Versteigerung von Atomlaufzeiten: Russisch Roulette
Die Koalition in Berlin soll eine Versteigerung von Atomlaufzeiten erwägen. Dem Staat könnte das Milliarden einbringen. Die SPD spricht von "akutem Sonnenstich" der Regierung.
HAMBURG/BERLIN apn | In der schwarz-gelben Koalition gibt es einem Zeitungsbericht zufolge Überlegungen, längere Laufzeiten von Atomkraftwerken den Stromkonzernen zu versteigern statt zuzuteilen. "Das ist ein interessanter Vorschlag, der eine ernsthafte Prüfung verdient", sagte Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) der Financial Times Deutschland laut Vorabmeldung.
Die Regierung würde laut FTD nach dem Modell zusätzliche Laufzeiten in Strommengen umrechnen, die die Betreiber ersteigern müssten. Vorbild sei die Auktion der Mobilfunk-Lizenzen, die dem Staat im Jahr 2000 viele Milliarden einbrachte.
Auch der FDP-Energiepolitiker Horst Meierhofer äußerte "große Sympathien" für eine Auktion. "Das ist eine gute Idee, weil sie eine wettbewerbliche Lösung ermöglicht", sagte er der Zeitung. Der Vorteil sei, dass nicht Politiker entscheiden müssten, wie viel längere Laufzeiten für welches Kraftwerk wert seien.
Der energiepolitische Sprecher der der Unionsfraktion, Thomas Bareiß (CDU), sagte dem Blatt: "Ich kann mir eine Auktionierung gut vorstellen. Alles, was wir sonst machen würden, wäre ein Deal und damit angreifbar." Auch energiepolitisch dürfte eine Auktion effizienter wirken, so Bareiß. "Die Reststrommengen landen mit der Versteigerung dort, wo sie am meisten gebraucht werden."
Union und FDP wollen die Laufzeiten von Atomkraftwerken verlängern. Der wesentliche Teil der zusätzlichen Gewinne soll laut Koalitionsvertrag an die öffentliche Hand gehen. Derzeit gibt es Streit darüber, ob der Bundesrat einer Laufzeitverlängerung zustimmen muss.
Die SPD hält Überlegungen der schwarz-gelben Koalition für russisch Roulette. "Bei Atomlaufzeiten geht es um Sicherheit, nicht um das Staatssäckel", sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles am Dienstag in Berlin. Die Versteigerung längerer Atomlaufzeiten an den Meistbietenden sei kein interessantes Spiel. "Nur ein akuter Sonnstich kann erklären, was sich die Bundesregierung für Atomkraftwerke ausdenkt."
Leser*innenkommentare
Troete
Gast
Ja, voll gut. Wie wärs wenn man die einfach bei Ebay reinstellt?
Matthias Glatz
Gast
Wen wundert´s? Das zeigt doch nur die menschenverachtende Politik, die die CDU immer schon betreibt.
xonra
Gast
An dem Tag, an dem so ein Schrottmeiler in die Luft geht, wird das Geschrei groß sein. Die Atomkonzerne arbeiten, wie BP und Konsorten, mit relativ geringen Haftungsgrenzen. Die Absahnermentalität hat nun offenbar auch die Regierung der Bundesrepublik Deutschland erreicht. Das ist einer Demokratie nicht würdig. Das ganze auch noch ein "Geschäft" zu nennen, ist an Kurzsichtigkeit kaum zu übertreffen. Diese Regierung ist am Rande der Handlungsfähigkeit wenn dieser zweifelhafte Handel zustande kommt.
tystie
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Vor Kurzem äußerte sich der kompetente Atomphysiker Dr. Sebastian Pflugbeil in einem Radiointerview http://elementarfragen.de/2010/06/ef03-tschernobyl/ dahingehend, es gebe eine Studie, die besagt, dass bei einem GAU in einem BRD-AKW nicht mit einem ähnlich glimpflichen Verlauf wie in Tschernobyl zu rechnen sei. Statt dessen sei mit 10 Millionen Toten zu rechnen. Ganz zu Recht wies er darauf hin, dass die AKWs hierzulande in Ballungsgebieten stehen und dass es selbst dann unmöglich wäre, Städte wie Hamburg oder Frankfurt nebst Umland zu evakuieren, wenn, und das ist meine Ergänzung, die Regierung nicht genau das täte, was von ihr zu erwarten ist. Verdunkeln, lügen, beschwichtigen. Wir erinnern uns, die nächstgrößere Siedlung nahe Tschernobyl war Pripjat mit weniger als 50.000 Einwohnern, welche zwei Tage nach dem GAU mit dem Versprechen evakuiert worden waren, nach dem Saubermachen zurückkehren zu dürfen. Die Abfahrt dauerte mit Bussen etwa einen Tag...
Elka
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Eine Regierung, die solch ein bummes Zeug in Erwägung zieht, gehört entmündigt!
ToastMX
Gast
Warum nicht ? Macht Atomstrom ja dann nur teurer, ich find das gut.
Man sollte halt Sicherheitstechnisch keine Kompromisse eingehen, auch wenn noch so viel Geld im Spiel ist.
Knud Jahnke
Gast
Das politische Sommerloch schlägt wieder zu.
Sascha Z.
Gast
Der Vorteil sei, dass nicht Politiker entscheiden müssten, wie viel längere Laufzeiten für welches Kraftwerk wert seien.
Andy
Gast
Kann mir jemand dann schnell die Ebay-Artikelnummer schicken? Habe noch großen Bedarf an Atomlaufzeiten.
Oder wollen wir sammeln und ein paar Paletten Lichtschutzfaktor 50 nach Berlin schicken?
Manoman, die kommen auf Ideen. Ist das schon das Sommerloch?