Urteil zu Steuer-DVDs: Karlsruhe hilft Steuerfahndern

Beamte dürfen illegal beschaffte Steuer-DVDs verwerten, sagt das Bundesverfassungsgericht. Offen bleibt, ob der Staat diese überhaupt kaufen darf.

Das Finanzamt darf die Daten von Steuer-DVDs verwerten.

KARLSRUHE taz | Die Steuerfahndung darf auch illegal erworbene Steuerdaten zur Strafverfolgung nutzen. Das hat jetzt das Bundesverfassungsgericht klargestellt. Ob der Ankauf bestimmter Steuer-DVDs tatsächlich illegal war, ließen die Richter allerdings offen.

Geklagt hatte ein Ehepaar aus NRW, das rund 100.000 Euro Einkommensteuer hinterzogen haben soll. Die Zinsen aus dem Vermögen des Paars wurden mithilfe einer Stiftung in Liechtenstein dem deutschen Fiskus verborgen. Eine vom Bundesnachrichtendienst gekaufte Daten-DVD brauchte die Steuerfahnder auf die Spur der Verdächtigen. Im Frühjahr 2008 wurde mit richterlicher Genehmigung deren Wohnung durchsucht. Das Paar wurde noch nicht verurteilt.

Das Landgericht Bochum hatte im August 2009 entschieden, dass die Daten von der DVD verwertet werden durften, unabhängig davon, ob der Ankauf gegen deutsche Gesetze oder gegen Völkerrecht verstieß. Gegen diese Entscheidung legte das Ehepaar Verfassungsbeschwerde ein - das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren sei verletzt.

Das Verfassungsgericht lehnte die Klage nun ab. Grundsätzlich könnten auch rechtswidrig erlangte Beweise im Strafverfahren verwendet werden. Die Richter bestätigten damit ihre ständige Rechtsprechung. Ein generelles Verwertungsverbot bestehe nur in Ausnahmefällen, wenn der Kernbereich der Persönlichkeit verletzt wurde. Dies sei hier nicht der Fall, es handle sich vielmehr "um Daten über geschäftliche Kontakte" zu einer Bank.

Unverwertbar könnten illegal beschaffte Steuerdaten auch sein, wenn dabei grundrechtliche Sicherungen "planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen" werden. Derartiges konnten die Richter nicht erkennen. Auch sei der Bundesnachrichtendienst nicht gezielt eingeschaltet worden, um dessen besondere Möglichkeiten zu nutzen. Das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten sei also auch nicht umgangen worden, der Informant habe sich vielmehr von sich aus an den Nachrichtendienst gewandt, so die Verfassungsrichter.

Letztlich müssten die Fachgerichte zwischen der staatlichen Aufklärungspflicht und den Interessen der Bürger an einem rechtsstaatlichen Verfahren abwägen. Diese Abwägung habe das Landgericht Bochum korrekt vorgenommen und dabei sogar unterstellt, dass die Datenbeschaffung rechtswidrig war. Dass die Daten-DVD von der Steuerfahndung dennoch verwertet werden durfte, hat das Verfassungsgericht nicht beanstandet.

Damit ist weiter offen, ob der Staat illegal kopierte Steuerdaten ankaufen darf. Viele Strafrechtsexperten glauben, dass hier eine unbefugte Verwertung von Geschäftsgeheimnissen vorliegt. Zu klären wäre dies aber nur, wenn Steuerfahnder, die solche DVDs ankaufen, gezielt angezeigt werden. Dann müsste sich die Justiz bereits mit dem Ankauf und nicht erst mit der Verwertung der Daten beschäftigen. Derartige Strafanzeigen sind bisher aber nicht bekannt.

Das Land Baden-Württemberg hat bisher als einziges Bundesland rechtliche Bedenken gegen den Ankauf von illegal kopierten Steuer-DVDs geäußert und deshalb auf deren Anschaffung verzichtet. Im März startete das Land im Bundesrat eine Initiative, um eine eindeutige Rechtsgrundlage zu schaffen.Der eingebrachte Antrag wird derzeit aber nicht ernsthaft weiterverfolgt.

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