UN-Sicherheitsrat: Deutschland sitzt mit drin
Gleich im ersten Wahlgang votierte eine Zwei-Drittel-Mehrheit der UN-Vollversammlung für Deutschland. Für zwei Jahre ist es nun Mitglied im wichtigsten Gremium der Vereinten Nationen.
NEW YORK dpa/afp | Deutschland ist in den Weltsicherheitsrat gewählt worden. Somit kann es die nächsten zwei Jahre am wichtigsten Tisch innerhalb der Vereinten Nationen Platz nehmen, wird in dem UN-Gremium allerdings kein Vetorecht haben. Gleich in der ersten Abstimmung votierten in der Vollversammlung, quasi dem Parlament der 192 UN-Staaten, genügend Ländervertreter für Deutschland und verschafften ihm so die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit. Allerdings war diese Mehrheit hauchdünn: 127 Stimmen hat Deutschland gebraucht, 128 bekommen.
Die geheime Abstimmung war mit Spannung erwartet worden, weil es mit Kanada, Portugal und Deutschland drei Bewerber für nur zwei Sitze für westliche Staaten gab. Deutschland sahen viele zwar als Favoriten, doch die geheimen Abstimmungen der UN-Diplomaten gelten als unberechenbar.
In der ersten Abstimmung bekam Portugal 122 und Kanada 114 Stimmen. Sie mussten in einen zweiten und schließlich einen dritten Wahlgang. Zuletzt siegte Portugal deutlich mit 150 zu 32 Stimmen - Kanada hatte zuvor seine Kandidatur zurückgezogen, wie ein Vertreter des kanadischen Außenministeriums sagte. Für die Staaten, die sich für die Plätze Asiens, Lateinamerikas und Afrikas bewarben, gab es wenig Spannung: Indien (187 Stimmen), Kolumbien (186) und Südafrika (182) waren ohne Gegenkandidaten.
Deutschland kann 2011 und 2012 an dem hufeisenförmigen Tisch in New York Platz nehmen, an dem die wichtigsten Entscheidungen innerhalb der Vereinten Nationen gefällt werden. Deutsche Politiker saßen bislang fünfmal im Sicherheitsrat - einmal davon unter der Flagge der DDR.
Noch vor der Abstimmung hatte sich Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) optimistisch geäußert. "Wir gehen mit Respekt, aber Zuversicht in die Abstimmung", sagte Westerwelle der Bild-Zeitung. Als nicht-ständiges Mitglied zwei Jahre im Sicherheitsrat vertreten zu sein, sei "eine große Chance, mehr für Frieden und Abrüstung zu tun", sagte Westerwelle. "Wir müssen verhindern, dass sich immer mehr Staaten oder gar Terroristen atomar bewaffnen." Der Außenminister war am Montag nach New York an den UN-Sitz gereist, um erneut für die deutsche Kandidatur zu werben. Zuletzt war Deutschland 2003 und 2004 im mächtigsten UN-Gremium vertreten.
Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Martin Schulz (SPD), hatte es "sehr bedauerlich" genannt, dass es zwischen Deutschland und Portugal zu einer Kampfkandidatur gekommen sei. "Die EU tritt da wieder einmal nicht einheitlich auf", sagte Schulz am Dienstag im Deutschlandradio Kultur. Der Europaparlamentarier warf der Bundesregierung darüber hinaus vor, ihre Bewerbung ohne überzeugendes politisches Konzept eingereicht zu haben. Als Selbstzweck sei der Sitz im Sicherheitsrat "nicht sinnvoll", sondern man müsse mit ihm ein außenpolitisches und internationales Konzept verbinden.
Leser*innenkommentare
king kong III
Gast
Erster Antrag zur Integration: Euro-Amis müssen Cherokee lernen.
wespe
Gast
O je, jetzt kann sich unser english-speaking Sprachkünstler, Mr. Westerwave, auf hohem Parkett äußern... ;-)
willi
Gast
wer hat diesen kriegsrat demokratisch legitimiert, diejenigen, über die er herrscht, jedenfalls nicht.
danke taz für diese "kritische" berichterstattung (witz).
Juergen K
Gast
Die UN wurde gestern von 2 Personen besucht,
die in der
Bundesrepublik Deutschland keine Legitimität mehr besitzen.
Dr. rer. Nat. Harald Wenk
Gast
Eine gewonnene Stichwahl gegen Portugal mit 2/3 Mehrheit trotz konservativer Regierung in der BRD läßt auf eine konservative 2/3 Mehrheit in der UN Vollversammlung schliessen. Das ist ein genauso schlechte Bostchaft, wie der Sitz im Sicherheitsrat für eine konservative Regierung in der BRD selbst.
Sabine Bauer
Gast
Bleibt nur zu hoffen, dass Deutschland sich seiner Verantwortung auch bewusst wird und auf ansonsten vergessene Probleme in der Welt aufmerksam macht, wie z.B. die sich abzeichnende Tragödie im Sudan:
http://bit.ly/cjRUE5
Martin
Gast
"Martin Schulz (SPD), hatte es "sehr bedauerlich" genannt, dass es zwischen Deutschland und Portugal zu einer Kampfkandidatur gekommen sei."
Nach Herrn Schulz hätte also eins der beiden Länder verzichten sollen, mit dem Ergebnis, dass Kanada mit eingezogen wäre, während jetzt zwei europäische Länder im Sicherheitsrat sind. So ein Schwachsinn, Hauptsache gegen die Regierung gestichelt, egal mit was für platten Argumenten!
vic
Gast
"Deutschland als Vorreiter in Klima- und Sicherheitspolitik", höre ich soeben in Deutschland Radio Kultur...
Ohne Scheiß, die meinten das ernst.
"Wir" sind im UN-Kriegsrat. Hurra.
vic
Gast
"eine große Chance, mehr für Frieden und Abrüstung zu tun", sagte Westerwelle. "Wir müssen verhindern, dass sich immer mehr Staaten oder gar Terroristen atomar bewaffnen."
Wahrhaftig, da sind wir die Richtigen...
Gegenwärtig sieht es eher so aus, dass wer unsere Angriffe überleben will, sich bestmöglich bewaffnen muss.
Susi Sorglos
Gast
Na! Dann werden wir von unser aller Vizekanzlerin bald erfahren, wo junge Deutsche sterben gehen müssen ?
Habt ihr die Fähigkeit verloren, den Hintergrund zu schildern ?
Taz-O-Mat
Gast
Es wäre sehr interessant zu erfahren, wieviel deutsches Steuergeld hinter den Kulissen bezahlt oder in Aussicht gestellt wurde, um Guidos Großmannssucht zu befriedigen.
Rad
Gast
Spätrömische Dekadenz erobert die Welt.
Ehrenfried
Gast
Also ich glaube, daß das jede Menge Ärger bringt, den man sich hätte sparen können. Wir Deutschen haben von der UN noch nie was gehabt und wir Ostdeutschen ganz besonders nichts.
bernard
Gast
Dabei sein ist alles! liebe taz, tsts.
besser zB eine solche Schlagzeile: "Wichtig ist, was hinten rauskommt" ...nämlich die Entscheidungen des Sicherheitsrates!