CONSTITUTIO PRAECOX: Unionsfraktion mit Frühgeburt

Die designierten Abgeordneten der CDU haben sich am Freitag zusammengesetzt und glauben, eine Fraktion konstituiert zu haben. Laut Landesverfassung befinden sie sich damit aber im Irrtum.

Thomas Röwekamp geht ein Licht auf. Oder wird's ihm aufgesetzt? Bild: dpa

Laut Bremer CDU hat sich deren neue Bürgerschaftsfraktion am Freitag konstituiert. Viereinhalb Stunden habe die Sitzung gedauert, hieß es. Und am Ende wählte das Gremium den Chef der Landespartei, Rechtsanwalt Thomas Röwekamp, zum Vorsitzenden: Für ihn gab's 17 der 18 abgegebenen Stimmen, das gleiche Ergebnis erhielt Heiko Strohmann als Vize. Einstimmig zur Stellvertreterin gekürt: Spitzenkandidatin Rita Mohr-Lüllmann.

Viel spricht allerdings dafür, dass die Sitzung wiederholt werden muss: "Fraktionen", so heißts in Artikel 77 der Landesverfassung, "bestehen aus Mitgliedern der Bürgerschaft". Nun sind zwar die Bürgerschaftswahlen gelaufen, und es steht auch ein vorläufiges Endergebnis fest. Aber vorläufig heißt eben vorläufig: Die 17. Legislatur dauere noch fort, "und zwar bis zum 7. Juni 2011", informiert die Parlamentshomepage. Folge: Die 18. Bürgerschaft gibts noch nicht. Sie hat, logisch, auch noch keine Mitglieder. Und wo keine Mitglieder, da keine Fraktion - siehe Landesverfassung. Ein künftiger Bürgerschaftspräsident, der das, was Röwekamp mit einem Kollektiv wie auch immer erfolgreicher BewerberInnen am Freitag veranstaltet hat, als Konstitutierung einer Fraktion durchgehen ließe, würde gegen die Landesverfassung verstoßen.

Denn die Mitgliedschaft in der Bürgerschaft "erwirbt" auch ein gewählter Bewerber "nicht vor Ablauf der Wahlperiode der letzten Bürgerschaft". So stehts in Paragraf 33 des Bremer Wahlgesetzes. Zweite Formalie, die der Gesetzgeber vor die Mitgliedschaft in der Bürgerschaft gestellt hat, ist der "frist- und formgerechte Eingang der Annahmeerklärung beim Landeswahlleiter." Schriftlich muss sie sein - und kann erst erfolgen, wenn der Landeswahlleiter die BewerberInnen über ihren Mandats-Anspruch aufgeklärt hat. Dafür muss er warten, bis der Landeswahlausschuss das Ergebnis festgestellt hat.

Dass Jurist Röwekamp, der in seiner Zeit als Innensenator auch die Fachaufsicht fürs Wahlamt innehatte, in dieser Materie nicht firm ist, war bekannt: So hatte er eingeräumt, nicht kapiert zu haben, dass die Ehrenämter sowohl der Vizepräsidentin der Apothekerkammer und CDU-Spitzenkandidatin Mohr-Lüllmann, als auch des Handwerkskammer-Präses Joachim Feldmann mit dem neuen Abgeordnetengesetz nicht vereinbar sind: "Wenn wir das gewusst hätten", sagte er Anfang Mai, "hätten wir nicht zugestimmt" (taz berichtete). Hat die Fraktion unter seiner Führung aber.

Überraschend indes, dass sein KandidatInnen-Club ihm keine Nachhilfe erteilt hat. Denn mit erfahrenen JursitInnen ist der reich bestückt. Und vor allem innerparteilich und in konservativen Medien war Röwekamps beschleunigter Übergang zum Tagesgeschäft nach dem Wahl-Debakel teils scharf kritisiert worden. So hatte der sonst eher unionsfreundliche Weser-Report - der aktuelle Parteisprecher kam von dort - bei Ankündigung des Sitzungstermins von "Schweinsgalopp" gesprochen. Den Vollzug nannte Chefredakteur Axel Schuller nun eine "politische Dummheit". Im selben Sinne hatte Röwekamps innerparteilicher Konkurrent Jens Eckhoff den Plan, alle Posten schnell zu besetzen als "falschestes Signal, das man geben kann" bezeichnet.

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