Illegale Parteihilfen in Niedersachsen: Wolfsburg-Affäre erfasst Wulff

Die Affäre um illegale Wahlkampfhilfen in Niedersachsen weitet sich aus: Die Opposition sieht nicht nur Ministerpräsident McAllister belastet, sondern auch Bundespräsident Wulff.

Wusste Christian Wulff von den Verwicklungen der Stadtwerke in seinen Wahlkampf? Er sagt lieber erstmal nichts. Bild: dpa

WOLFSBURG taz | Die Affäre um illegale Wahlkampfhilfen der Wolfsburger Stadtwerke für die CDU schlägt immer höhere Wellen und hat nach Ansicht der Opposition auch Niedersachsens Ministerpräsidenten David McAllister und seinen Amtsvorgänger, den jetzigen Bundespräsidenten Christian Wulff, erfasst.

Zunächst war es nur eine Provinzposse. Im Mittelpunkt standen der Stadtwerke-Chef und frühere CDU-Wahlkampfmanager Markus Karp und sein Untergebener, Stadtwerke-Sprecher Maik Nahrstedt. Nahrstedt hat erklärt, während seiner Arbeitszeit und im Auftrag von Karp im Landtagswahlkampf 2003 für die CDU unterwegs gewesen zu sein. So habe er für verschiedene Reisen zu Wahlkampfterminen einen Dienstwagen der Stadtwerke genutzt und über diese Kosten unter anderem für Benzin, ein Handy sowie ein Notebook mit UMTS-Stick abgerechnet.

Angeblich sollen dem städtischen Unternehmen Verluste - und der CDU Vorteile - in Höhe von mindestens 100.000 Euro entstanden sein. Andere ehemalige Mitarbeiter des Versorgers haben gegenüber lokalen Medien die Darstellung im Kern bestätigt. Fahrten etwa zum politischen Aschermittwoch nach Passau 2002 oder zu einem "Strategiegespräch" mit Karp an die Nordsee seien als "Dienstreise" für die Stadtwerke abgerechnet worden. Karp und Nahrstedt, die nun im Mittelpunkt der Affäre stehen, haben oder wurden von den Stadtwerken inzwischen gekündigt.

CDU-Generalsekretär Thiele sagte am Montag, die CDU und auch Christian Wulff hätten von den Stadtwerken Wolfsburg nicht profitiert. "Nahrstedt hat im Landtagswahlkampf keine Rolle gespielt." Die Auslagen für den Wahlkampf habe die Partei korrekt erstattet, eine interne Prüfung werde dies auch belegen. (dpa)

Wussten Wulff und McAllister - er war 2003 Generalsekretär der Landes-CDU - von den Vorfällen? Medien zitierten am Montag aus einer Dankeskarte von Wulff an den damaligen Stadtwerke-Sprecher Nahrstedt: "Danke für die Unterstützung und frohe Ostern". Doch die Partei wiegelt in Bezug auf weitergehende Interpretationen zu der Dankeskarte ab. Solche Karten seien damals an viele Menschen verschickt worden.

Die Opposition fordert, Wulff selbst müsse sich äußern. "Wenn Christian Wulff von diesen Vorgängen wusste, hat er eine schwere Bürde auf das Amt des Bundespräsidenten geladen", sagt etwa Linken-Politiker Bodo Ramelow. Und Stefan Wenzel, Grünen-Fraktionschef in Niedersachsen, erklärte: "Wir wollen wissen, ob sich Christian Wulff sowohl des Personals wie der finanziellen Ausstattung der Stadtwerke Wolfsburg bedient hat, um sich den Weg an die Macht zu bahnen."

Während Wulff schweigt, kann sich Ministerpräsident McAllister zumindest an den damaligen Helfer erinnern. "Nach meiner Erinnerung und auch nach den uns vorliegenden Unterlagen war Herr Nahrstedt ehrenamtlich für uns im Landtagswahlkampf 2002/2003 im Einsatz", sagte er. Die Grünen sehen auch den jetzigen Regierungschef Niedersachsens, McAllister, "schwer belastet".

Die SPD will das Thema zu einem bundespolitischen machen. Der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, verlangt eine Prüfung durch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Er solle herausfinden, ob es sich womöglich um eine verdeckte Parteispende gehandelt habe. Die Bundestagsverwaltung kündigte schon eine Untersuchung an. Als öffentlich-rechtliches Unternehmen dürften die Stadtwerke keinerlei Spenden an Parteien leisten.

Auch die Staatsanwaltschaft hat sich eingeschaltet und gegen Karp und Nahrstedt ein Verfahren wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet. Die Ermittler schließen nicht aus, dass noch weitere Beschuldigte hinzukommen könnten.

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