Österreichische "Kronen Zeitung": Frau Rosenkranz und die Nazis

Die "Kronen-Zeitung" baute einst Jörg Haider auf. Jetzt unterstützte sie die FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidatin Rosenkranz. Nun distanziert sich das Blatt von ihren ausweichende NS-Äußerungen.

Hat zehn Kinder, einen rechtsextremen Ehemann und die Bundespräsidentschaftskandidatur der FPÖ: Barbara Rosenkranz. Bild: ap

WIEN taz | In seinem 90. Lebensjahr wollte Hans Dichand noch einmal den Königsmacher spielen. "Wählen wir sie, sie wird eine gute Bundespräsidentin sein!" So schloss er im Februar einen mit seinem Pseudonym Cato gezeichneten Leitartikel in der Kronen Zeitung mit einer klaren Wahlempfehlung für "die mutige Mutter" Barbara Rosenkranz. Diese war zu dem Zeitpunkt von ihrer Partei, der FPÖ, noch gar nicht offiziell nominiert. Doch der greise Herausgeber der auflagenstärksten Zeitung Österreichs hatte bereits seine gesamte Redaktion einschließlich Hausdichter Wolf Martin auf die Kandidatin eingeschworen. Dem amtierenden Präsidenten Heinz Fischer kann er nicht verzeihen, dass er entgegen der monatelangen Kampagne in der Krone den Lissabon-Vertrag der EU unterzeichnete. Rosenkranz war 2005 die einzige Abgeordnete im Nationalrat gewesen, die gegen das Vertragswerk stimmte.

Wenige Tage nach der Wahlempfehlung wurde Barbara Rosenkranz tatsächlich als einzige Gegenkandidatin zum Amtsträger aufgestellt. Bei ihrem ersten Auftritt vor der Presse konnte sie sich um die Beantwortung der Gretchenfrage - Wie hältst dus mit Nationalsozialismus, NS-Verbotsgesetz und Gaskammern? - nicht herumdrücken. Schließlich hat sie sich immer zum nationalen Lager bekannt und nie deutlich von den Ansichten ihres rechtsextremen Ehemanns Horst Jakob Rosenkranz abgegrenzt. Die Antworten waren aber so ausweichend, dass selbst bei der diesbezüglich nicht eben dünnhäutigen Lesergemeinschaft der Alarm schrillte: Bei der Kronen Zeitung gingen entrüstete Anrufe ein. Langjährige Abonnenten kündigten.

Dichand, seit über 50 Jahren mächtiger Herausgeber des Boulevardblatts, sah sich plötzlich in Erklärungsnot, zumal auch in der sonst so gefügigen Redaktion der Aufstand geprobt wurde. Also zog der sieggewohnte Dichand in einem neuen Leitartikel die Notbremse und forderte seine Favoritin auf, sich in einer eidesstattlichen Erklärung vom Nationalsozialismus zu distanzieren. Laut Wochenmagazin profil sei das Ultimatum gar nicht von Dichand selbst, sondern von seinem rebellischen Wirtschaftsredakteur Georg Wailand diktiert worden.

Tatsächlich kroch Barbara Rosenkranz zu Kreuze und verurteilte umgehend in einer eidesstattlichen Erklärung die Verbrechen des NS-Regimes. Eine Konzession, die auf den Homepages der rechtsextremen Vereinigungen mit Hohn und Enttäuschung kommentiert wurde. Hans Dichand zeigte sich zwar zufrieden über diese Ergebenheitsgeste, die ihm in einem handschriftlichen Brief vor allen anderen Medien angekündigt wurde, doch fallen die Hymnen auf Rosenkranz, die mit ihren zehn Kindern das deutsche Mutterideal voll erfüllt, in der Kronen Zeitung jetzt gedämpfter aus. Man konzentriert sich eher auf Sperrfeuer gegen Heinz Fischer.

Die Kronen Zeitung hat einst den kometenhaften Aufstieg des Rechtspopulisten Jörg Haider befördert und verhalf dem selbstgerechten EU-Skeptiker Hans-Peter Martin durch eine tägliche Kolumne zu drei Mandaten im Europaparlament. Auch der überraschende Sieg von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) bei den Nationalratswahlen im Herbst 2008 wäre ohne Krone wohl kaum möglich gewesen. Faymann hatte zu Beginn des Wahlkampfs in einem Brief an Dichand versprochen, künftige EU-Verträge einer Volksabstimmung zu unterwerfen.

Die Kronen Zeitung, die zur Hälfte der WAZ-Gruppe gehört, wird täglich von durchschnittlich drei Millionen Menschen gelesen. Davon wählen 40 Prozent die SPÖ und weitere 35 Prozent eine der Rechtsparteien FPÖ oder BZÖ. Jeder zweite dieser Leserinnen und Leser nimmt nie eine andere Tageszeitung zur Hand.

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