Psychologische Kriegsführung: US-Armee nahm sich eigene Politiker vor
Ein Oberstleutnant sagt, die US-Armee habe psychologische Kriegsführung gegen internationale und US-Politiker angewendet. Mehr Ressourcen für den Afghanistan-Einsatz sollten her.

Weiß von nichts: US Major General William Caldwell. Bild: dpa
WASHINGTON afp/dpa | Die US-Armee in Afghanistan soll Spezialisten für psychologische Kriegsführung illegal auf Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und weitere Politiker aus den USA und anderen Ländern angesetzt haben. Ein US-Oberstleutnant beschuldigte seine Vorgesetzten in einem Interview mit dem Magazin Rolling Stone, damit bewusst gegen Gesetze verstoßen zu haben. Das Pentagon kündigte am Donnerstag eine Untersuchung an.
Wie US-Oberstleutnant Michael Holmes dem Magazin sagte, seien die Anweisungen von General William Caldwell gekommen, der für die Ausbildung afghanischer Streitkräfte zuständig ist. Mit Methoden der psychologischen Evaluierung und Manipulation habe Caldwell herausfinden wollen, mit welchen Argumenten Politikern auf Afghanistan-Besuch zusätzliche Truppen- und Finanzzusagen für den Einsatz entlockt werden könnten.
Holmes, welcher der so genannten Psych-Op-Einheit im US-Lager Camp Eggers in Afghanistan vorsteht, bezeichnete die Anweisung seiner Vorgesetzten als illegal. Für seine Weigerung, Mittel der psychologischen Kriegsführung gegen US-Politiker einzusetzen, habe er eine Rüge erhalten. "Wenn man mich anweist, diese Mittel gegen Senatoren und Abgeordnete anzuwenden, überschreitet man eine Linie", sagte er. Methoden der psychologischen Kriegsführung sind laut Pentagon-Definition nur gegen "feindliche Ausländer" zulässig.
Betroffen waren laut vertraulichen US-Unterlagen, aus denen Rolling Stone zitierte, unter anderem die US-Senatoren John McCain, Joe Lieberman, Carl Levin und Jack Reed. Zu den ausländischen Zielpersonen hätten neben dem deutschen Bundesinnenminister noch der tschechische Botschafter in Afghanistan gehört. De Maizière war im März 2010 in Afghanistan und hatte damals auch Camp Eggers, den Stützpunkt der US-Einheit für psychologische Kriegsführung, besucht.
Mithilfe der Psycho-Methoden habe die Armee ihre Botschaft speziell auf die Besucher zuschneiden wollen, sagte Holmes. Gefragt gewesen sei "eine tiefe Analyse von Stellen, auf die Druck ausgeübt werden muss, um von den Delegationen mehr Finanzmittel zu erhalten", berichtete er. Es sei dabei auch um die mögliche Manipulation von Gesprächspartnern gegangen: "Wie bringen wir diese Leute dazu, uns mehr Soldaten zu geben?", zitierte Holmes einen Mitarbeiter aus Caldwells Büro. "Was müssen wir in deren Kopf einpflanzen?"
US-Senator Reed bezeichnete die Vorwürfe im US-Sender MSNBC als "ernst und irritierend". Reed forderte ebenso wie der betroffene Senator Levin eine Aufklärung. Ein Pentagon-Sprecher kündigte in Washington an, Afghanistan-Kommandeur David Petraeus bereite eine Untersuchung vor. Auch Verteidigungsminister Robert Gates sei in der Sache unterrichtet. Caldwell ließ durch einen Sprecher alle Vorwürfe zurückweisen.
Ein ähnlich explosiver Artikel in dem Magazin vom selben Autoren hatte im Juni 2010 zur Entlassung von Petraeus' Vorgänger geführt. Stanley McChrystal hatte sich gegenüber dem Journalisten abwertend über ranghohe US-Politiker geäußert und musste deswegen seinen Posten räumen.
Leser*innenkommentare
Fre
Gast
Daß es keinen Krieg ohne psychologische Manipulation von Kriegsgegnern und sogenannten Verbündeten geben kann, liegt in der Logik des Krieges. Sich darüber zu wundern wäre blauäugig.
lllllWow@gmx.de
Gast
Ich finde die Perspektive der taz unangebracht.
Was ist daran falsch Unterstützungstruppen
für den Afghanistankrieg einzufordern,
wenn man selber Soldat an der Front ist?
Natürlich glaube ich nicht, dass es gut
ist noch mehr Soldaten in Afghanistan
zu verheizen. Ein Partisanenkrieg in dieser
topographisch besonders anspruchsvollen
Gegend waren Russen, Franzosen, Engländer und
letzlich bisher auch die NATO nicht gewachsen.
Allen Angriffsstaaten fehlte eine Strategie,
die Gesellschaft von einer kriegerischen, paranoischen,
von Drogenbaronen durchsetzten islamischen
Fanatikerstammesgesellschaft in eine
demokratische handelsorientierte Gesellschaft
zu transformieren.
Die übermäßige Anwendung von Gewalt züchtete
ein kriegerisches Partisanenvolk heran.
Der Versuch mit noch mehr Gewalt der Lage Herr zu werden, wird ähnlich erfolglos sein, wie die
Knäste in den USA bersten vor Gefangenen.
In beiden Fällen ist die unzureichende Gestaltungsfreiheit des eigenen Lebens mit
ein ausschlaggebender Grund für Gewalt.
Das alliierte Militär in Afghanistan hat natürlich
auch allen Grund böse auf die Politiker zu sein.
Eigentlich glaubt kein Politiker mehr an einen Sieg.
Diese Menschen riskieren aber für die Heuchelei
des Westens und der Angst vor dem Verlust
an Prestige und abnehmenden Abschreckungseffekt
der NATO täglich ihr Leben. Sie wollen das
ihr Werk einen Sinn hat.
Solange dieses Militär keine Menschenrechtsverletzungen oder illegalen
Einflussnahmen mit Medikamenten, Folter,
Psychoterror oder Spionage oder Sabotage vornimmt,
sind "normale Methoden", wie sie in der Werbeindustrie eingsetzt werden, legitim.
Kritische Stimme
Gast
Nach meiner Meinung wird auch ein Psychoteam auf Merkel angesetzt , jedes Mal wenn sie Israel besucht. Letztes Mal zum Israelbesuch mit den Unruhen in Aegypten wurde Merkel fuer die Presse fotografiert mit einem erhebenden Blick in den Augen , der nicht normal ist fuer eine erfahrene Politikerin
Fritz Katzfuß
Gast
Methoden der psychologischen Kriegsführung sind laut Pentagon-Definition nur gegen "feindliche Ausländer" zulässi... ja, aber wie lautet die Pentagondefiniotion für Ausländer? Alle, "die nicht wir sind". Dazu gehört die Zivilbevölkerung jeden Landes allemal. Aber es sit schön, das sdran erinnert wird, dass es dieses Institut gibt. Man kann dann dieses Naseabmädchen besser einordnen. Leider hat die Zivilbevölkerung dieser Psychomanipulation wenig entgegen zusetzen, wir sind Wachs im hand der Militärs. Ich weiß selbst nicht, wie ich da rausrutschen konnte. Aber es könnte sein, dass man zwei drei Prozent Kriegsgegner als Stachel für die Befürworter der Greueltaten aufbaut