Drohbriefe gegen Olympiagegner: Alpine Atmosphäre der Angst

Die Stimmung in Garmisch-Partenkirchen ist schlecht, Schuld ist die Olympiabewerbung München 2018. Das Bürgerbegehren steht auf der Kippe, weil Nolympier bedroht werden.

Keine Sportidylle mehr: Garmisch-Partenkirchen. Bild: dpa

GARMISCH taz | Garmisch-Partenkirchen mit seinen 26.000 Einwohnern ist ein wahres Tourismusdomizil. Tausende Menschen strömen jedes Jahr in den malerisch gelegenen Alpenort. Doch hinter der schönen Fassade schaut alles anders aus. Die Atmosphäre im Ort ist vergiftet, Schuld daran trägt die Olympiabewerbung. Ein schon lange geplantes Bürgerbegehren gegen die Spiele droht nun schon im Vorfeld zu scheitern: Die Olympiagegner finden momentan keine Bürger, die sich bereit erklären, das Bürgerbegehren zu initiieren. Und das nur aus einem Grund: Sie haben Angst.

Einer von denen, die Angst haben, ist Karl Angermeier, über den die taz schon berichtete. Angermeier ist einer der 59 Grundstückseigentümer, die sich weigern, ihr Land für die Spiele zur Verfügung zu stellen. Das sagt er auch laut. Allerdings will er seinen wahren Namen nicht in der Zeitung lesen und erst recht nicht bei einem Bürgerbegehren in der ersten Reihe stehen. Angermeier fürchtet, dass sein Sohn dann in der Schule gemobbt wird. Dass seine Frau beim Einkaufen geschnitten wird. Dass er Drohungen erhält.

Aktuell ermittelt das Landeskriminalamt wegen einer Brandanschlagsdrohung. Der Empfänger, ein alteingesessener Landwirt, spricht von einem "Brief voller Hass". Es sind nicht die ersten Drohbriefe: Bereits im Sommer haben Olympiagegner Morddrohungen erhalten, die der taz vorliegen. Einer der Betroffenen damals war Axel Doering, Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz in Garmisch-Partenkirchen.

Doering ist der Mann, der weiterhin für ein Bürgerbegehren in Ort kämpft. "Die Menschen hier sind misstrauisch geworden", sagt Doering der taz. Das liege natürlich an den Vorkommnissen der vergangenen Monate. Trotz der schwierigen Suche nach Kandidaten für ein Bürgerbegehren ist Förster Doering weiterhin optimistisch, dass er in Kürze Mitstreiter findet.

Doering und das Netzwerk "Nolympia" haben 3.000 Unterschriften aus Garmisch-Partenkirchen gesammelt. Lediglich drei Personen müssen sich namentlich für das geplante Bürgerbegehren aufstellen lassen. Doering selbst steht natürlich bereit: "Mich halten viele im Ort sowieso für einen hoffnungslosen Fall." Aber bei den Wankelmütigen wird Druck aufgebaut oder "draufgekloppt", wie Doering es formuliert.

Am meisten davon betroffen war in den vergangenen Wochen Max B., der gezögert hat, sein Grundstück auf der Kandahar-Abfahrt zur Verfügung zu stellen. Bekannte berichten von einem dramatischen Druck von allen Seiten für Max B.: Für die einen ist er Widerstandsheld, für die anderen ein Wintersport-Verräter. Dass die Boulevardmedien das Thema entdeckt haben, trägt nicht zur Versachlichung bei. Die Zeitung tz schrieb: "Die Olympia-Bombe: Sprengt ein Bürgerbegehren Münchens Bewerbung?"

Klar ist momentan nur eins: Sollten sich drei Bürger finden, die sich namentlich aufstellen lassen, dann müssen Doering und Co. noch einmal offiziell etwa 1.700 Unterschriften sammeln und das Bürgerbegehren anmelden. Dann ist die Gemeinde am Zug: Sie muss prüfen, ob die Unterschriften und eine mögliche Fragestellung in Ordnung gehen. Wahrscheinlich ist, dass die Gemeinde die Fragestellung aus rechtlichen Gründen ablehnt. "Dann werden wir dagegen klagen", sagt Doering.

Kommt es tatsächlich im Frühjahr zum Bürgerentscheid, ist der Ausgang ungewiss. Sowohl Gegner als auch Befürworter der Spiele geben sich siegessicher. Einen Vorteil hätte ein Bürgerentscheid auf jeden Fall: Egal wie er ausgeht, es wäre vermutlich "erst amoi a Ruah" im Ort. Die Garmisch-Partenkirchener sehnen sich danach.

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