piwik no script img

Staatsanwaltschaft ermitteltBlockheizkraftwerk-Firma zockte ab

Eine Investition in grünen Strom aus Pflanzenöl versprach eine Firma aus Nürnberg. Mit TÜV-Zertifikat, dazu eine tolle Rendite. Jetzt bangen Tausende um ihr Geld.

Gelbe Wunderrendite: Rapsfelder sollten das Öl dafür liefern. Bild: dapd

Das Versprechen klang fast unglaublich: Über 20 Jahre versprach die "Gesellschaft zur Förderung erneuerbarer Energien" (GFE) ihren Anlegern eine Rendite von 2,5 Prozent - und zwar monatlich. Das Modell der Firma mit Sitzen in der Schweiz und Nürnberg sah vor, dass Investoren von der GFE produzierte, mit Pflanzenöl befeuerte Blockheizkraftwerke (BHKW) kaufen und an die Firma zurückvermieten. Die Rendite sollte durch eine äußerst effiziente Technik möglich werden, die der TÜV Süd vermeintlich zertifiziert hatte.

Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth. Der Vorwurf: "Bandenmäßiger und gewerbsmäßiger Betrug in einer Vielzahl von Fällen mit Pflanzenöl-Blockheizkraftwerken". Verdächtigt werden 21 Personen der GFE-Group, 8 davon sitzen seit Dezember in Untersuchungshaft. Laut Staatsanwaltschaft sollen sie fast 1.000 Anleger um etwa 50 Millionen Euro betrogen haben. Bereits am 30. November 2010 untersagte die Polizei der GFE-Group in Nürnberg, weiter zu produzieren. Fast 30 Wohn- und Geschäftsräume wurden durchsucht.

Für Oberstaatsanwalt Wolfgang Träg sind die versprochenen Kleinkraftwerke "potemkinsche Dörfer". Es sei "zur Auslieferung einiger weniger BHKW gekommen. Dadurch wollte man einen tatsächlich existierenden Produktionsbetrieb vorspiegeln." Was nach taz-Recherchen Unterlagen und auch ehemalige Mitarbeiter bei der GFE Production GmbH bestätigen. Von etwa 1.000 bei der GFE-Group bestellten BHKW seien bis heute erst ungefähr 15 Container mit einem oder mehreren BHKW aufgestellt worden. Von denen seien aber nicht alle in Betrieb. Weitere 20 bis 30 Stück stünden fertig auf dem Hof, berichtet einer.

Zwei dieser potemkinschen Container-BHKW stehen in Fürth. Die Stadtwerke Infra nehmen seit Mitte 2010 Strom aus den Containern ab. "Es wurde aber nicht so viel Energie geliefert wie angekündigt", heißt es von einem Stadtwerke-Sprecher. Der Grundstückseigentümer, ein Nürnberger Immobilienunternehmen, verpachtete einen Teil seines großen Betriebshofs an die GFE-Group. Laut GFE-Dokumenten erhalten Stellplatzvermieter 1.000 Euro pro Monat für 74 Quadratmeter.

Doch sollen "nach derzeitigem Ermittlungsstand die ausgelieferten BHKW zwar gearbeitet haben, aber nicht in dem versprochenen Umfang", wie Träg weiter erläutert. GFE-Vermittler hatten versprochen, die BHKW würden über 75 Prozent des eingesetzten Rapsöls in Strom umwandeln. Ermöglichen sollte das eine "Nano-Emulsionstechnik", bei der eine Mischung aus Wasser und Rapsöl in den BHKW-Motor eingespritzt wird.

Eine Investorin, die 59.500 Euro in die GFE-Technik investiert hat, erklärte gegenüber der taz die Taktik der GFE-Vermittler. Demnach versprach man ihr in ihrem Haus in Niederbayern, sie gehe kein Risiko ein. In einem Sorglospaket sei alles drin, von der Aufstellung des Kraftwerkscontainers über Inbetriebnahme, Wartung bis zum Betrieb.

Spätestens seit dem 28. Dezember 2010 bangt sie um ihr Geld: An diesem Tag meldete die erste Nürnberger Firma der GFE-Group Insolvenz an. Immerhin sind laut Istvan Cocron, dem Münchner Anwalt der Investorin, fast 29,5 Millionen Euro von der Staatsanwaltschaft sichergestellt. Doch auch die Mitarbeiter und Lieferanten der GFE Production GmbH in Nürnberg bangen um ihr ausstehendes Geld. Die GFE selbst schreibt auf ihrer Internetseite, alle Vorwürfe seien haltlos.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • UF
    Ulrich F. Sackstedt

    Die Zumischung von Wasser zu kohlenwasserstoffhaltigen Brennstoffen ist keineswegs neu, sondern ein alter Hut. Schon während des 2.Weltkriegs wurde bei Jagdflugzeugen Wasser zum Flugzeugsprit gemischt, um die Verbrennung zu steigern. Dies beruht auf einem Effekt, der durch die große Hitze der Verbrennung das Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltet und dadurch ein plasmatisches Gas entstehen lässt, welches eine viel höhere Energieausbeute besitzt. Diese Zusammenhänge sind wegen der einseitigen Interessen, Erdöl in großen Mengen zu verkaufen, leider in den Hintergrund gedrängt worden. Erst jetzt werden Erfinder sowie auch Ingenieure und junge Wissenschaftler wieder darauf aufmerksam.

    Mehr dazu unter www.h2o-gas.de

  • N
    Neutronenschnecke

    Interessiert hier wohl keinen. Schließlich wurden noch keine Verbindungen zur Kernenergie vermutet.