INTEGRATION: "Scheinlibanesen" endlich legal

Seit zehn Jahren polemisiert die Ausländerpolitik gegen "Scheinlibanesen". Nun soll den hier aufgewachsenen Kindern eine Lebensperspektive angeboten werden.

Im falle der so genannten Scheinlibanesen hat die Bremer Ausländerpolitik das nun eingesehen Bild: dpa

In Bremen gibt es Jugendliche, die von der Aufnahme einer Berufsbildung ausgeschlossen sind, Kinder, denen die "Lebensperspektive, also die Möglichkeit Ziele zu entwickeln und zu verfolgen", verweigert wird. Diese Feststellung stammt aus einem Papier von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD). Verantwortlich für diese Zustände? Der Innensenator. Also kann er etwas tun - und das will er jetzt auch.

Es geht um eine Gruppe von Menschen, die im Jahr 2000 vom damaligen Innensenator Bernt Schulte (CDU) als "Scheinlibanesen" etikettiert wurde. Schulte sprach damals von 500 Menschen, bis heute hat die Ausländerbehörde noch mehr "identifiziert". Es handelt sich meist um Kurden, die aus der Türkei in den Libanon geflüchtet waren, Anfang der Neunzigerjahre nach Deutschland kamen und sich als Staatenlose aus dem Libanon ausgaben. Das ist bis heute ein Abschiebehindernis.

In vielen Fällen hat die Ausländerbehörde später Eintragungen in türkischen Melderegistern gefunden und diese Personen offiziell zu "Türken" erklärt. Aber nur in wenigen Fällen hat es Abschiebungen gegeben, weil die Türkei oftmals diese Familien letztlich auch nicht will. In den betroffenen Familien wird arabisch gesprochen, nicht türkisch. Gegen die Abschiebung von Kindern und Jugendlichen, die ihre "Heimat" nie gesehen haben und die Sprache ihrer "Heimat" nicht sprechen, hat es immer wieder Proteste gegeben. Vor allem wenn es sich um integrierte Ausländer handelte, so räumt der Sprecher des Innensenators ein, war der Sinn einer Abschiebung schwer einsichtig zu machen. In Einzelfällen wurde daher darauf verzichtet.

In diesem Sinne hat der rot-grüne Senat noch im April 2008 behauptet, die bremische Ausländerpolitik schöpfe "alle Möglichkeiten aus", um den betroffenen Kindern eine schulische und berufliche Ausbildung zu ermöglichen. Dass das nicht stimmte, wird am kommenden Donnerstag in der Innendeputation deutlich: Dort wird der Innensenator mitteilen, dass nun generell alle betroffenen Kinder und Jugendlichen einen dauerhaften Aufenthaltsstatus erhalten sollen, wenn sie in Deutschland "verwurzelt" und nicht straffällig geworden sind. Nur Familien, die die "Integrationsvoraussetzungen" nicht erfüllen und bei denen das "öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes überwiegt", sollen weiter im Status der Duldung verbleiben, die immer nur für ein Jahr erteilt wird und eben "Perspektivlosigkeit mit all ihren negativen Folgeerscheinungen" bedeutet.

Konkrete Abschiebungen drohen auch denen in den seltensten Fällen. In den Jahren 2007 bis 2009 sind insgesamt 36 Abschiebungen von Straftätern erfolgt. Insgesamt betrug die Zahl der abgeschobenen Personen in den drei Jahren 164.

Die Familien der "Scheinlibanesen" sind meist seit Anfang der Neunzigerjahre in Bremen. Insbesondere aus der Volksgruppe der Mhallami gibt es extrem kriminelle Familienclans. Bei dem Clan "M", so hatte Innensenator Mäurer einmal berichtet, zählt die Polizei 440 tatverdächtige Familienmitglieder.

Wenn Jugendlichen eine Lebensperspektive mit gesichertem Aufenthaltsstatus haben, so die Hoffnung, könnten solche Entwicklungen vermieden werden. Mäurer: "Wir bieten die Chance für ein dauerhaftes Leben in Deutschland."

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