Weniger Begleiter im Nahverkehr: Sinnvolle Jobs werden gestrichen

Ab August helfen statt 60 nur noch neun Begleiter den weniger mobilen Menschen im Nahverkehr.

Wer den Umstieg vom Bus in die Tram nicht alleine schafft, konnte bislang auf Hilfe hoffen. Bild: dpa, Jens Kalaene

Ein Anruf hat in der Regel genügt: Wer schlecht zu Fuß ist oder mit einer Behinderung lebt, konnte sich in den vergangenen zwei Jahren eine Begleitperson für den öffentlichen Nahverkehr bestellen. 60 Langzeitarbeitslose waren im Rahmen des Öffentlichen Beschäftigungssektors (ÖBS) speziell für die Dienstleistung geschult worden - doch weil der Bund weniger Geld gibt und Fördermittel neu strukturiert werden müssen, wird der Service drastisch eingeschränkt. Lediglich neun Stellen könnten von August an erhalten werden, teilte der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) mit. Er kritisierte den mangelnden Willen und die schleppende Antrags-Bearbeitung in den Jobcentern.

Behinderten- und Fahrgastvertreter bedauerten die Entwicklung. "Es war ein sehr gutes Konzept", sagte am Dienstag die Stellvertreterin des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung, Heike Weineck. "Nun wird es wohl so kommen wie früher, dass weniger mobile Menschen Bekannte und Verwandte einspannen oder vor Ort um Hilfe betteln müssen."

Menschen mit eingeschränkter Mobilität können den VBB bislang unter einer eigenen Telefonnummer erreichen, Gehörlose ein Fax schicken. Mitarbeiter koordinieren den Service und schicken Begleiter auf Bahnsteige und zu Bushaltestellen. Auch Eltern mit Kinderwagen und Fahrgäste mit schwerem Gepäck hätten das Angebot gern angenommen, sagte Weineck. "Wir hatten zwischenzeitlich Wartelisten." Bis zu 50 Mal waren Mitarbeiter pro Tag im Einsatz.

Der Begleitservice wurde 2008 als Bund-Länder-Programm ausgerichtet. Da die Bundesregierung die Mittel eingeschränkt habe, müssten die Jobcenter Projekte aus anderen Fördertöpfen finanzieren, sagte eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Soziales. Allein könne das Land die Ausgaben nicht stemmen. Ab August ist so erst einmal Schluss für die VBB-Begleiter, die von Anfang an dabei waren. Nur später abgeschlossene Arbeitsverträge laufen weiter.

Es ist aber wohl nicht ausgeschlossen, dass einige Begleiter wieder eingestellt werden: Denn letztlich hapert es dem VBB zufolge bislang vor allem am Willen der Jobcenter, schnell und unbürokratisch zu arbeiten. Von "monatelangen Bemühungen", rechtzeitig Stellen bewilligt zu bekommen, spricht der VBB. Zahlreiche Anträge sind schlicht noch nicht bearbeitet - eine Garantie, dass sie am Ende bewilligt werden, ist das freilich nicht.

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