Video der Woche: Wenn Kinder fürs Klima explodieren

In einem satirischen Video von Umweltschützern werden Klimaschutz-Muffel kurzerhand in die Luft gesprengt. Eine Provokation, die erwartungsgemäß für Aufregung sorgte.

Nachdem die Lehrerin ihre Mitschüler vernichtet hat weil sie beim Umweltschutz-Projekt nicht mitmachen wollten, steht die Klasse unter Schock. Bild: YouTube shotscreen

Der Film fängt unauffällig an: Eine junge Lehrerin bittet ihre Schüler, bei einer Initiative namens "10:10" mitzumachen. Jeder solle durch sein Verhalten 10 Prozent weniger CO2 produzieren, um den Klimawandel zu bremsen. Die Lehrerin fragt, wer an dem Projekt teilnehmen will, fast alle Kinder melden sich - bis auf zwei Schüler mit einem brummigen Gesicht. „Kein Problem, Philipp und Tracy, jeder macht es, wie er möchte, kein Druck“, behauptet die Lehrerin.

Dann klingelt es und die Kinder wollen aufstehen. Doch die Lehrerin mit der großen runden Brille und dem langen Hippie-Kleid drückt auf einen roten Knopf. Plötzlich explodieren die zwei Kinder, die sich enthalten haben. Die anderen schreien, sind geschockt. Nicht so die Lehrerin. Ungerührt wischt sie sich mit der Fingerspitze das Blut von ihrer Brille und erinnert an die Hausaufgaben: „Bitte vergesst nicht für morgen die Kapitel fünf und sechs über Vulkane und Vereisung zu lesen." Dann fügt sie noch spitz hinzu: "Außer Philipp und Tracy, natürlich.“

Falls jemandem diese Warnung noch nicht deutlich genug war: Es kommen noch zwei weitere kurze Szenen, in dem sich dasselbe Szenario in einer anderen Umgebung wiederholt. In einer Firma haben drei Angestellte keine Lust, CO2 zu reduzieren und werden dafür gesprengt. Auch auf einem Fußballfeld: Ex-Fußball-Star David Ginola wird zerfetzt, weil er meint, Öko-Bewusstsein lenke vom Spiel ab.

Der Abspann mit der Botschaft erscheint. Das Projekt wird von einer weiblichen Stimme zusammengefasst. Sie stammt von Gillian Anderson, bekannt aus der Serie "Akte X". Sie sitzt im Studio sitzt und fragt den Toningenieur, ob die Aufnahme in Ordnung sei. Er nickt zustimmend und fragt sie: „Und Du, was wirst Du für 10:10 unternehmen?“ Sie habe mit dieser Aufnahme ja wohl ihren Beitrag geleistet, rechtfertigt sie sich. „Kein Druck“, sagt der Toningenieur, drückt auf den roten Knopf und die Schauspielerin explodiert.

Das 4-Minuten-Video, das Anfang Oktober auf der Videoplattform YouTube veröffentlicht wurde, hat eine solche Kontroverse ausgelöst, dass es kurz danach wieder zurückgezogen wurde. Blogs und Medien haben empört auf den Film reagiert. Selbst Naturschützer und Mitglieder des "10:10"-Projekts haben sich distanziert. Die Chefin der britischen Gruppe musste sich öffentlich entschuldigen.

"10:10" ist ein weltweites Projekt, das 2009 in Großbritannien gestartet wurde. Die Haupt-Forderung der umweltschützenden Gruppe lautet: „Wir alle verpflichten uns, ab 2010 zehn Prozent unsere Ausstoßes des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) zu reduzieren und zusammenzuarbeiten.“

Auch die englischsprachige Presse war wenig begeistert von dem Film. Besonders dessen Regisseur, der neuseeländische Drehbuchautor Richard Curtis (Vier Hochzeiten und ein Todesfall, Notting Hill, Bridget Jones, Radio Rock Revolution...) wurde angegriffen. „Öko-Faschisten“ nannte die US-Zeitung "Wall Street Journal" die Umweltschützer gar.

In der britischen Tageszeitung "Telegraph" fasste ein Autor die Botschaft des Films aus seiner Sicht gleich in der Überschrift zusammen: „'Werdet grün, oder wir bringen eure Kinder um' sagt der schockierende Öko-Propaganda Film von Richard Curtis". Das Video werde in die Geschichte eingehen - als "hässlichste und kontraproduktivste Öko-Propaganda" aller Zeiten.

Eine der Projekt-GründerInnen, Franny Armstrong, verteidigte den Clip als humorvoll. „Natürlich denken wir nicht wirklich, dass die Leute, die nichts für die Umwelt tun in die Luft gesprengt werden sollten. Das war nur ein Witz für den Kurzfilm, aber vielleicht könnte eine kleine Amputation ein erster Schritt sein,“ scherzte die Regisseurin des Films „Das Zeitalter der Dummheit", ein Doku-Drama über den Klimawandel.

Das Video ist inzwischen wieder auf Youtube sichtbar. Mal ist der Film erst ab 18 Jahren sichtbar, mal auch für jedermann.

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