Guttenberg-Virus in der FDP?: Koch-Mehrin soll plagiiert haben

Internetdetektive finden bei der FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin 13 möglicherweise kopierte Passagen. Sie soll aus einem Handbuch abgeschrieben haben.

Die Schwarmintelligenz des Netzes hat es auf ihre Doktorarbeit abgesehen: FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin. Bild: ap

BERLIN taz | Kaum hat die Universität Bayreuth Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) offiziell den Täuscher-Status zuerkannt, melden Internetdetektive den nächsten Plagiats-Verdacht an. In der Doktorarbeit der FDP-Europaabgeordneten Silvana Koch-Mehrin wurden bisher 13 Seiten gefunden, auf denen die Politikerin Texte aus anderen Quellen verwendet haben soll, ohne dies kenntlich gemacht zu haben.

Auf dem Portal "VroniPlag" ist Koch-Mehrins Arbeit zur kollektiven Suche freigegeben. Dieses richteten die ehrenamtlich Plagiatssucher Ende März für Veronika Saß ein, die Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU). Bisher wurden in Saß' Arbeit zur "Regulierung im Mobilfunk" 158 Seiten mit Plagiaten aufgedeckt. Das entspricht einem Anteil von 45 Prozent an der gesamten Dissertation.

Daran gemessen ist der Copy-Paste-Anteil in Koch-Mehrins Arbeit zur lateinischen Münzunion, einer Vorform der europäischen Währungsunion, mit bisher 6 Prozent bescheiden.

Die 40-jährige Koch-Mehrin ist Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und gehört seit 2004 dem Präsidium der FDP an. Ihr verdankt die Partei den Wiedereinzug ins EU-Parlament und zuletzt ein Wahlergebnis von 11 Prozent. Koch-Mehrin studierte Volkswirtschaftslehre und Geschichte in Hamburg und reichte im Jahr 2000 ihre Dissertation an der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg ein. Sie erhielt ein cum laude - also nicht die Bestnote. Die Arbeit wurde unter dem Titel "Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik" im Nomos-Verlag veröffentlicht.

Koch-Mehrins Kreativität als vermeintliche Plagiateurin scheint begrenzt gewesen zu sein. Die bisher aufgedeckten Passagen stammen mehrheitlich aus dem dritten Band des Handwörterbuchs der Wirtschaftswissenschaften, herausgegeben von Willi Albers und Anton Zottmann im Jahre 1981. Bei Koch-Mehrin heißt es beispielsweise auf Seite 57: "Ergebnis ist, daß Geld nur als eine Ware [sic!] fungieren kann, die wegen ihres Eigenwertes geschätzt wird. Geld hat demnach selbständigen Gebrauchswert. "

Im Handwörterbuch ist das auf Seite 376 so formuliert: "Diese Theorien laufen darauf hinaus, daß als Geld nur eine Ware fungieren könne, die wegen ihres Eigenwertes geschätzt wird, d.h. also, einen unabhängig von der Geldqualität existierenden selbständigen Gebrauchswert hat."

Universität leitet Untersuchung ein

Von Silvan Koch-Mehrins Pressesprecher Georg Streiter hieß es dazu nur, für Fragen über den Inhalt oder die Überprüfung der Arbeit sei die Universität Heidelberg zuständig. Die Pressesprecherin der Univeristät, Marietta Fuhrmann-Koch, sagte auf Anfrage: "Wir gehen mit den Vorwürfen sehr offensiv um und haben sofort Untersuchungen eingeleitet." Derzeit prüfe die Fakultät den Anfgangsverdacht, sollte sich dieser bestätigen, würde die universitätsinterne Kommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis übernehmen.

Den Wiki-Detektiven geht es nach einer auf der Homepage veröffentlichten Erklärung allein darum, die wissenschaftliche Integrität eines Doktortitels in Deutschland zu sichern. Mit politischer Ausrichtung, persönlicher Schmutzkampagne oder ähnlichem habe die geleistete Arbeit nichts zu tun.

Doch steht eine Doktorarbeit einmal als Wiki am Internet-Aufklärungs-Pranger, kann sich der Verfasser geballter Aufmerksamkeit sicher sein. Prototyp der kollektiven Plagiats-Suche war das "Guttenplag-Wiki", auf dem ehrenamtliche Aufklärer ihre Erkenntnisse zur Doktorarbeit des ehemaligen Verteidigungsministers zusammentrugen. Mit großem Erfolg. Sie fanden bisher 1218 Fragmente aus 135 ungenannten Quellen. Guttenberg trat im Zuge der Plagiats-Affäre am 1. März von seinem Amt als Verteidigungsminister zurück.

Auch die Kommission der Universität Bayreuth ist nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung nun zu dem Ergebnis gekommen, dass Guttenberg nicht wie von ihm behauptet geschusselt, sondern bewusst getäuscht hat. Guttenbergs Anwälte griffen die Uni daraufhin scharf an: ihr Mandant würde vorverurteilt.

Man werde den Bericht sicher als externe Informationsquelle anfordern sagte Reiner Laib, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Hof, auf Anfrage. Die Staatswanwaltschaft prüft zurzeit unabhängig davon, ob Guttenberg sich strafbar gemacht hat. Man hoffe, die Ermittlungen im Spätsommer abzuschließen.

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