem Gast ins Ohr beißen. So viele Gratulanten der Jubilar dann beißt, so viele Jahre wird er noch leben, heißt es.

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Am Sonntag geborene Ferkel gelten unter den Feuerländern als Glücksschweine und werden von der Dorfgemeinschaft deshalb sofort gegrillt und verspeist.

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In Georgien drückt man nicht die Daumen, sondern spannt den Kopf in einen Schraubstock.

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Beim Anblick einer Sternschnuppe pflegen Tadschiken sich augenblicklich eine Zehe abzuhacken, weil sonst ein naher Angehöriger wie eine Sternschnuppe vergehen, d. h. sterben wird - und sei es nach Jahren.

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Dass Heilsteine tatsächlich wirken, erkennt man gewöhnlich daran, dass sie nie erkranken.

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Streng sind die Initiationsriten bei einigen Stämmen der ostwestafrikanischen Bevölkerung. Der Jüngling muss mit der Nase einen Acker pflügen, im Schlaf mit einem Satz über zehn Bullen springen und einen Baum verspeisen. Die Jungfrau wiederum muss einen Fluss austrinken, vier Nächte eingenäht in eine lebende Kuh verbringen und ein Kochgeschirr aus den Knochen ihrer Großmutter väterlicherseits anfertigen. Wer diese Übungen bestanden hat, gilt als verrückt und wird nicht in die Erwachsenenwelt aufgenommen.

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Vor jeder Mahlzeit werfen die melanesischen Polynesier einen Brocken von ihrem Teller unter den Tisch, damit das Meer nicht verbrennt, das Land nicht verdampft und die Luft nicht zu Stein wird. Mit Erfolg, wie selbst Fremde einräumen müssen.

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Der Glaube an Zwerge ist bei den Pygmäen sehr weit verbreitet.

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"Sie liebt mich, sie liebt mich nicht, sie liebt mich, sie liebt mich nicht …" - dass dieses beliebte Orakel die Wahrheit spricht, sieht man daran, dass es zu 50 Prozent eintreffen muss.

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Schrauben und Muttern im Essen sind im Volksglauben der Bulgaren von besonderer Bedeutung, denn sie bringen Glück - oder Unglück; das, so der Volksglaube, kommt eben darauf an.

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In Siebenbürgen zerschlägt man am Abend vor der Hochzeit kein Geschirr, sondern einen alten Hund aus dem Nachbardorf.

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Der apulische Pater Luigi Imbroglione in Civitamalata blutet regelmäßig aus einer offenen Wunde am Bein. Viele Gläubige aus nah und fern bestaunen das Mirakel. Mittlerweile untersuchte ein Wissenschaftler das Blut und stellte fest, dass es von einem Mann stammt. Der Bischof von Civitamalata folgerte daraus, dass es sich um das Blut Jesu handeln müsse. Seither schwillt der Strom der frommen Pilger an.

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Indem er sich bei der Heimkehr vor dem Öffnen der Wohnungstür mit geschlossenen Augen einmal um sich selber dreht, sorgt ein Belgier dafür, dass ihn auf dem Anrufbeantworter keine schlechte Nachricht erwartet.

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Nur Amulette helfen gegen Talismane, glaubt man in Gambia.

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Auf Neukaledonien gilt die Drei als Unglückszahl. Man zählt deshalb schon seit Menschengedenken nur bis zur Zwei. Die Folge: Niemand dort kann heute bis drei zählen.

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