Kommentar Anschlag in Afghanistan: Lektion 52

Der jüngste Anschlag auf einen Bundeswehrsoldaten in Afghanistan muss eine Mahnung sein, den Abzugsplan einzuhalten - wenn nicht zu beschleunigen.

Toter Soldat Nummer 52 seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes: Na und? Im zehnten Jahr am Hindukusch herrscht in Deutschland Apathie, was den Krieg angeht. Man hat sich an die Toten und Verstümmelten, an die heimgebrachten Särge, an die Trauerfeiern gewöhnt. Wie traurig.

Die Botschaft der Politik dazu lautet: Was in den letzten neun Tagen passiert ist, hat zur Normalität zu gehören. Es ist die Jahresoffensive der Taliban, da kracht es nun einmal in Afghanistan. Die vielen Tragödien der letzten Anschläge hatte man in Berlin schon eingepreist, als man im Januar die Verlängerung des Afghanistan-Mandats beschloss. Im Mandatstext steht eine Zeile, um die viel gerungen wurde: Ein Abzug der Bundeswehr solle 2011 beginnen, sofern es die Sicherheitslage zulasse.

Mit jedem Anschlag ist es fraglicher, ob diese Bedingung in den verbleibenden Monaten erfüllt werden kann. Und schon vor dem jüngsten Zwischenfall forderten die ersten konservativen Politiker mit alten Reflexen, die Offensive der Taliban mit einer Gegenoffensive zu beantworten. Es wäre nicht die erste Verschärfung des Einsatzes. Doch bislang blieben all diese Maßnahmen ohne Erfolg - sie brachten nur noch mehr Opfer, auf beiden Seiten und nicht zuletzt unter der Zivilbevölkerung.

Nein, so geht es nicht. Wenn der tote Soldat Nummer 52 etwas lehrt, dann, dass der Krieg eben auch nicht durch noch mehr Truppen und über Gegenoffensiven zu gewinnen ist. Der Anschlag muss eine Mahnung sein, den Abzugsplan einzuhalten - wenn nicht zu beschleunigen. Denn wenn der Abzug an die Sicherheitslage gekoppelt bleibt, wird er nie stattfinden. Ihn mit sich häufenden Anschlägen näher rücken zu lassen, anstatt ihn infrage zu stellen, wäre eine harte Entscheidung, ein Eingeständnis der Niederlage. Aber es wäre die einzig ehrliche Reaktion auf einen verlorenen Krieg.

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