Landstreit zwischen Beduinen und Israel: "Sie werden es wieder tun"

Die israelische Polizei zerstört ein Beduinen-Dorf im Negev, die Bewohner errichten mit Hilfe von NGOs Zelte und pflanzen Bäume. Eine Einigung ist nicht in Sicht.

Legal bauen dürfen sie nicht, vertreiben lassen wollen sie sich aber trotzdem nicht: Beduinen im Süden Israels. Bild: dpa

JERUSALEM taz | Ausgerechnet in der heißesten Sommerzeit sind 50 Beduinenfamilien im Negev zum Ausharren in provisorischen Zelten gezwungen. Vier Tage nachdem die Bulldozer auf richterliche Anordnung ihre Häuser zerstörten, bauen die 300 Beduinen, unterstützt von israelischen Menschenrechtsorganisationen wie Meretz und der linken Hadasch, Notunterkünfte auf.

"Wir haben am Wochenende fast 60 Bäume gepflanzt", sagt Awad Abu Freih, der selbst sein Haus verloren hat. "Die Bulldozer haben hunderte alte Eukalyptus- und Olivenbäume entwurzelt und einfach liegen gelassen, anstatt sie an einem anderen Ort wieder einzupflanzen", schimpft der Chemie-Dozent aus dem Dorf al-Araqib im Negev, das vor knapp einer Woche dem Erdboden gleichgemacht wurde, damit an seiner Stelle ein Wald gepflanzt wird.

Bis zur letzten Minute hatten die Bewohner al-Araqibs auf den Richter gehofft, bei dem sie Einspruch gegen den geplanten Abriss ihrer Häuser eingelegt hatten. "Wenigstens bis die Besitzverhältnisse der Grundstücke geklärt sind, hätte man warten müssen", sagt Abu Freih. Die Beduinen beanspruchen das Land für sich, bekommen aber keine staatlichen Baugenehmigungen und sind deshalb zum illegalen Bau von Häusern gezwungen.

Die Polizei war mit einem Sonderaufgebot von 1.500 Mann angerückt, die zum Teil mit vermummten Gesichtern kurz nach Mitternacht von Haus zu Haus gingen. "Der Einsatz war mit den Nachrichtendiensten abgesprochen", begründete Polizeisprecher Micky Rosenfeld den Großeinsatz. Man habe mit schärferem Widerstand gerechnet, doch dann sei es friedlich abgelaufen. "Wenn wir es wieder tun müssen, werden wir es wieder tun."

Mit gleicher Bestimmtheit kündigt Dorfsprecher Abu Freih an, das Dorf "hundert Mal wieder neu aufzubauen, wenn es sein muss". Vorläufig will man indes in den Zelten bleiben. Schon in zwei bis drei Wochen könnte der nächste Abriss anstehen.

Die Beduinen gehören zu den Ärmsten im Land. Eine Hütte aus Wellblech kostet umgerechnet rund 1.300 Euro. Erst wenn sich eine Einigung abzeichnet und nicht mit weiteren Räumungen zu rechnen ist, wollen die Leute von al-Araqib wieder festere Behausungen bauen.

Dass in naher Zukunft keine Einigung zu erwarten ist, zeigt das Beispiel von Tweil Abu Jarwal, einem kleinen Dorf, das in den vergangenen fünf Jahren 40 Mal zerstört wurde. Yeela Raanan von der Menschrechtsorganisation "Bezirksverwaltung für nicht anerkannte Dörfer" berichtet über Einschüchterungsaktionen, um einen Wiederaufbau zu verhindern. Dazu gehörten "die Verhaftungen von dutzenden Menschen, die nur unter der Bedingung wieder auf freien Fuß kommen, dass sie sich verpflichten, sechs Monate lang nicht in ihr Dorf zu gehen". Derzeit stünden 20 weitere Dörfer auf der Abrissliste der Sicherheitsdienste.

Politisch steht hinter den Abrissbefehlen der Wunsch der Regierung, überall im Land jüdischen Mehrheiten zu garantieren. Regierungschef Benjamin Netanjahu warnte jüngst die Minister vor einem Krieg wie im Balkan. Gruppen in Israel könnten, sobald "die Region ohne jüdische Mehrheit bleibt", auf die Idee kommen, "nationale Rechte zu beanspruchen", meinte er. Die Beduinen sprechen dagegen von "ethnischer Säuberung" und "Judaisierung". Rund die Hälfte von ihnen lebt in nicht anerkannten Dörfern, die weder an das Strom- und Wassernetz angeschlossen sind noch auf staatliche Unterstützung bauen können.

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