China leidet unter Wasserknappheit: Im Angesicht der Dürre

Die Volksrepublik China ächzt unter Wassermangel. Bei ohnehin hohen Weizenpreisen sind die Felder staubtrocken, während in Peking illegale Golfplätze gebaut werden.

Die Wüste in China breitet sich aus. Bild: dapd/ap

PEKING taz | Über Peking wölbt sich seit Wochen ein winterlicher Bilderbuchhimmel - strahlend blau, fast wolkenlos. Die Ferienzeit rund ums Frühlingsfest, mit dem gerade das Jahr des Hasen begann, treibt derzeit täglich zehntausende Hauptstädter zu einem neuen Freizeitvergnügen: Ski fahren in den Bergen um Peking. Von „wunderbarem Schnee" schwärmt ein Besucher des Nanshan-Resorts, der am Wochenende mit Frau und Kindern draußen war: „Das waren ideale Bedingungen."

Allerdings: Die Familie glitt und rodelte auf künstlichem Schnee. Auch in den anderen sieben Skigebieten des Pekinger Umlands ist der Schnee nicht echt. Er stammt aus Kanonen, die gewaltige Mengen vereistes Wasser auf die Pisten schießen.

Das ist atemberaubender Luxus in einer Region, die, wenn es nicht in der nächsten Woche doch noch regnet oder schneit, unter der schlimmsten Dürre seit sechzig Jahren leidet. Seit vier Monaten ist es knochentrocken. Die Situation ist so dramatisch, dass die Regierung am Freitag voriger Woche den Wassernotstand „Stufe 2" ausgerief und ein Nothilfe-Programm für acht Dürreprovinzen on Kraft setzte.

Unter der Dürre leidet - neben Peking mit seinem Umland - derzeit besonders der Weizengürtel Chinas. Das sind sieben Provinzen, die gewöhnlich 80 Prozent des Weizens ernten.

Nicht genug Wasser haben inzwischen mehr als ein Drittel der Weizenfelder, konkret: 6,4 Millionen Hektar. Das entspricht einer Fläche so groß wie halb Griechenland. Die Regierung erklärt, sie habe genug Reserven, um die Ernteausfälle auszugleichen, doch die Sorge ist groß, dass die weltweiten Weizenpreise weiter steigen – zur Zeit einer allgemeinen Teuerung der Nahrungsmittel.

Vielerorts sind die Äcker staubtrocken, die Pflänzlinge wachsen nicht fest. Jeder Windstoß trägt feinste Bodenschichten davon. Trotz des blauen Himmels legt sich in Peking schon Staub auf Häuser und Autos, was gewöhnlich erst dann passiert, wenn die Frühjahrsstaubstürme wehen.

Die Metereologen machen bislang keine Hoffnung auf Besserung, die Regierung ist besorgt. Sowohl Premierminister Wen Jiabao als auch Staats- und KP-Chef Hun Jintao eilten in den vergangenen Tagen in die Dürregebiete und versprachen den Bauern schnelle Hilfe.

Im „Regierungsdekret Nr.1" dieses Jahres kündigten die Behörden im Januar an, rund 247 Millionen Euro als Nothilfe zu verteilen. Außerdem sollen im nächsten Jahrzehnt rund 450 Milliarden Euro in bessere Kläranlagen, dichte Wasserleitungen, neue Kanäle, Brunnen und Reservoirs investiert werden.

Wasserknappheit ist nicht neu für China: Jeder Bürger kann im Schnitt nur ein Viertel des Weltdurchschnitts konsumieren. Nach Angaben des zuständigen Ministers Chen Lei leiden zwei Drittel aller Städte unter Wassermangel.

Neue Fabriken, schnell wachsende Ortschaften, Verschmutzung durch ungeklärte Abwässer und Verschwendung haben das Problem rasant verschärft.

Die Hauptstadt Peking ist nur ein Beispiel dafür: Hier sinkt das Grundwasser Jahr für Jahr um über 1,2 Meter ab. Die Stadt kann bisher nur deshalb ohne strenge Wasserrationierung auskommen, weil sie die Nachbarprovinz Hebei zwingt, Wasser aus ihren Reservoiren in die Hauptstadt abzuleiten.

Schon bald erwarten die Politiker Linderung, ob das reicht, ist zu bezweifeln: Ab 2014 soll Wasser aus dem Yangtse über einen Tausend Kilometer langen Kanal in den Norden gepumpt werden. Allerdings ist damit zu rechnen, dass es sehr schmutzig sein wird. Es zu reinigen, dürfte sehr aufwendig werden.

Zwar hat die Zentralregierung in den vergangenen Jahren die Preise für Wasser erhöht und neue Gesetze und Vorschriften erlassen, um die Verbraucher zum Sparen zu zwingen. Allerdings klappt es nicht, sie umzusetzen.

So verboten die Behörden vor ein paar Jahren, neue Golfplätze in und um Peking anzulegen. Denn sie verbrauchen weitaus mehr Wasser als landwirtschaftlich genutzte Flächen, außerdem große Mengen an Pestiziden, die wiederum das Wasser verschmutzen.

Im Umkreis der Hauptstadt wurde nur ein Golfplatz offiziell erlaubt, doch insgesamt sind auf wundersame Weise 19 andere entstanden. Der Grund ist schlichte Schummelei: Unter KP-Funktionären und Managern der Staatsbetriebe gilt das Golfspiel als Statussymbol, zudem lassen sich Immobilien in der Nähe der exklusiven Golfklubs besonders lukrativ verkaufen.

Deshalb werden Golfplätze als „Park" oder „Erholungsgebiet" ausgewiesen und gelten, schöner Nebeneffekt, als Beweis dafür, dass Peking viel grüner als früher geworden ist.

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