Haushaltsdesaster: Das Finanzloch schluckt die Stadt

Bürgermeister und Finanzsenator erkennen eine "dramatische" finanzielle Lage der Stadt. Jetzt kommen Milliarden-Einsparungen.

Finden immer noch was zu lachen: Finanzsenator Carsten Frigge und Bürgermeister Ole von Beust (beide CDU). Bild: dpa

Es war die Stunde der dramatischen Formulierungen: Nichts Geringeres als die "Zeit der Wahrheit" sah Bürgermeister Ole von Beust (CDU) gekommen, die "massive Ehrlichkeit" verlange - denn die "Dramatik der Situation" bedeute eine "gigantische Aufgabe" und erfordere "unpopulären Maßnahmen" in den kommenden Jahren.

Zusammen mit Neu-Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) bilanzierte von Beust gestern die aktuelle finanzpolitische Situation der Hansestadt - und musste sogleich ein Milliarden-Sparprogramm ankündigen: "Das wird ein harter Weg, der ohne Alternative ist und für uns auch schief gehen kann", führte der Bürgermeister sogar das mögliche Ende der schwarz-grünen Koalition im Munde.

Nach dem Rücktritt von Finanzsenator Michael Freytag (CDU) Ende März und nach Bekanntwerden der Mai-Steuerschätzung hatte die Finanzbehörde ihre mittelfristige Finanzplanung noch einmal neu berechnet. Das Ergebnis: Sogar wenn Hamburg sich in den kommenden Jahren maximal neu verschuldet, klafft im städtischen Haushalt bereits in den kommenden beiden Jahren eine Lücke von jeweils 556 Millionen Euro. 2013 wächst dieses Loch auf 666 Millionen an - und überspringt 2014 die Milliardengrenze.

Danach wird es dann Frigge zufolge "noch einmal deutlich schlechter": Wenn Hamburg ab 2015 im Vorgriff auf das 2020 anlaufende Neuverschuldungsverbot seine Kreditaufnahme reduzieren muss, fehlen dann noch einmal rund 700 bis 800 Millionen Euro pro Jahr.

Um das finanzielle Fiasko einzugrenzen, kündigten von Beust und Frigge unisono "strukturelle Einsparungen" im Betriebshaushalt an - das heißt beim Personal, das von der Stadt bezahlt wird. Es droht also ein erheblicher Stellenabbau bei der Verwaltung, Polizei und Justiz. Bluten müssen aber auch der gesamte Bildungs- und Sozialbereich.

Im kommenden Monat will der Senat auf einer Sparklausur erste Sparpfeiler einrammen, im Herbst soll dann die komplette Liste der haushalterischen Grausamkeiten verkündet werden. "Es wird keine Schonbereiche und keine Tabus beim Sparen geben", kündigte von Beust jetzt schon mal an. Bildung bleibe zwar ein politischer Schwerpunkt der schwarz-grünen Regierung - aber auch sie werden von den Sparanstrengungen des Senats nicht ausgenommen werden.

Ohne Namen zu nennen, rechneten Bürgermeister und Finanzsenator mit dessen ausgeschiedenem Amtsvorgänger Michael Freytag ab - und damit mit ihrer eigenen Finanzpolitik in den vergangenen Jahren. "Im Nachhinein wäre es klüger gewesen die guten Steuereinnahmen der vergangenen Jahre in Rücklagen einzustellen statt auszugeben", sagte Frigge. Und von Beust bemerkte nicht ohne Selbstkritik: "Das Prinzip Hoffnung darf nicht länger Grundlage unseres Handelns sein."

Während selbst für einen sichtlich überraschten grünen Koalitionspartner das Ausmaß der Finanzkrise die "schlimmsten Befürchtungen übersteigt", fühlte sich SPD-Fraktionschef Michael Neumann durch "von Beust und Freytag über die Haushaltslage systematisch belogen". Im Schulterschluss mit Ver.di-Landeschef Wolfgang Rose schlugen die Sozialdemokraten erneut eine "Wiedereinführung der Vermögenssteuer" vor.

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