INA MÜLLER, MARKENBOTSCHAFTERIN : Hamburgs neues Gesicht
■ Neben Fernseh-Sendungen wie „Inas Nacht“ und „Inas Norden“ schreibt sie plattdeutsche Bücher und singt. Foto: dpa
Seit einigen Tagen hat die Metropolregion Hamburg eine Botschafterin. Das plattdeutsch singende Nordlicht Ina Müller soll zukünftig die Marke Hamburg repräsentieren. Der Erste Bürgermeister Ole von Beust ist froh, dass die Moderatorin „diese Aufgabe übernimmt“. „Die Menschen“, sagt er, „schätzen ihren frechen Humor und ihre erfrischende Art.“
Frech und frisch – solche Attribute hat die Marke Hamburg bitter nötig, seitdem prominente ortsansässige Künstler wie Rocko Schamoni oder Peter Lohmeyer das Manifest „Not in our name“ unterzeichnet haben. Sie wollen nicht länger Aushängeschild für ein Stadtmarketing sein, dass zwar mit der Kulturszene werbe, aber kaum etwas für diese Szene tue.
Die 44 Jahre alte Künstlerin Ina Müller hat mit der Anti-Gentrifizierungs-Bewegung nichts zu tun. Als neues Aushängeschild aber könnte sie den angekratzten Ruf wieder aufpolieren – sozusagen Marketing für das Marketing betreiben. In der Nähe von Cuxhaven geboren, wuchs sie mit vier Schwestern in einer Bauernfamilie auf. Nach eigenem Bekunden denkt Müller noch immer auf Plattdeutsch, erst in der Schule lernte sie Hochdeutsch. Bevor sie zur Hamburgerin wurde, lebte sie auf Sylt, in Bremen und – ein biographischer Ausreißer – sechs Jahre in München.
Nach vielen Jahren als Musikkabarettistin schaffte Müller 2007 den Durchbruch mit der Late-Night-Show „Inas Nacht“ beim NDR. Dort macht sie zu später Stunde feinstes Nischen-Fernsehen. In Hamburgs ältester Seemannskneipe, dem „Schellfischposten“, empfängt sie ihre Gäste. Die sie gerne auch mal auslädt, wenn jemand nur mithilfe des Fernsehens einen neuen Film oder ein Album promoten will.
Es ist nur schwer vorstellbar, dass sich Ina Müller für die Kamera verstellt. Sie trinkt Bier, unterbricht ihre Gäste, schreit sich heiser, singt ununterbrochen und lacht so dreckig wie ein Pirat, der einem Planken wischenden Schiffsjungen in den Hintern tritt. „Ich wollte früher nie Punk sein – heute bereue ich das“, sagt sie über sich. Kurzum: Ina Müller ist so, wie Hamburg selbst gerne wäre. UTA GENSICHEN