Urteil gegen umstrittenen Therapeuten: Zu viele unberechenbare Drogen

Zu fast fünf Jahren verurteilt das Landgericht einen Arzt, in dessen Gruppentherapie zwei Menschen an Ecstasy gestorben sind

War es Vorsatz oder tragisches Unglück, als im September sieben Menschen bei einer psycholytischen Sitzung eine Überdosis Ecstasy zu sich nahmen, die zwei von ihnen tötete? Tragisch sei es wohl, ein Unglück aber nicht, meinte am Montag das Landgericht Berlin. Es verurteilte den Arzt und Psychotherapeuten Garik R. zu vier Jahren und neun Monaten Haft. Der 51-Jährige habe sich der Körperverletzung mit Todesfolge in zwei Fällen und der gefährlichen Körperverletzung in fünf Fällen schuldig gemacht, zudem seinen Patienten Betäubungsmittel überlassen, so die Richter. Er darf sich nie wieder mit einer Praxis niederlassen, eine Tätigkeit an einem Krankenhaus verboten ihm die Richter nicht. Bis zum Antritt seiner Strafe kommt er frei.

"Herr R., durch Ihr Verhalten sind zwei Leute gestorben", sagte der Vorsitzende Richter Ralph Ehestädt: Es gehöre zur ärztlichen Sorgfaltspflicht, Schaden von den Patienten fernzuhalten, sie insbesondere keinen vermeidbaren Risiken auszusetzen. Obwohl R. es für möglich hielt, die Droge an jenem Tag falsch abgewogen zu haben, reichte er das Ecstasy "in den Kreis hinein".

Vielleicht verkannte der Arzt das Problem, weil er selbst unter dem Einfluss von LSD stand? Die Patienten, die wussten, dass sie Drogen konsumierten, verschuldeten die Taten zwar mit, konnten aber keine Verantwortung übernehmen: "Sie hatten die Tatherrschaft, Sie haben die Drogen besorgt, abgewogen und das Pulver gesehen. Die Patienten haben es nur verbraucht", argumentierte der Richter. Zu einer Einwilligung in eine Körperverletzung gehöre ein Behandlungsplan, die Erörterung der Risiken und möglicher Alternativen. "All das fehlt", so der Vorsitzende.

R. klärte seine Patienten lediglich über die Wirkung der Drogen auf und bot ihnen Bücher sowie Broschüren an. "Das reicht nicht aus", urteilte der Richter. Der Arzt hätte den Patienten vor allem die Unberechenbarkeit von Ecstasy erläutern müssen, für das es keine unbedenkliche Dosis gebe: "Das ist die Krux der Substanz", zitierte der Vorsitzende den toxikologischen Gutachter.

Außerdem sei die psycholytische Therapie, die der Arzt praktizierte, wissenschaftlich nicht anerkannt. "Vielleicht steht man in 50 Jahren anders dazu", befand der Richter. Er glaube R. seine Reue und hielt ihm sein frühes Geständnis und seine Rettungsbemühungen zugute. "Sie sind kein Berufskrimineller", sagte er zu dem Angeklagten, dem die Erleichterung über das Urteil anzumerken war.

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