Gewalt: CDU entdeckt Linksextremismus

CDU-Politikerin Vivienne Spethmann fordert eine Forschungsstelle für linke Gewalt. Der Verfassungsschutz verharmlost neonazistische Gewalttaten, sagt die Linkspartei.

Brennende Autos: Waren die Täter Linksextreme, sollen Halter der CDU nach eine Anlaufstelle bekommen. Bild: dpa

Die CDU-Politikerin Vivianne Spethmann fordert analog zur Forschungsstelle gegen Rechtsextremismus nun auch eine solche für Linksextremismus. Angesichts der vielen Opfer von linken Gewalttaten sei es dafür "höchste Zeit", sagt die justizpolitische Sprecherin der CDU.

Sie habe mit den Grünen bereits darüber gesprochen. "Es gibt Einigkeit, dass man sich darüber Gedanken machen muss." Noch im Juni werde die CDU einen Antrag einbringen. Seit 2009 gibt es in der Justizbehörde die "Arbeitsstelle Vielfalt", die unter anderem Rechtsextremismus erforscht und Maßnahmen gegen Rassismus bündelt. Allerdings nur mit einem Referenten.

Der SPD-Innenpolitiker Andreas Dressel begrüßte den Vorstoß. "Es gibt Erkenntnisdefizite im Umgang mit linksextremistischer Gewalt." Man brauche dafür neue Instrumente. Er warnte aber davor, die Mittel für die Bekämpfung von Rechtsextremismus zu reduzieren, wie es CDU-Familienministerin Kristina Schröder propagiert. Hamburg gebe dafür nur 32.000 Euro aus, was eine "Lachnummer" sei.

Für Spethmann ist es "offen", ob Mittel umgeschichtet werden. Sie bezieht ihre Forderung auch auf den Verfassungsschutzbericht, wo laut Kurzfassung in 2009 die linke Gewalt "besorgniserregend" anstieg, während die Zahl rechtsextremistischer Gewalt um ein Drittel zurückgegangen sei.

So stiegen die Linksextremisten zugeordneten Straftaten von 535 im Jahr 2008 auf 757 in 2009, darunter waren 334 Gewaltdelikte. Als exemplarisch für linke Straftaten nennt der Bericht Brandanschläge auf Fahrzeuge von Firmen, Beschädigung des Wohnhauses eines Energieunternehmers mit Steinen und Farbe und den Überfall auf ein Kommissariat im Schanzenviertel.

"Den Anstieg haben die beiden Schanzenviertelfeste verursacht", sagt Innenbehördensprecher Thomas Butter. Die Täter hätten "überwiegend keine extremistische Gesinnung" gehabt, wohl aber politische Motive.

Verwirrend: Die Statistik weist die "linksextremistischen" Taten gesondert aus, die sich gegen die Freiheitlich Demokratische Grundordnung (FDGO) richten. Diese linksextremistischen Taten sind im gleichen Zeitraum von 92 auf 41 gesunken.

Bei der Gewalt von Rechts findet sich diese Unterscheidung nicht, sie gilt in der Regel als FDGO-feindlich. Hier sanken laut Bericht die Straftaten von 2008 auf 2009 von 369 auf 297, und die Gewalttaten von 45 auf 30.

In seiner langen Version relativiert der Verfassungsschutzbericht den Trend. Die Zahlen aus 2008 seien "insbesondere auf Ausschreitungen am Rande der 1. Mai-Demonstration zurückzuführen". Damals waren viele militante Rechte von Auswärts angereist. Lässt man 2008 weg und betrachtet die letzte Dekade, sind die 30 Gewaltdelikte ein Rekord.

Bei den Gewalttaten handelt es sich oft um Übergriffe auf Personen, so wurde beispielsweise ein dunkelhäutiger Portugiese niedergeschlagen. Die Bundesregierung gab auf eine Anfrage der Linken für Hamburg sogar 40 solcher Gewalttaten bekannt. Butter konnte die Differenz gestern nicht erklären: "Wir prüfen das." Die Linke-Politikerin Christiane Schneider vermutet "Verharmlosung" rechter Gewalt.

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