Weltsozialforum in Dakar geht zu Ende: Eine andere Bewegung ist möglich

Zum Ende des globalen Treffens der Globalisierungskritiker in der senegalesischen Hauptstadt dominiert die chaotische Organisation. Und das neue Vorbild Tunesien.

Stammgast beim Weltsozialforum: Brasiliens Ex-Präsident Lula da Silva. Bild: dapd

DAKAR taz | Mit einer Demonstration vor der ägyptischen Botschaft in Dakar endete am Freitag in der senegalesischen Hauptstadt das zehnte Weltsozialforum. Hunderte Demonstranten zogen vor die Vertretung des Mubarak-Regimes und skandierten: "Freiheit für das ägyptische Volk!" Am frühen Nachmittag zogen sie zurück zur Abschlusskundgebung des Forums an der Universität Cheikh Anta Diop.

Zum ersten Weltsozialforum in einem islamischen Land hatten die Organisatoren bis zu 50.000 TeilnehmerInnen erwartet. Tatsächlich kamen deutlich weniger. Nähere Angaben machte Tidiane Kasse, Sprecher des lokalen Komitees des WSF, nicht. Seit Forumsauftakt am Sonntag hatten die Globalisierungskritiker mit einer überaus chaotischen Organisation zu kämpfen.

Nur wenige der über 1.000 vorgesehenen Veranstaltungen fanden wie geplant statt. Stundenlang suchten viele der überwiegend aus Afrika stammenden Teilnehmer nach verschobenen oder ausgefallenen Workshops. Nach einem Studentenstreik hatte das Unirektorat die Zusage für viele Veranstaltungsräume zurückgezogen.

Viele Panels beschäftigten sich mit den Aufständen in Nordafrika. Während den Vertretern ägyptischer NGOs die Ausreise nach Dakar verboten worden war, waren gleich mehrere Delegationen aus Tunis angereist und wurden überall herumgereicht. "Die Revolution haben wir auf der Straße gemacht, aber ohne Youtube, Facebook und Twitter wäre uns dies nicht gelungen", sagte der Student Ali Bouzizi.

Er war während der Demonstrationen in Haft genommen worden, nun lauschten in Dakar viele Menschen seinen Berichten. "Die soziale Lage ist hier genau die gleiche wie dort", findet Ibrahim Maoundou, ein senegalesischer Informatikstudent. "Nur einer von zehn Uniabsolventen findet einen Job. Wir demonstrieren auch dauernd, nur hat das bei uns bisher nichts genützt."

Zum Abschluss stellten afrikanische NGOs einen "Konsens von Dakar" vor. "Afrika besitzt einige der größten Reichtümer, die auf unserem Planeten noch existieren", heißt es in der fünfseitigen Erklärung. Durch "globale Industrialisierung" stünden die natürlichen Ressourcen Afrikas vor der Ausplünderung, gleichzeitig wachse die Armut weiter Teile der Bevölkerung.

Themen wie Landraub, Hunger und Schuldenerlass zogen sich durch viele Veranstaltungen. Mit einer Kundgebung vor dem Büro der EU-Grenzschutzagentur Frontex protestierten Migrantenorganisationen gegen die europäische Überwachung von Senegals Küsten. Großen Zulauf hatten Kundgebungen gegen eine Intervention in der Elfenbeinküste.

Nur geringe Aufmerksamkeit fand hingegen die Lage von Schwulen und Lesben in Afrika. Obwohl sexuelle Minderheiten in vielen Ländern aggressiv verfolgt werden, saß nicht mehr als eine Handvoll Zuhörer in den Veranstaltungen der "Coalition for Gay and Lesbian Equality" aus Südafrika.

Dass das Forum zum zweiten Mal in Afrika stattgefunden habe, sei "an sich schon ein Erfolg", sagt der Sprecher des senegalesischen NGO-Verbandes FONGS, Daouda Diajne. "Die Länder des Südens leiden nach wie vor unter dem Neoliberalismus. Wir konnten zeigen, dass die afrikanische Zivilgesellschaft dem etwas entgegenzusetzen hat."

"In Europa sind die Sozialforen quasi tot, aber hier ist das WSF als Kristallisationspunkt noch immer wichtig," sagt Alexis Passadakis von der deutschen Attac-Sektion. "Natürlich ist das Forum kein handlungsfähiger Akteur, aber die sozialen Bewegungen brauchen es als symbolisches Zentrum."

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