Fünf Stimmen und ein Buch am 22. Mai: Bremens hängende Spitzen

Wie stark beeinflusst das Layout die Bürgerschaftswahl? In Hamburg wars mandatsrelevant. In Bremen könnten die Listenplätze 17, 33 und 49 das Glück haben

Fünf Stimmen sind mehr als eine - aber wo die Kreuze machen, das ist die Frage Bild: dpa

In Hamburg hatte sich gezeigt: Wer oben auf einer Seite steht, hat bessere Chancen. Das war aufgefallen, weil sich CDU-Innensenator Heino Vahldieck in Kenntnis der voraussichtlichen Stimmbuch-Gestaltung auf den Spitzenplatz der zweiten Seite der Parteiliste beworben hatte, Platz 31 - um, das hat er zugegeben, "mehr Personenstimmen" abzustauben. Die Rechnung ging auf. Der Platz 31 hat durchweg das persönliche Ergebnis verbessert.

"Es gibt Unterschiede", sagt Christoph Spehr, Landesvorstand von "Die Linke". So habe in Hamburg über jeder Seite noch einmal groß der Parteiname gestanden, "das konnte man für den Beginn der Liste halten". In Bremen wird das anders aussehen. "Wir wissen nicht, wie sich das in Bremen genauso auswirkt", so Spehr.

Möglich ist vieles: Werden Wählende, weil sie das Formatierungs-Thema kennen, gerade die Seitenköpfe meiden? Oder schlägt es noch deutlicher durch? Immerhin erwartet "Mehr Demokratie" für Bremen einen noch stärkeren Einfluss des Personenwahlrechts als in Hamburg, weil es hier keine Wahlkreise gibt. Auch ist das Stimmbuch-Format ein anderes, darauf weist Björn Weber, Landesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen hin: "Die hatten da DIN-A-5 hochkant". In Bremen hingegen ist ein Querformat vorgesehen. Direkte Folge: Es gibt mehr herausgehobene Unbekannte. In Hamburg brachte nur die Listennummer 31 einen Bonus. In Bremen lautet die Spitzenplatzformel dagegen n x 16+1 | n= {0,1,2,3}. Heißt: Platz Eins ist und bleibt top, 17 ist aber prima, 33 und 49 gar nicht so schlecht wies klingt. Dabei könnte nur bei der SPD Platz 17 als sicher gelten, nach dem alten Wahlrecht.

Die Kandidatenzahl pro Seite stand bei den meisten Listenparteitagen noch nicht fest, keiner der Kandidierenden hatte den Layout-Einfluss auf der Rechnung, auch nicht Drechsel, obwohl er im wahren Leben Chef einer Marketing-Agentur ist. "Jeder, der mit Print-Kommunikation zu tun hat, weiß, welche Rolle die Gestaltung hat", sagt Drechsel, "aber es gibt ja noch viele andere Faktoren". Zum Beispiel: Prominenz, was für Golasowski oder Grotheer gelten kann. Oder: Auffällige Namen, was für Iris Maud Lauterbach - wenig auf Platz 49 der SPD-Liste zutrifft. Drechsel meint, "vielleicht auch auf mich".

Als sein primäres Ziel benennt er den Borgfelder Beirat: "Ich will im eigenen Stadtteil meinen Beitrag leisten", sagt er. Das tut in der Neuen-Vahr seit langem schon Ute Golasowski, Rechtsanwältin und grüne Wirtschafts-Deputierte. Sie hatte sich auch bei der Nominierung schon "Chancen ausgerechnet", "Mich würde es freuen, wenn man mich aufgrund meiner Person wählen würde, nicht aufgrund des Layouts." Nur, wie soll man das am Ende feststellen? Ein Indikator für die Macht des Layouts wäre das Ergebnis von Kandidierenden, die sich völlig aus dem Wahlkampf raushalten und die auch durch nichts anderes auffallen.

Von Anke Meyer beispielsweise ist bislang noch nicht einmal ein Foto veröffentlicht. Auch der Partei Die Linke fällts schwer einen Kontakt mit ihr herzustellen. Und dass sie bei ihrer Nominierung zur Kandidatin angekündigt hat, den "Kampf gegen weiteren Sozialabbau und Diskriminierung" zu unterstützen, haben auch einige der damals Anwesenden bereits vergessen.

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