Kleiner Parteitag der Grünen: Die Ponyherde grast fast überall

Die Grünen kritisieren vor allem die SPD. Die CDU dagegen wird geschont, ein Bündnis mit ihr wird nicht ausgeschlossen. Angst vor einer großen Koalition macht sich breit.

Grünes Literaturfestival in Essen. Motto: Schwarz-gelb sind die Räuber. Bild: dpa

ESSEN taz | Eine Woche vor den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen schließen die Grünen ein Bündnis mit der CDU nicht aus. Auf dem Landesparteirat in Essen betonten RednerInnen wie die Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann und die Parteichefs Arndt Klocke und Daniela Schneckenburger zwar, "Wunschpartner" der Grünen sei die SPD. Allerdings sparte besonders Löhrmann, die persönlich ein gutes Verhältnis zu Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers hat, beim kleinen Parteitag nicht mit Angriffen auf die Sozialdemokraten.

Die SPD betreibe mit ihrer Forderung nach einem Steinkohlesockel eine umweltfeindliche Energiepolitik und setze noch immer auf eine Industriepolitik der "überdimensionierten Großprojekte", warnte die grüne Spitzenkandidatin. Sie will nach der Wahl Bildungsministerin werden: "Wir kämpfen für Grün und wollen dann Rot-Grün - nicht umgekehrt."

Für Kritik an Rüttgers, dessen CDU vor einer neuen Spendenaffäre steht, waren dagegen andere zuständig: Parteichef Klocke warf dem Regierungschef vor, den Skandal wie die Sponsoring-Affäre um Rüttgers' verkaufte Gespräche kleinreden und vertuschen zu wollen. Der Kölner Bundestagsabgeordnete Volker Beck forderte, Rüttgers müsse endlich Verantwortung übernehmen. Inhaltlich stand aus den Reihen der amtierenden schwarz-gelben NRW-Regierung aber vor allem die FDP in der Kritik.

Bei den WählerInnen punkten wollen die Grünen einmal mehr mit dem verstärkten Einsatz erneuerbarer Energieträger, längerem gemeinsamem Lernen und einer liberaleren Innenpolitik mit verbessertem Datenschutz. Aushandeln soll das eine von 8 auf 14 Mitglieder erweiterte Kommission, die formal gleichberechtigt mit Vertretern des Realo- wie des linken Parteiflügels besetzt ist. Doch unter den Kommissionsmitgliedern gilt nur der designierte neue Landesvorsitzende Sven Lehmann als scharfer Gegner eines Bündnisses mit der CDU.

Andere, auf dem "linken Ticket" abonnierte Grüne wie die ehemalige Bundestagsabgeordnete Irmingard Schewe-Gerigk dagegen arbeiten auf kommunaler Ebene längst mit mit der CDU zusammen. Auch die stellvertretende Chefin der grünen Landtagsfraktion, Barbara Steffens, warb in Düsseldorf bereits für ein Bündnis mit der CDU. Vor dem Parteitag versicherte Steffens gegenüber der taz allerdings, "für Rot-Grün kämpfen" zu wollen. Auch Verhandlungen mit der Linkspartei schloss Steffens nicht aus. Allerdings zweifle sie am Willen der Linken, in NRW Regierungsverantwortung zu übernehmen. "Und dann bleibt nur noch Schwarz-Grün", sagt die Parteilinke.

Strittig ist auch die Größe der Verhandlungskommission. "Wir machen uns doch lächerlich, wenn wir bei Koalitionsverhandlungen mit 14 Leuten auftauchen", fürchtet ein Mitglied des Landesvorstands. Die "grüne Ponyherde" könne niemals eine einheitliche Position vertreten. Dennoch repräsentiert die aufgeblasene Kommission den grünen Minimalkonsens: Aufgeschreckt durch Fraktionsvize Reiner Priggen, der schon vor Wochen offen für eine Koalition mit der CDU warb, forderte zunächst die grüne Bundespartei eine Beteiligung ihrer Vertrauten Schewe-Gerigk und Beck.

Auch der designierte finanzpolitische Sprecher der neuen grünen Landtagsfraktion, der Essener Mehrdad Mostofizadeh, wollte dabei sein, ebenso der Verkehrspolitiker Horst Becker. In die Kommission drängte dann auch noch die für das Amt der Landesparteichefin kandidierende Düsseldorfer Landtagsabgeordnete Monika Düker, ebenso die Bildungsexpertin Sigrid Beer.

Doch bei den Grünen geht auch Angst um - die Angst, es wieder nicht in die Regierung zu schaffen. Neueste Umfragen sagen zwar ein Patt zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün voraus. Für ein Bündnis mit der CDU aber könnte es in einer Woche vielleicht doch nicht reichen, und führende Grüne sehen die SPD bereits in einer großen Koalition. Verstärkt warnen Grüne wie Parteichef Klocke deshalb vor der Linkspartei: "Die Linke wird im Landtag nicht gebraucht" - das sei die Botschaft, mit der die Grünen in der letzten Woche des Wahlkampfs auf die Straße sollten.

Das sehen nicht alle so. "Am liebsten", sagt einer, "wäre mir eine Mehrheit für Rot-Grün - und die Linke im Landtag." Die könne dann nämlich "für den nötigen sozialen Druck" sorgen.

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