Rechte von Bahn-Fahrern: Bedingungen müssen zumutbar sein
Welche Ansprüche haben Reisende gegenüber der Bahn? Was ist im brüllend heißen ICE erlaubt und was bleibt auch bei 50 Grad streng verboten? Die wichtigsten Antworten.
In Notsituationen muss der Fahrgast handeln – ohne Risiko ist dies allerdings nicht. Bild: dpa
Auf welche Transportbedingungen habe ich als Fahrgast Anspruch?
Der Kunde schließt mit der Bahn einen Beförderungsvertrag ab. Dieser gilt auch bei Hitze in den Zügen als erfüllt. Darüber hinaus hat das Unternehmen allerdings eine Fürsorgepflicht für seine Fahrgäste und darf sie keinem gesundheitlichen Risiko aussetzen. Daraus ergibt sich zwar kein Anspruch auf angenehme 20 Grad. Es gibt aber auf jeden Fall Bedingungen, die als unzumutbar gelten können.
Was gilt als unzumutbar?
Dafür gibt es keine pauschale Regelung, es muss im individuellen Fall entschieden werden. Für Schwangere oder Herzkranke gelten andere Maßstäbe als für gesunde, junge Menschen.
Greifen die gesetzlich verankerten Fahrgastrechte, also etwa Schadenersatzansprüche, bei Hitze?
Nein. In diesen sind nur Ansprüche bei Verspätung und Ausfall von Zügen geregelt. Eventuelle Schadenersatzansprüche gegenüber der Bahn können nur nach dem Haftpflichtgesetz geltend gemacht werden.
Verfällt das Ticket, wenn ich aufgrund von Hitze aussteige?
Wenn es ein Ticket für einen fest gebuchten Zug ist, prinzipiell ja. Tipp der Verbraucherzentrale Berlin: vom Zugbegleiter bestätigen lassen, dass man aufgrund der unzumutbaren Zustände gezwungen war, den nächsten Zug zu nehmen.
Habe ich einen Anspruch auf kühle Getränke?
Auch da gilt die gesetzliche Pflicht nur bei Verspätungen. Die Angebote der Bahn sind reine Kulanz.
Darf ich in die erste Klasse wechseln, wenn die Klimaanlage nur dort funktioniert?
Ein Wechsel muss vom Zugpersonal erlaubt werden, ansonsten wird das "erhöhte Beförderungsentgelt" fällig.
Wann darf ich die Notbremse ziehen?
Nur bei Gefahr im Verzug. Die Gefahr muss nicht für mich persönlich, sondern kann auch für andere Menschen bestehen. Wenn die Mitreisenden reihenweise kollabieren, könnte die Regelung greifen. Vorsicht: Der Missbrauch der Notbremse wird mit 200 Euro bestraft. Zusätzlich kann ich für alle Schäden, die der Bahn oder den Reisenden durch den abrupten Stopp entstehen, haftbar gemacht werden.
Darf ich ein Fenster einschlagen?
Wie bei der Notbremse gilt: nur bei Gefahr im Verzug.
Leser*innenkommentare
Aplomb
Gast
... ist doch ganz einfach: Anzeige wegen Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung (sofern es beweisbar ist)und - bei Erfolg - anschließend vor's Zivilgericht und Schmerzensgeld einklagen.
Carsten
Gast
@long:
Vielleicht die Leute die zusammengeborchen sind?
Oder die Mutter deren Baby hyperventiliert?
Oder alte Menschen für die 50Grad durchaus lebensbedrohlich werden können?
Ich bin ja auch nicht immer von der Qualität der Taz-Artikel überzeugt, aber zu erfahren das ich (in gewissen Situationen) dazu berechtigt bin mir durch einen gezielten Schlag Frischluft zu verschaffen finde ich gut... :)
alex
Gast
schade... da hätte ich mir mehr gewünscht, diesen text gab es auch in vielen andern Zeitungen... vielleicht mal einen Anwalt fragen, oder so
Emilion-Ra
Gast
Es sollte einen TÜV für die Klima-Anlagen der Bahn geben. An jedem Wagon neben der Tür sollte eine Plakette mit letztem Prüfdatum gut sichtbar sein, sodass der Fahrgast entscheiden kann, ob er in diesen Wagon einsteigen mag.
unitedbrands
Gast
Kein Schadensersatz? Lesen Sie mal 280 I und 241 II BGB. Ansonsten würde ich beim Aussteigen wegen unzumutbarer, gesundheitsgefährdender Hitze so argumentieren: 280 I, III, 282, 325 BGB - Geld für ein Taxi.
btw.: die Bundespolizei wird wohl nicht gegen "die Deutsche Bahn AG" als solche ermitteln, weil die sich als juristische Person mangels Handlungsfähigkeit im strafrechtlichen Sinn gar nicht strafbar machen kann. Das leuchtet auch auf andere Weise unmittelbar ein: Wenn "die Deutsche Bahn AG" sich strafbar gemacht hätte, wie sollte dann eine eventuelle Freiheitsstrafe vollstreckt werden?
mit Majo
Gast
"Wie bei der Notbremse gilt:..." am Besten erst gar nicht in so einen rechtsfreien Raum, wie eine Bahn einsteigen, wo alles an der Willkür der Bahnmitarbeiter zu hängen scheint. Lieber gleich Autofahren.
taktloss
Gast
Also kurz gesagt: Ob 20 oder 50 Grad, die "Rechte" bleiben die gleichen.
A Aisslinger
Gast
Einst brachte die Reichsbahn Soldaten wie Schlachtvieh an die Front und Unschuldige eingepfercht in Viehwaggons ins KZ. Vor diesem historischen Hintergrund kann gerade die deutsche Bundesbahn
nicht sensibel genug mit ihren Reisenden umgehen.
Dinsch Dinsch
Gast
Leider habe ich gewisse zweifel an den Ausführungen. Ich denke, dass ihr zwischen vertraglichen und gesetzlichen Schadenersatzansprüchen unterscheiden müsst. Das haftpflichtgesetz gilt sozusagen auch für mich außerhalb eines zuges der durch den Betrieb der Deutschen Bahn einen Schaden erleidet.
Ein Kunde der Bahn sowohl vertragliche Ansprüche als auch gesetzliche unabhängig vom Vertragsverhältnis. Insoweit habe ich insgesamt zweifel an dem Artikel.
long
Gast
buahhh, bildzeitung lässt grüssen. wen interessiert den sowas?