Taliban-Anschlag in Pakistan: "Rache für bin Laden"

Bei einem Anschlag auf ein Truppen-Ausbildungszentrum sind in Pakistan mindestens 80 Menschen getötet worden. Radikalislamische Taliban bekannten sich zu dem Attentat.

Das Ausbildungszentrum in Charsadda nach dem Anschlag. Bild: dpa

ISLAMABAD taz | Gut eine Woche nach der Tötung von Al-Qaida-Chef Osama bin Laden in Pakistan starben mindestens 80 Menschen bei einem Selbstmordattentat auf ein Trainingslager des pakistanischen Militärs, etliche wurden verletzt.

Zwei Attentäter sprengten sich am Freitagmorgen vor einem Armeestützpunkt im nordwestlichen Charsadda in die Luft, als ein Teil der Rekruten gerade das Lager verließ. Die meisten Opfer der Explosionen waren Soldaten. Die pakistanischen Taliban erklärten, der Angriff sei ein Vergeltungsschlag für den Tod bin Ladens. Der Terrorist war am 2. Mai in seinem Versteck im pakistanischen Abbottabad von US-Spezialtruppen getötet worden. Das Attentat auf die Militärschule in Charsadda ist das bislang schwerste in diesem Jahr.

"Wir haben dies getan, um den Vorfall in Abbottabad zu rächen", sagte ein Taliban-Sprecher. Pakistans Armee habe darin versagt, das Land zu schützen, erklärte er in Anspielung auf die Operation des US-Killerteams auf pakistanischen Boden. Die pakistanischen Taliban (TTP) hatten nach Bekanntgabe der Tötung des meist gesuchten Manns der Welt Rache geschworen.

Die Tatsache, dass Amerikas Staatsfeind Nummer eins in Pakistan von US-Kräften getötet wurde, bringt Pakistan noch mehr in die Schusslinie der islamistischen Kämpfer. Das Land steht zudem im Verdacht, dem Al-Qaida-Chef in der Garnisonsstadt Abbottabad Unterschlupf gewährt zu haben. Geheimdienst und Militär des Landes verneinen dies vehement, wollen aber nicht ausschließen, dass "abtrünnige Elemente" in ihren Reihen dem Terroristen geholfen haben könnten, sich in Abbottabad, ganz in der Nähe der Militärakademie des Landes, zu verbergen. Die beschauliche Kleinstadt liegt knapp 70 Kilometer von der Hauptstadt Islamabad entfernt.

Das Ziel des ersten Rache-Anschlags scheint nicht zufällig gewählt: Der Charsadda-Distrikt liegt unmittelbar an der Grenze zu Afghanistan. Die hier stationierten Militärkräfte kämpfen vor allem gegen islamistische Terrorgruppen, die im Grenzgebiet ihr Rückzugsgebiet haben. Und aus dem Charsadda-Distrikt soll angeblich auch Arshad Khan, der Besitzer des Hauses in Abbottabad stammen, in dem sich der Al-Qaida-Chef über Jahre hinweg verbarg. Manche Analysten glauben, dass Arshad Khan der Deckname von Abu Ahmad al-Kuwaiti ist, einem der Kuriere von bin Laden, der den US-Geheimdienst angeblich auf die Spur bin Ladens brachte - ob wissentlich oder unwissentlich ist nicht klar. Khan soll zusammen mit der Großfamilie des Al-Qaida-Chefs auf dem Gelände in Abbottabad gewohnt haben.

Al-Qaida selbst operiert in Pakistan nicht eigenständig, sondern bedient sich lokaler Terror-Outfits wie der TTP (siehe unten), die für zahlreiche Attentate verantwortlich ist. Die pakistanischen Sicherheitskräfte waren bereits in der Vergangenheit Zielscheibe für terroristische Anschläge gewesen.

Die pakistanischen Taliban haben durch die strukturelle Umbildung von al-Qaida 2006 an Einfluss gewonnen. Auch der Tod des Al-Qaida-Gründers könnte der islamistischen Terrorbewegung nun neue Kraft geben. Pakistan dürfte der Rachefeldzug der Islamisten am meisten treffen.

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