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Reaktionen auf Veröffentlichung der geheimen WasserverträgeSenat soll taz nacheifern

Volksbegehren-Initiator begrüßt Offenlegung durch die taz und fordert Senat auf nachzuziehen. Der zeigt sich abwartend. Linke warnt vor einseitiger Schuldzuweisung. FDP kritisiert CDU.

Da ist was ins Strudeln geraten Bild: dpa
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Berlin taz, dpa, dapd | Die Veröffentlichung der bisher geheimen Wasserverträge durch die taz hat unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Die Initiatoren des Volksbegehrens "Wassertisch" begrüßten die Aktion der taz. Der Berliner Senat zeigte sich in einer ersten Reaktion zurückhaltend. Die FDP kritisierte sowohl die damals verantworliche CDU als auch den heute amtierenden rot-roten Senat. Die Linkspartei verteidigte den von ihr gestellten Wirtschaftssenator Harald Wolf.

Die Berliner Wasserbetriebe waren 1999 teilprivatisiert worden. Damals wurde die Stadt von einem CDU-SPD-Senat regiert. Das Volksbegehren Wassertisch hatte seit Jahren die Offenlegung der geheimen Verträge gefordert und dafür bis Mittwoch 280.000 Unterschriften gesammelt. Die taz hat in der Samstagsausgabe erstmals ausführlich aus den Verträgen zitiert und das komplette Vertragswerk samt späteren Änderungsvereinbarung als PDF-Datei auf der Internetseite taz.de/wasservertrag veröffentlicht. Aus dem Geheimdokument geht hervor, dass die Landesregierung den privaten Anteilseignern 1999 eine Gewinngarantie eingeräumt hat, die selbst das Landesverfassungsgericht nicht kippen konnte.

"Die mediale Offenlegung kann die gesetzliche nicht ersetzen", sagte der Sprecher der Wassertisch-Initiative, Thomas Rudek, am Samstag. "Jetzt, wo die Verträge offen einsehbar sind, sollte der Senat über soviel gesunden Menschenverstand verfügen, um schleunigst die Flucht nach vorn anzutreten und die Transparenz im Wassergeschäft auch durch das Gesetz des Volksbegehrens juristisch wasserdicht zu machen", teilte die Organisation mit.

Senatssprecher Richard Meng äußerte sich zurückhaltend. Zunächst müsse die Landesregierung die Folgen der Veröffentlichung prüfen. Meng wies auf die Haltung des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) hin. Dieser habe sich für eine Offenlegung der Verträge ausgesprochen, wenn sie rechtlich möglich sei, sagte Meng am Samstag.

"Die jetzt bekannt gewordenen Details der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe offenbaren ein weiteres Mal den wirtschaftspolitischen Dilettantismus der Berliner CDU", sagte FDP-Fraktionschef Christopg Meyer. Skandalös sei aber auch die Nachverhandlung der Verträge im Jahr 2004 durch den rot-roten Senat.

Der Landeschef der Linkspartei, Klaus Lederer, begrüßte am Samstag prinzipiell die Veröffentlichung der Verträge durch die taz. Dies ermögliche endlich eine Diskussion über deren Inhalte ohne Mythenbildung und Mutmaßungen. Er warnte zugleich davor, Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) die Schuld in die Schuhe zu schieben. Als der rot-rote Senat im Jahr 2004 die Novelle der Wasserverträge ausgehandelt hatte, habe die Landesregierung nur die Wahl "zwischen Pest und Cholera" gehabt, so Lederer. Schließlich sei die Renditegarantie für die Investoren schon 1999 festgeschrieben worden, als die Linke noch keinen Senator stellte. Hätte der rot-rote Senat im Jahr 2004 einer Neufassung dieser Garantie nicht zugestimmt, wäre das Land aus den Verträgen von 1999 direkt in Anspruch und Haftung genommen worden, argumentierte Lederer.

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2 Kommentare

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  • E
    EnzoAduro

    Die FDP Berlin hätte auch zu Unterschriften aufrufen können. Das hätte auch gut zu ihren marktwirtschaftlichen Grundsätzen gepasst, denen Sie ja vorgeben verpflichtet zu sein. Da muss man dann vielleicht auch den Markt des PPP auf sinvolle -nähmlich welche bei denen nicht plump Kreditsubstitution* betrieben wird beschränkt werden- Jetzt brauchen Sie auch nicht mehr rumkräkeln. Der Zug ist abgefahren.

     

    *Außnahme: Islamic Finance, da hier der Zins identisch dem Marktzins ist. Der Grund liegt hier nicht in dem Verschleiern von Schulden, sondern in dem "islamkonformmachen" für die Investoren. Diese Verträge sind aber so lukrativ das man Sie ruhig veröffentlichen kann. Müssen natürlich trotzdem als Staatsverschuldung gebucht werden.

  • HK
    Heinz Kniest

    Als technischer Angestellter (jetzt in Altersrente) der Berliner Wasserbehörde war meinen, in der Sache angergierten Kollegen und mir, schon 1998 klar geworden, dass der Teilverkauf der Berliner Wasser Betriebe den der Senat in seiner Sitzung vom 07.07.1998 beschlossen hat, insbesondere zu Lasten der Berliner Bevölkerung geht und auch sehr behindern für unsere Arbeit werden wird.

    Wo das Profitdenken regiert, kann keine an der Sache orientierte Wasserpolitik gemacht und umgesetzt werden.

    In der von der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe und der Senatsverwaltung für Finanzen erstellten Drucksache 13/ 3367 Vorlage an das Abgeordnetenhaus zur Beschlussfassung "über das Gesetz zur Änderung des Berliner Betriebsgesetzes, zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe und zur Änderung des Berliner Wassergesetzes"

    wurden, insbesondere in der Begründung, die Abgeordneten belogen und getäuscht.

    Für Abgeordnete sind die Begründungen der Gesetzesvorlagen wichtig, weil dort die Vorhaben erklärt werden, so dass sie auch Nicht-Fachleute verständlich sind.

    Das Gesetzesvorhaben ist dann , wie gewünscht, am 17.Mai 1999 mit der Verkündung des Gesetzes durch Herrn Diepgen abgeschlossen worden.

    Am 13. Juli 1999 wurde dann noch das "Gesetzt über die Eigenbetriebe des Landes Berlin" geändert, so dass die rechtliche Grundlage für den Vertrag mit den Privatinvestoren vorlagen.

    Dass in diesem Vertrag die Gewinne der Investoren zu Lasten des Landes Berlin festgeschrieben wurden, war hinlänglich bekannt, obwohl der genaue Vertragstext nicht vorgelegen hat.

    Berlin hat nur das "Grundwasserentnahmeentgeld" für die Trinkwasserförderung erhalten.

    Die Gewinne der BWB reichten nur für die Investoren, die massiv die Befreiung von der Zahlung des Grundwasserentnahmeentgeld gefordet haben.

    Auch sonst war das Land Berlin sehr entgegenkommend und spendabel, wie u.a. die Bewirtschaftung des landeseigenen Regenwasserkanalnetz durch die BWB belegt.

    Kostensenkung und Profitmaximierung gegen langfristige, nachhaltige Wasserwirtschaft zum Wohle der Allgemeinheit waren ab der Jahrtausendwende allgegenwärtig Auseinandersetzungen. Nicht nur die Wasserwirtschaft blieb auf der Strecke. Auch der Bürger hatte das Nachsehen und zahlt zum Teil horende Preise.