Speicherung von Kohlendioxid: Unterirdische Pläne

Wohin mit dem Treibhausgas CO2? Die Bundesregierung will es in der Erde verschwinden lassen - doch die CO2-Lagerung ist alles andere als sicher - und auch kaum rentabel.

Niebüll, 9. September 2009 - Protestversammlung gegen ein geplantes CO2-Endlager. Bild: dpa

Die Bundesregierung will die unterirdische Deponierung von Kohlendioxid in Demonstrationsvorhaben erproben lassen. Darauf haben sich Umwelt- und Wirtschaftsministerium in einem Gesetzentwurf geeinigt. Die Technik ist als CCS (Carbon Capture and Storage) bekannt: Da bei der Verbrennung kohlenstoffhaltiger Energieträger das Treibhausgas CO2 entsteht, soll dieses aus dem Abgas separiert, verflüssigt und zu unterirdischen Lagern transportiert werden.

Die Kohlelobby sieht in dieser sogenannten Sequestrierung die letzte Chance, ihren klimaschädlichen Brennstoff reinzuwaschen, und hat dafür den Namen "Clean Coal" erfunden. Als Deponien werden Gasfelder, tief liegende poröse Gesteinsschichten, Tiefenwässer und Kohleflöze diskutiert. Als sehr problematisch gelten Ozeane, weshalb die meisten Wissenschaftler diese als CO2-Deponie ablehnen. Es gibt bislang nur in Brandenburg eine Pilotanlage, in der seit 2008 der Konzern Vattenfall die CO2-Abtrennung und Speicherung testet (siehe Grafik).

Grafik der Pilotanlage in Brandenburg. Bild: infotext / m. kluger

Nach dem am Mittwoch vorgestellten Gesetzentwurf sollen im ersten Schritt CCS-Anlagen mit einem jährlichen Ausstoß von höchstens 8 Millionen Tonnen erlaubt werden, dabei soll keines der Projekte mehr als 3 Millionen Tonnen pro Jahr umfassen. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sagte, die Technik sei notwendig, weil "in den nächsten Jahrzehnten mehrere Milliarden Tonnen CO2 dauerhaft entsorgt werden" müssten. Zudem gebe man der deutschen Industrie die Chance, "neue Exportchancen global zu nutzen". Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) sprach von einem "wichtigen Beitrag für mehr Klimaschutz".

Der grüne Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer entgegnete, es sei längst klar, dass CCS in Deutschland "keinen nennenswerten Beitrag zur Reduzierung der Emissionen aus der Stromwirtschaft" leisten werde. Die Technik sei schlicht "zu risikoreich und zu teuer". Denn bis sie großtechnisch zur Verfügung stehe - wenn überhaupt -, seien "die erneuerbaren Energien längst die kostengünstigere und bessere Alternative für eine klima- und umweltfreundliche Stromversorgung".

Ein erster Gesetzentwurf zur CO2-Speicherung war im vergangenen Jahr unter anderem am Streit über die Haftung für die Betreiber und am Widerstand von Bürgern und Umweltverbänden gescheitert. Jetzt haben sich die Ministerien darauf geeinigt, dass die Unternehmen für 30 Jahre haften und dafür Rücklagen bilden müssen. Für Schäden, die später auftreten, muss die Allgemeinheit aufkommen.

Die Ministerien verweisen darauf, dass der jetzige Entwurf die Rechte von Grundstückseigentümern stärke. Zudem werde ohne Zustimmung des jeweiligen Bundeslandes kein Endlager errichtet. Die Bundesregierung hofft jedoch, sich das Wohlwollen der Bürger zu erkaufen: Die Kommunen, die sich über den CO2-Speicher befinden, sollen "im Rahmen der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit" einen finanziellen Ausgleich erhalten.

Ob das verfängt, ist fraglich, denn das Gas ist heikel. Sollte es eines Tages tatsächlich entweichen, würde es nicht nach oben entschwinden. Denn Kohlendioxid ist schwerer als Luft und würde sich als tödlicher Schleier über den Boden legen. Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz, sagte gestern, angesichts der Risiken, die die betroffenen Regionen dauerhaft tragen müssten, werde sich "die Bevölkerung kaum als Versuchskaninchen für die Energiekonzerne hergeben." Wolfgang Neskovic, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, nannte CCS einen "umweltpolitischen Höllenritt".

Die verantwortlichen Bundesministerien versichern jedoch, der Entwurf regele "auf Grundlage höchster Umweltstandards die Anforderungen an die Erkundung und Speicherung", womit "Risiken oder Beeinträchtigungen für die Umwelt ausgeschlossen" seien. Vorerst soll das Gesetz bis 2017 gelten. Von den Erfahrungen hängt dann ab, ob die Technik anschließend auch kommerziell angewandt wird.

Unterdessen ist noch völlig offen, ob die CO2-Abtrennung jemals zu mehr taugt als zum Marketing für die Kohle. Denn neben aller Sicherheitsbedenken wird durch den aufwändigen Prozess das Problem begrenzter Rohstoffe noch verschärft. Schließlich verringert sich der Wirkungsgrad der Kraftwerke durch die CO2-Abtrennung enorm - der Bedarf an Kohle für die gleiche Stromausbeute steigt je nach Technik um 25 bis 50 Prozent.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.