HSV gegen Hoffenheim: Kontrolle ist nicht Sieg

Der Hamburger SV bekommt ein zunächst reichlich vergeigtes Heimspiel doch noch gedreht. Das 2:1 gegen die SG Hoffenheim entlastet nicht zuletzt den umstrittenen HSV-Granden Bernd Hoffmann.

Knapp daneben: Hamburgs Torwart Jaroslav Drobny und der Hoffenheimer Demba Ba. Bild: dpa

Für sowas hat mancher Latein gelernt: "Timeo Danaos et dona ferentes", heißt es in Vergils "Aeneis": "Ich fürchte die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen." Weil sie nämlich Schaden bringen, die Geschenke der Danaer. So könnte es sich auch verhalten mit dem 2:1-Sieg, den der Hamburger SV am 11. Spieltag der Fußball-Bundesliga von der TSG Hoffenheim geschenkt bekam.

Beim HSV wird derzeit, im Vorfeld zu den Wahlen zum Aufsichtsrat im Januar, über die Politik des Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann diskutiert. Es gibt eine Opposition, die Hoffmanns Vertrag nicht verlängert sehen will, worüber die Aufsichtsräte abstimmen müssen. Diese Opposition möchte Hoffmann loswerden und verweist auf Defizite seiner Arbeit. Eben diese Defizite bekamen 54.200 Zuschauer in der ersten Halbzeit nun so offen vorgeführt wie lange nicht.

Die TSG Hoffenheim hatte die bessere Spielanlage, spielte schneller und geordneter. Sie hatte einen Plan, gewann Zweikämpfe, ließ dem HSV keinen Platz. Ein Klassenunterschied, der nicht zum Ausdruck kam in der knappen 1:0-Führung für die Gäste: Sejad Salihovic verwandelte in der 6. Minute einen Elfmeter, nach Foul von Jonathan Pitroipa an Demba Ba: das erste Tor für die TSG im Hamburger Volkspark, seit sie in der Bundesliga ist.

Die Hoffenheimer vergaben weitere Chancen, hatten den Fischkopf am Haken - aber er blieb im Wasser. "Wir hatten das Spiel unter Kontrolle", sagte TSG-Trainer Ralf Rangnick nachher. Und fand die Niederlage entsprechend "brutal ärgerlich". Aber: Kontrolle ist eben nicht Sieg.

Beim HSV, den Trainer Armin Veh in einer 4:3:3-Formation spielen ließ - und damit so offensiv wie selten zuvor -, passte nichts zusammen: Hier David Jarolim, Zé Roberto und Piotr Trochowski, die mit Kringeln und Kreisen und Dribbeln das Spiel verlangsamten, dort der Turbo Jonathan Pitroipa - nur wenn er am Ball war, ging es auch mal nach vorne -, der Kämpfer Paolo Guerrero und schließlich der unsichtbare Virtuose Mladen Petric. Da war kein Ganzes, nur Teile, die nicht zueinander finden. Die HSV-Fans pfiffen, schimpften, machten abfällige Handbewegungen, weil ihre Spieler vorgeführt wurden.

Dann kam die letzte Minute der ersten Halbzeit: HSV-Rechtsverteidiger Guy Demel flankte, Stürmer Mladen Petric brachte den Ball artistisch nach innen, Innenverteidiger Heiko Westermann ihn im Tor unter. Die einzige gute Aktion in 45 Minuten - und die Wende.

"Das 1:1 war der Knackpunkt", sagte der defensive Mittelfeldspieler David Jarolim nach dem Spiel, "wir gingen mit einem Erfolgserlebnis in die Kabine und haben uns dort gesagt: Das schaffen wir." Und dazu gehört was, angesichts des zuvor offenbar gewordenen Klassenunterschieds.

In der zweiten Halbzeit war es aus Trainer Vehs Sicht denn auch "ein gutes Spiel": Der HSV spielte - mit ein paar Ausnahmen - hervorragend, arbeitete sich Chancen heraus, die Fans waren begeistert. "Wir haben", so Veh, "nicht aufgegeben." In der 84. Minute dann ein Angriff über die rechte Seite der TSG, auf der Außenverteidiger Andreas Beck von einer Verlegenheit in die andere stürzte. Zé Roberto, der nach Ausfall der Nationalspieler Dennis Aogo und Marcell Jansen mal wieder als linker Verteidiger aushalf - "wenn auch ungern", wie Veh einräumte -, hinterlief Beck und flankte. Der geschubste Petric bekam irgendwie den Kopf an den Ball - und den ins Tor. Ein Artist, ein Kunststück. "Macht auch nicht jeder", knurrte Veh. Er sähe die Leistung aus der zweiten Halbzeit gerne mal über ein ganzes Spiel, ja über mehrere Spiele hintereinander.

Der Diskussion um Hoffmann ist erstmal der Boden entzogen. Die Schnellen und die Langsamen, die Künstler und die Kämpfer beim HSV: Sie haben mal was zusammen gemacht - die Hoffenheimer was verschenkt. Der HSV hat nun 18 Punkte und liegt einen Punkt hinter dem Tabellendritten, punktgleich mit den Hoffenheimern, die Vierter sind.

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