Nachruf Jane Russell: Den schmollenden Blick kultivieren

Ihre Kurven waren schon berühmt, bevor man die Komödiantin in ihr erkannte. Jane Russell war das Geschöpf einer Hollywood-Ära, in der Regisseure die Frauenbilder formten.

Wurde über Nacht zum Sexsymbol: Schauspielerin Jane Russell. Bild: ap

Erinnert sich noch jemand an Jack Beutel? Der Hollywood-Schauspieler trat 1943 in dem von Howard Hughes produzierten Western "The Outlaw" auf, er spielt Billy the Kid. An seiner Seite debütierte damals eine Frau, über deren Büstenhalter bald mehr geschrieben wurde als über ihre Rolle als Rio McDonald. Jane Russell, geboren 1921 in Minnesota, wurde über Nacht berühmt als Sexsymbol. "The Outlaw" brauchte fünf Jahre, bis sich der Widerstand gegen die offensive Zurschaustellung der jungen Hauptdarstellerin so weit gelegt hatte, dass an einen landesweiten Filmstart zu denken war.

Nach dem Krieg war es dann so weit: Für Jane Russell begann das, woraus für Jack Beutel nicht viel wurde: eine Hollywood-Karriere. Sie brauchte eine Weile, bis sie sich aus dem Einflussbereich des Kontrollfanatikers Hughes freispielen konnte - über John Farrows "His Kind of Woman" - deutscher Titel: "Ein Satansweib", 1951 - heißt es, er wäre eigentlich dreimal mit unterschiedlichen männlichen Hauptdarstellern gedreht worden, bis die Sache halbwegs passte.

Scharfzüngiger Witz

Aber erst in "Blondinen bevorzugt" (1953) von Howard Hawks konnte sie zum ersten Mal zeigen, dass sie auch eine begabte Komödiantin war: In der Rolle der Dorothy Shaw war Russell neben der naiven Verführerin Marilyn Monroe plötzlich die lebenserfahrene und nicht leicht aus dem Gleichgewicht zu bringende, scharfzüngig-selbstbewusste Dame, die es in vielen Ausprägungen über zwei Jahrzehnte hindurch immer wieder gegeben hatte. Russell konnte diese Seite ihrer Star Persona nicht so häufig zum Ausdruck bringen, sie war das Geschöpf einer Hollywood-Ära, in der die meisten Frauen von Regisseuren oder Produzenten "geformt" wurden.

Selten ergab das so interessante Synergien wie in "Macao" (1952) von Josef von Sternberg, der eine der besten Rollen für Jane Russell enthielt - die der Nachtclubtänzerin Julie Benson, die sich mit Robert Mitchum an einem exotischen Ort am liebsten aus der Geschichte hinausstehlen würde, um in aller Ruhe den Glamour melancholischer Außenseiter zu kultivieren.

1955 spielte sie in Raoul Walshs Western "The Tall Men" an der Seite von Clark Gable eine resolute Frau, die sich mit einem großen Rindertreck auf den Weg macht - ein wenig unmotiviert wirkt diese weibliche Ergänzung der rauen Männerwelt durchaus, aber Russell konnte diese Rolle doch plausibel machen. Nichtsdestoweniger wird auch bei "The Tall Men" deutlich, dass ihre Karriere immer ein wenig zwischen den Fronten verlief - am deutlichsten wird das bei "Hot Blood", in dem sie den hochinteressanten Regisseur Nicholas Ray an einem kontroversen Punkt seiner Karriere traf. In der Rolle der Annie Caldash wurde Jane Russells Sex-Appeal unverhohlen ethnisiert - sie spielt das, was sich Hollywood unter einer Zigeunerin vorstellt. Der Peitschentanz aus "Hot Blood" war gleichwohl gegenüber der Objektivierung in "The Outlaw" ein Fortschritt.

Jane Russell, die sich auch immer wieder zu politischen Fragen äußerte und dabei eher rechte Positionen einnahm, starb am Montag im Alter von 89 Jahren in Santa Maria, Kalifornien.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.