Resozialisiert auf dem Rasen

An der Eckfahne wartet Domi Kumbela auf die ersten Gratulanten, mit ausgebreiteten Armen und aufgerissenem Mund empfängt er einen nach dem anderen, so wie er eigentlich immer jubelt. Aber ein Sonderlob gibt es hinterher nicht für den 28 Jahre alten kongolesischen Stürmer, der sich beim 1:0 von Eintracht Braunschweig bei Jahn Regensburg mit einem feinen Kopfballtor als Erfolgsgarant für den Tabellenführer erwies. Wieder einmal. Er mache seine Arbeit, wie man das erwartet, hieß es. Genau genommen macht er seine Arbeit besser als erwartet – er ist mit 13 Treffern bester Torschütze der zweiten Bundesliga. Und als Kumbela in der Vorwoche gelbgesperrt fehlte, gab Braunschweig gegen Aalen die ersten Punkte in diesem Jahr ab.

Kumbela hätte also allen Grund dazu gehabt, sich nach dem Sieg in Regensburg öffentlich auf die Schulter zu klopfen, verzichtete aber darauf. „Es ist wichtiger, dass die Mannschaft im Mittelpunkt steht“, sagte der Angreifer. Er hat nicht vergessen, dass er es im Braunschweiger Ensemble aus den Negativschlagzeilen zurück ins Rampenlicht geschafft hat, dass er sich in seiner Karriere immer wieder selbst im Weg stand.

Domi Kumbelas Geschichte ist eng mit der eines Vereins verbunden, der auch dann an ihn geglaubt hat, als er im Februar 2009 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von drei Jahren verurteilt wurde. Er hatte seine schwangere Freundin geschlagen und getreten, wurde in Erfurt entlassen und weder in Paderborn noch Ahlen glücklich, als Braunschweig ihn im Januar 2010 verpflichtete und ihm eine zweite Chance gab. Es ist eben dieses Vertrauen, das Kumbela den Verantwortlichen zurückzahlt – mit Toren, die vor allem wegen ihrer Selbstverständlichkeit spektakulär sind und ihn zum gefeierten Helden machen.

Kumbela ist in Kinshasa geboren, seine Familie flüchtete vor dem Krieg im Kongo nach Deutschland. Fußball bedeutete für den Flüchtling auch die Chance, die Kriegserlebnisse hinter sich zu lassen. Nach vielen Höhen und Tiefen in seiner Vergangenheit, an denen der Boulevard seine helle Freude hatte, hat er sie jetzt genutzt. Seinen im Sommer auslaufenden Vertrag verlängerte er im Februar bis 2016. Dabei lagen ihm auch lukrative Angebote aus der Bundesliga vor.

Und dann tat er noch etwas, womit er sich im Kongo sicher keine Freunde gemacht hat, in Braunschweig dafür umso mehr: Er verzichtete auf den Africa Cup, weil er sich auf die Liga-Vorbereitung mit Eintracht Braunschweig konzentrieren wollte. Beides darf man als Liebeserklärung eines Mannes an den Verein verstehen, der ihm diese Wandlung erst ermöglichte.  HANNES KAMMER