: Schlechte Verlierer
betr.: „Türkisches Trauerspiel“ von Arno Frank, „Eskalation der Gewalt“, taz vom 18. 11. 05
Auf eine WM-Teilnahme der Türkei habe ich gehofft: Sie war 2002 nur dem Weltmeister unterlegen, hat schließlich das beste Spiel der WM (gegen Südkorea) geliefert, und die Szenen nach dem Spiel waren noch besser. Das Schweizer Tor zum 3:2 machte meine Enttäuschung perfekt.
Mit Wut und Trauer habe ich die Berichte über die Entgleisungen nach dem Spiel verfolgt. Ich schlage vor, die türkischen Funktionsträger und all die ruhmlos Beteiligten mitentscheiden zu lassen, welche Sanktionen verhängt werden sollen. Als Reifeprüfung und Resozialisierungsmaßnahme. Erleichtert bin ich nun, dass die Türkei ausgeschieden ist. Nicht nur sportlich, sondern auch durch Selbstdisqualifikation. ALI ORTAÇ, Berlin
Dass es laut Arno Frank „für ein paar Sekunden (…) plötzlich ganz leicht (war), sich in die besorgten Gemüter christdemokratischer Türkenhasser einzufühlen“ und angeblich sogar ziemlich schwer, „instinktive Ressentiments (Und die wollen nach Europa?) zu unterdrücken“, kann ich nicht nachempfinden. Ich kann mich allerdings gut an ein Pfeifkonzert während einer Nationalhymne erinnern. Und der ein oder andere Schweizer Nationalspieler hat am „echten Kampf“ doch recht aktiv mitgewirkt, wie wir in den Bildern der Nachrichten zur Genüge bewundern konnten. Doch davon im Artikel kein Wort. Karriere als Unparteiischer kann Herr Frank meiner Meinung nach weder im Fußball noch im Spiel um die EU-Mitgliedschaft machen. LARA SILVA, Köln
Dass die Krawalle nach dem WM-Qualifikationsspiel den an Dämlichkeit nicht zu überbietenden „Und die wollen in die EU?“-Reflex hervorrufen würden, war mir klar. Ich hatte aber gehofft, die taz würde zugunsten von Bild und National-Zeitung darauf verzichten. Sollte ja wohl auch eher ironisch gemeint sein. Tja, Versuch missglückt. Schade.
Nach Brüssel 1985 und Lens 1998 stimmten die nationalen Medien kollektiv die Weise an, die gewalttätigen Hooligans seien in keiner Weise repräsentativ für die Mehrheit der englischen resp. deutschen Fußballfans, geschweige denn für ihr Volk. Wenn allerdings elf türkische Jungs in kurzen Hosen ausflippen, heißt es sofort: Ja ja, die Türken! Vielleicht fehlt mir ja die die Zelle dafür, aber ich habe nie begriffen, was das Ausüben oder Anschauen einer Sportart mit nationalem Prestige zu tun haben soll. Und wer glaubt, das Fußballstadion sei der Ort für „präpotenten Nationalstolz“, hat von Objektivität, Fairness und Vergnügen genauso wenig begriffen wie die schlechten Verlierer von Istanbul. FRANK PÖRSCHKE, Hattingen