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Krise in der ElfenbeinküsteGroßoffensive gegen Gbagbo

Die ehemaligen Rebellen, die Wahlsieger Alassane Ouattara unterstützen, suchen jetzt die militärische Lösung des Konflikts. Gbagbos Armee verliert mehrere Städte.

Rebellenkämpfer im Norden Abidjans. Bild: reuters

BERLIN taz | "Wir warten auf niemanden; wir müssen uns auf uns selbst verlassen", hatte General Michel Gueu, Oberkommandierender der Streitkräfte des gewählten ivorischen Präsidenten Alassane Ouattara am Wochenende der Zeitung Nord-Sud in Abidjan erklärt. Gesagt, getan: Am Montag starteten die Republikanischen Streitkräfte der Elfenbeinküste (FRCI), die aus den in der Nordhälfte des Landes herrschenden Rebellen sowie Ouattara-treuen Militärs im Süden bestehen, ihre bisher größte Offensive zur Eroberung des Landesteils, der noch vom scheidenden Amtsinhaber Laurent Gbagbo kontrolliert wird.

Die "Operation Wiederherstellung von Frieden und Demokratie" begann genau vier Monate nach der Präsidentschaftswahl vom 28. November 2010, deren von Gbagbo nicht anerkanntes Ergebnis die Elfenbeinküste in einen blutigen Bürgerkrieg gestürzt hat.

In rascher Folge fielen am Montag und Dienstag im Westen des Landes die Städte Duékoué und Daloa an die FRCI-Rebellen, im Osten die Stadt Bondoukou. Nach eigenen Angaben befand sich die FRCI gestern bereits 100 Kilometer weiter südlich von Bondoukou. In Daloa, wichtigstes Zentrum des ivorischen Kakaogürtels und Sitz eines regionalen Militärkommandos der Gbagbo-Streitkräfte mit mehreren tausend Soldaten, erklärte ein Stadtbewohner: "Sie sind in den Straßen, sie protzen mit ihren Geländewagen, und die Bevölkerung applaudiert." Wo Gbagbos Soldaten sind, blieb unklar. Die Fallschirmjägerakademie von Daloa soll von den FRCI-Rebellen übernommen und ihr Leiter getötet worden sein.

Schon vor zwei Wochen hatten Rebelleneinheiten im äußersten Westen des Landes nahe der Grenze zu Liberia die UN-überwachte Waffenstillstandslinie überschritten und waren danach sehr langsam vorgerückt. Jetzt hat sich der Vormarsch brüsk beschleunigt. Die UN stellt sich dem nicht entgegen, da sie Ouattara als legitimen Präsidenten anerkannt und dieser wiederum die FRCI als seine Armee eingeschworen hat. Von Daloa ist es nicht mehr weit bis Yamoussoukro, die formelle politische Hauptstadt der Elfenbeinküste. Es gilt als möglich, dass die FRCI versuchen will, Yamoussoukro zu übernehmen, damit Ouattara dort seine Regierung installieren kann, auch wenn Gbagbo weiter im Präsidentenpalast der Metropole Abidjan sitzt.

In Abidjan selbst sind mehrere Stadtviertel schon seit Wochen unter Kontrolle bewaffneter Rebellen. Am Dienstag wurden schwere Kämpfe in Anyama am Nordrand Abidjans gemeldet. Aus Abidjans nördlichen Stadtvierteln sind bereits mehrere hunderttausend Menschen geflohen, aus dem Westen der Elfenbeinküste über 110.000 nach Liberia.

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14 Kommentare

 / 
  • GS
    Gunnar Sturm

    Warum werden die militärischen Interventionen mit dieser Eile durchgeführt???

     

    Alle grösseren Kampfhandlungen (Angriffe) gingen von dem Bündniss (Rebellen, Licorne und ONUCI) aus! Die Armee Gbagbos ist nur in Verteidigung strategischer Punkte zu hören, aus den angegriffenen Städten hat man sich jeweils schnell zurückgezogen um zivile Opfer zu vermeiden.

    Indes säubern die Rebellen das gewonnene Terrain...das hat genozidären Charakter!

  • AA
    Andreas Ackermann

    Peter Pan,

     

    im Allgemeinen verweisen die Pro-Gbagbo-Sprachrohre hier auf ivoireleaks.de.

     

    Du kannst auch einfach auf der taz.de-Seite eine Suche nach "Gbagbo" starten und dann zahlreiche Artikel zum Thema finden. In den Kommentaren findest du im Allgemeinen beide Meinungen reichhaltig vertreten, mit diversen Links.

     

    Fuer meinen Begriff fallen die Leute hier auf billigste Gbagbo-Propaganda herein, und das gerne, weil ihre Bekanntschaften/Verwandschaft ueberwiegend halt zu jenem Lager gehoeren.

     

    Ich hingegen fall nicht drauf rein, weil meine Bekanntschaften ueberwiegend zum Ouattara-Lager gehoeren. :)

  • PP
    Peter Pan

    Bei mir herrscht gerade Verwirrung!

    Wäre es von den Kommentatoren möglich Internetseiten, Blogs etc. pp. anzugeben um die ,,Fakten'' vertieft nachzulesen bzw. sich ein anderes Bild von der Lage in der Elfenbeinküste zu schaffen?!?

    Vielen Dank im Voraus!

  • GS
    Gunnar Sturm

    @Tageslicht (schönes Pseudonym)

     

    Sarkozy kann Gbagbo nicht leiden

    und

    Ouattara ist ein persönlicher Freund von Sarkozy

     

    So einfach funktioniert dieser französische Gockel!

  • RP
    ralph podzwadowski

    Die 10 GEBOTE fuer die CI:

    (copyright liegen bei der internationalen Gemeinschaft)

     

    1. Gbagbo=boese und Ouattara=gut

    2. Alle fuer Gbagbo = Rebellen und Profiteure

    3. Alle fuer Ouattara = Freiheitkaempfer und stehen fuer ein neues Afrika

    4. Alle getoeteten Gbagboanhaenger = Taeter,jeune Patriot und Fanatiker(oder beides)

    5. Alle getoeteten Ouattaraanhaenger = Opfer, viele davon auch minderjaehrig und Frauen(oder beides)

    6. Alle Aktionen/Entscheidungen Pro Gbagbo = illegetim und unter Strafandrohungen

    7. Alle Aktionen/Entscheidungen Pro Ouattara = legal und gefoerdert.

    8. Alle Medien Pro Gbagbo = Propaganda und gelogen

    9. Alle Medien Pro Ouattara = neutral und gut informiert

    10. Es geht und ging nie um Wirtschaftsinteressen; sondern um FREIHEIT und DEMOKRATIE

     

    Und wir wissen doch hoffentlich alle, das man sich an die 10 Gebote halten muss. Sie kommen doch von Gott

  • T
    tageslicht

    Warum tun Sie das?

    "des gewählten Präsidenten"

    Das sagt die Wahlkommission. Der Verfassungsrat sagt etwas anderes. Warum stellen Sie eine Unwahrheit oder betsenfalls Halbwahrheit als Fakt dar? Warum lügen Sie? Warum unterstützen Sie den IWF-Neoliberalen mitsamt des gesamten Deutschen Medienspiegels?

    Warum? Was hat Ihnen der Mann denn getan? Warum verbreiten Sie hier völlig verzerrte Ansichten, siehe Kommentar weiter unten? Welches Interesse haben Sie denn als linkes Medium, in das gleiche Horn der so völlig unipolaren Propaganda pro Oassara zu blasen? Anstatt einfach mal die Umstände zu hinterfragen, steht hier der gleiche Rotz (entschuldigen Sie die Wortwahl, streichen Sie das Wort meinetwegen wenn Sie den Kommentar sonst nicht veröffentlichen würden) wie überall anders auch. Denken Sie, nur weil Sie eine Lüge immer wiederholen, wird Sie irgendwann zur Wahrheit? Mitnichten.

    Ganz trauriger Artikel, wirklich. Schade, dass man Ihnen nicht negative Flattr-Punkte geben kann.

  • 1
    1-Gaou

    P.S.: ich wußte doch, dass der TAZ die große Demo vom letzten Samstag keine Erwähung wert sein wird: 800.000 Abidjaner demonstrierten letzten Samstag gegen Ouattara und ihr bringt ein Foto von ein paar halbwüchsigen die in Abobo begeistert den Rebellen zujubeln? Von der Demonstration unter Beteiligung von Priestern und Predigern aller christlichen Kirchen bis zum Imam, Musikern, Künstlern, Prominenten (und allen Terrorankündigungen zum Trotz!) - eine derart große Zurückweisung der Einmischung durch die UNO und gegen die Terroranschläge des Kommando "Invisible" (Ouattara-Rebellen) durch die Abidjaner Bevölkerung übergeht ihr kommentarlos?

  • RP
    ralph podzwadowski

    Welche Sadtviertel Abidjan's sind unter FN Kontrole?

    Leute gehen raus schiessen, verbreiten Panik und verstecken sich-deshalb unsichtbarers Kommando und nicht irgendetwas kontrollierend.(In 1 bis 2 !! Bezirken von 10; dort herrscht noch oeffentliche Betriebssamkeit, Gott sei dank-auch wenn das hier! wie ein Rufen im Walde klingt)

    Die Bestechungssummen wachsen im gleichen Masse wie die logistische Unterstuetzung der UN-deshalb sind in Bondoukou und gerade auch in Daloa BISHER keine Kaempfe zu vermelden,sondern eher eine Uebergabe.

    Leider wird es dort zu schweren kuenftigen Kampfhandlungen kommen werden. Der Buergermeister von Daloa(Hr.Koussougrou,RA von -ehem.Bedie-Partei PDCI + Pro Gbagbo), berichtet selber von niemanden dort, der den "Neuankoemmlingen" zuklascht; sind naehmlich alle gespannt zuhause und HOFFEN auf das Beste.( Freie Buerger/Freie Wahlen??)

    Gekaufte militarische Erfolge, 100 %ig Verlass auf Unterstuetzung jedweder Art fuer ADO von den UN Kraeften(speziell Logistik/Finanzen; da wuerde ich gerne mal einen Rechenschaftsbericht darueber lesen wollen). Dadurch koennte man doch noch ein geteiltes Land erzwingen, das sich dann staendig ueber Jahrzehnte bekaempft.

    Aber niemand uebernimmt die Verantwortung den sinnlosen Toten, Verletzten gegenueber, der Verlust bleibt allein den betroffenen Familien.

    Schande ueber alle die dabei mitmachen oder das unterstuetzen; egal aus welchen Gruenden!!!!!

    ps. thanks to 1-Gaou

  • MM
    Mark Mel

    @ 1er Gaou,

    ich verstehe Ihren Frust, aber leider ist es nicht nur Sarkozy Chirac war ebenso übel und wenn man die französische Politik kennt, kann ich mir nicht vorstellen, dass sich da was großartig ändert. Da kann man nur hoffen, dass die dt. Politik sich von der frz. Regierung nicht blenden lässt und unabhängige Entscheidungen treffen kann, aber danach sieht es nicht aus. Sie haben sich längst entschieden Ouattara zu unterstützen und deshalb sind sie nicht besser als Sarkozy - vielleicht war die Enthaltung im Sicherheitsrat nicht zum Libyeneinsatz zu stimmen auch ein Zeichen sich von Frankreich abzusetzen - richtig wäre dies gewesen!

     

    Auch wenn es diplomatisch unklug wäre, man sollte darüber nachdenken die "deutsch-französiche-Freundschaft" auf die moralische, humanitäre Probe zu stellen!

  • K
    KolonieAfrika

    Da zeigt sich mal wieder das Verständnis von Demokratie und Frieden in der UNO...traurig, aber dafür bringt man ja jetzt den Frieden nach Libyen!

     

    Ich warte nur darauf, dass die Grünen fordern man sollte die "Rebellen" doch mit der NATO unterstützen.

  • MM
    Mark Mel

    Der Feststellung, über die Rebellen Ouattaras: "Sie sind in den Straßen, sie protzen mit ihren Geländewagen, und die Bevölkerung applaudiert."

    zeigt wie furchterregend dieser Haufen wirklich ist, denn, dieses "sich breit machen" ist sicherlich nicht das, was man sich unter einer demokratischen Regierung vorstellt. Es stimmt, dass auch Gbagbo sich gegen diese Schergen aufstellt, was soll er denn auch sonst tun? Sie schrecken ja vor nichts zurück.

     

    Die UN hat leider ihr Vertrauen in weiten Teilen der Bevölkerung verspielt, weil sie Ouattara als Wahlsieger darstellen und die Rebellen aktiv stützen - die USA unter Obama unterstützen die schwarze Seele Ouattaras, und wer kann rettet sich in die Nachbarländer. Die UN ist für diese Katastrophe verantwortlich weil sie auf Wahlen gedrängt hat, ohne darauf zu bestehen, dass Entwaffnung oberste Priorität hat. Von Leuten im Land wurde mir gesagt, dass die Rebellen z.T. mit neuen Waffen rumlaufen, die sehr an die der UN erinnern, wenn die UN mit Fahrzeugen in Gbagbo getreuen Nachbarschaften auftaucht, dann gibt es oft Tote. Darüber muss auch berichtet werden!

  • 1
    1-Gaou

    P.S.: ich wußte doch, dass der TAZ die große Demo vom letzten Samstag keine Erwähung wert sein wird: 800.000 Abidjaner demonstrierten letzten Samstag gegen Ouattara und ihr bringt ein Foto von ein paar halbwüchsigen die in Abobo begeistert den Rebellen zujubeln? Von der Demonstration unter Beteiligung von Priestern und Predigern aller christlichen Kirchen bis zum Imam, Musikern, Künstlern, Prominenten (und allen Terrorankündigungen zum Trotz!) - eine derart große Zurückweisung der Einmischung durch die UNO und gegen die Terroranschläge des Kommando "Invisible" (Ouattara-Rebellen) durch die Abidjaner Bevölkerung übergeht ihr kommentarlos?

  • 1
    1-Gaou

    "Operation Wiederherstellung von Frieden und Demokratie"? Wer führt Krieg in diesem Land seit 2002? als Marionette von Sarkozy + US-Interessen? Wissen Sie, dass Sarkozy schon vor vielen Jahren Ehrengast auf Ouattara's Hochzeit war? Und Ouattara auch schon mal Premierminister der RCI, der "aus heiterem Himmel" auftauchte, bis dahin kannte den in der Elfenbeinküste NIEMAND! So jemand wird dann plötzlich "Premier" unter Diktator (Einparteienstaatschef) Houphouet Boigny auf Druck der IWF und Frankreich (weil Boigny damals zahlungsunfähig! - er wurde immer schön mit Krediten versorgt, bis die Kakopreise fielen). Wundert Sie, dass die Ivorer den anschließend nicht haben wollten? Der, der die Ausländeraufenthaltbescheinigung (Carte de sejour) eingeführt hat? Vorher gab's in der Cote d'IVoire gar keine "Ausländer", das werden Ihnen die Franzosen, Libanesen im Land bestätigen (sind alle trotz Sarkozy's Rückruf geblieben). Der, der als Premier Gbagbo ob dessen Forderung anch einem Mehrparteiensystem verhaften und ins Gefängnis werfen liess? Und der seit 20 Jahren immer und immer wieder mit Unterstüzung aus dem Ausland und mit Revolten, Staatsstreichen usw an die Macht wollte und nun mit seinen IWF, UNO, Sarkozy-Kontakten bis hierhin "gepowert" hat, der wird kurz so vor dem Ziel nicht aufgeben! Aber: die Ivorer werden sich von dem auch NIE regieren lassen, die haben die Massaker seit 2002 nicht vergessen und wissen, was auf sie zukommt, sollte Ouattara Präsident werden. Und leider spielt da die UNOCI eine (wieder einmal) sehr unrühmliche Rolle! Und unterstützt DIESE KÄMPFER für Frieden - naja im Waffenliefern waren die hinter dem Ganzen steckenden ja schon immer groß, siehe Libyen, Ägypten, Tunesien (schade, dass dort Marie-Aillots Eingreiftruppe zur Niederschlagung der Aufstände nicht schnell genug angekommen ist?), naja macht nix dann istalliert man halt eine andere Marionette - aber das wird nicht mehr lange gut gehen! Sarkozy ist nächstes Jahr WEG VOM FENSTER!

  • GS
    Gunnar Sturm

    Grundlage dieses Krieges sind die Interessen Frankreichs und USA. Legitimiert durch manipulierte Wahlen.

    Die Wahlen wurden nicht geprüft...und das UN-rezept für Frieden:

     

    Die Friedenstruppen unterstützen die Rebellen mit Logistik, Aufklärung, und mit Waffen!