Kommentar Grubenunglück in China: Der Chile-Effekt

Unglücke wie das der Bergarbeiter in China könnten durch eine wirksame Gewaltenteilung vermieden werden: Zum Beispiel Gewerkschaften und unabhängige Medien.

Auf den ersten Blick gibt es zwischen dem schweren Grubenunglück in der chinesischen Provinz Henan und dem Friedensnobelpreis für Liu Xiaobo, dem chinesischen Mitinitiator der Charta 08, keinen Zusammenhang. Und ohne das Drama um die verschütteten Bergleute in Chile hätte dieser Fall kaum internationale Aufmerksamkeit gefunden: Zu oft schon kamen solche Unglücke vor.

Dabei hat Chinas Regierung schon viel getan, um den notorisch lebensgefährlichen Job chinesischer Bergarbeiter sicherer zu machen: Rund 1.600 Minen wurden aus Sicherheitsgründen geschlossen. Manager von Bergwerken wurden dazu verpflichtet, mit den Kumpeln unter Tage zu gehen, damit sie allein schon aus Eigeninteresse für mehr Sicherheit sorgen.

Doch diese im Grunde begrüßenswerten Maßnahmen teilen das Schicksal vieler Vorschriften und Gesetze in China: Es hapert an ihrer Umsetzung und Einhaltung. Oft herrscht zwischen wirtschaftlich interessierten Kreisen und und den lokalen Behörden eine enge Kumpanei. In dem Einparteienstaat fehlt es an unabhängiger Kontrolle wie an einer funktionierenden Gewaltenteilung. Für viele Bergleute ist das tödlich. Deshalb gehören Chinas Minen weiter zu den gefährlichsten der Welt.

Helfen würde hier nur eine wirksame Gewaltenteilung: die Kontrolle der Minen durch unabhängige Institutionen, eine Mitsprache unabhängiger Organisationen wie echter Gewerkschaften, eine unabhängige Justiz und unabhängige Medien. Kurzum: politische Reformen, wie sie Lius Charta 08 fordert.

Klar, auch in demokratischen Ländern wie Chile, die über Gewaltenteilung und unabhängige Institutionen verfügen, werden Sicherheitsvorschriften gebrochen und Bergleute unverantwortlichen Risiken ausgesetzt. Demokratie ist kein Allheilmittel. Aber sie degradiert Bergarbeiter nicht nur zu Statisten eines Systems, sondern räumt ihnen zumindest eine Möglichkeit der Mitsprache ein.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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