Bayern gegen Leverkusen: Völlers Wiegenfest wieder verhagelt

Manchmal muss der dosierte Einsatz der Kernkompetenzen ausreichen: München stolpert sich mit einem 1:1 in Leverkusen souverän voran zur deutschen Handbremsen-Meisterschaft.

Leverkusens Gonzalo Castro (m) foult Franck Ribery (re) im Strafraum. Den Elfmeter verwandelt Robben zur 1:0-Führung der Bayern Bild: dpa

LEVERKUSEN taz | Morgen wird Rudi Völler 50 Jahre alt, und es spricht vieles dafür, dass er sich auch im zweiten Lebenshalbjahrhundert anhaltend mit dem Morbus Bayer wird quälen müssen: jener besonderen, nach heutigem Stand der Forschung unheilbaren Krankheit, die nach vitaler Hinrunde einen Frühlings-Einbruch nach sich zieht und dem Leverkusener Sportdirektor Jahr um Jahr das Wiegenfest verhagelt. Mit dem 1:1 gegen Bayern München ließ Völlers überragendes Vorrundenteam die letzte Meisterschaftschance liegen.

Dabei war, wie Verteidiger Gonzalo Castro nachher meinte, "mehr drinne gewesen". Kuriose Szenen und Chancen gab es genug gegen einen FC Bayern, der zwar überlegen ballsicher agierte, aber nur wenig Abschlüsse vangaallesk kreieren konnte. Auch Leverkusens Schweizer Eren Derdiyok, obschon erst in seiner ersten Bundesliga-Saison, hat die Verhältnisse bereits verinnerlicht. Das bewies sein weises, annähernd entrücktes Lächeln in der 57. Minute. Da war der Ball nach einem Kießling-Kopfball vom Innenpfosten an Jörg Butts Torwartrücken geprallt, höhnisch auf der Linie entlanggetänzelt und dann in Zeitlupe weggekullert. Für so etwas ist der Begriff Bayerndusel erfunden worden.

Ebenso ungut wie das Abendspiel waren die nachmittäglichen Niederlagen von Schalke und Dortmund. Sie ließen beide Mannschaften mit einem Remis zufrieden sein. Besonders die Bayern hatten, restmüde nach der Niederlage in Old Trafford, mit angezogener Handbremse auf das letzte Quäntchen verzichtet und sich auf ihre Kernkompetenzen verlassen: Mark van Bommel synchronisiert seine lebensbedrohlichen Grätschen und engelsgleichen Unschuldsgesten mittlerweile zu einer einzigen harmonischen Bewegung. Ribery fand nach manch unkonzentriert verdaddeltem Dribbling entscheidend Castros Knie für den Elfmeterfall. Und Arjen Robben verwandelte sicher zur Führung.

Immerhin könnte Arturo Videl kurz darauf, nach Leverkusens drittem Pfostenkracher, zum Ausgleich abstauben. Und Kaiser Franz so großherzig kundtun, das stark ersatzgeschwächte Leverkusen habe ihm "sehr, sehr gut gefallen" und hätte "den Sieg verdient gehabt". Es blieb bei Bayers "Ergebnis-Misere" (Trainer Jupp Heynckes). Allein die kapriolendichte Nachspielzeit hätte alles drehen können: Erst lief der weise Derdiyok allein auf Münchens Tor zu - und vertändelte. Dann versäumte es Schiedsrichter Knut Kircher, Bastian Schweinsteiger Rot zu zeigen für eine besonders hinterhältige Grätsche, für die van Bommel rot geworden wäre. Und schließlich verweigerte er dem FC Dochnichtimmer-Winner einen klaren zweiten Strafstoß.

Vielleicht war das die große Szene der Hoffnung auf Gerechtigkeit im Irgendwann. Manchmal verwechselt der allmächtige Fußballdusel tatsächlich die Seiten. Und so kann Rudi Völler an seinem Geburtstag zumindest noch auf die Champions League hoffen.

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