: Kein Zirkus für Zartbesaitete
TIERSCHUTZ "Zirkus Universal Renz", seit Donnerstag auf der Bürgerweide, steht wegen Verstößen gegen Tierschutzrichtlinien und Körperverletzungen in der Kritik
Gut besucht war die Bremer Premierenvorstellung des Zirkus "Universal Renz" am Donnerstag. Von Pferden über Jongleure bis hin zu Trapez-Artisten ist alles dabei, eindrucksvolle Körperverrenkungen hoch unter dem Dach des Zirkuszeltes mischen sich mit Clownseinlagen. Drei Elefanten drehten sich auf kleinen Hockern, Tiger werden zu stofftierähnlichen Schmusekätzchen und fauchen gediegen die Zuschauer an. Kleine und große Hunde hopsen über Hindernisse und auf den Hinterpfoten zwischen den Beinen der Dompteurin hindurch. Dabei wirken die Tiere zwar nicht krank, aber doch zum Teil zirkustypisch lethargisch. Der Tierrechtsorganisation Peta ist Zirkus Renz schon lange ein Dorn im Auge.
Peta hatte Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) aufgefordert, Zirkus Renz die Auftrittserlaubnis zu verweigern. Dass der Zirkus trotzdem auf der Bürgerweide gastiert, erklärt die Sprecherin des Gesundheitsressorts damit, dass es bislang "keine Probleme in der Zusammenarbeit" gegeben habe - bei den früheren Renz-Gastspielen in Bremen sei "im Wesentlichen alles in Ordnung" gewesen. Und: "Bei uns gab es keine Angriffe auf Veterinäre."
Andernorts hingegen fiel der Zirkus laut Peta schon oft negativ auf. Vor zwei Jahren entwendete Direktor Daniel Renz senior einer Veterinärin des Landkreises Borken die Kamera, 1995 und 2000 wurde er wegen vorsätzlicher Körperverletzung von den Amtsgerichten Augsburg und Wuppertal mit hohen Geldstrafen belegt. 2009 stand Renz in Bocholt wegen versuchter Nötigung und 2010 in Kassel wegen fahrlässiger Körperverletzung vor Gericht. Peta bescheinigt dem Zirkus seit 1994 nahezu jährlich Tierschutzverstöße.
Auf seiner Internetseite wirbt der Zirkus mit zehn Alligatoren, sechs Tigern, drei Bären und vielen weiteren "Exoten". Die Raubtiere seien "über den Standards der vorgeschriebenen Richtlinien hinaus" untergebracht, wird weiterhin versichert. Auch Holger Fischer, der Pressesprecher des Zirkus, bekräftigt dies gegenüber der taz. "Wir freuen uns, wenn die zuständigen Amtsveterinäre in unseren Gastspielorten den Zirkus kontrollieren", erklärt Fischer. Peta hingegen arbeite "sehr plakativ und undifferenziert". "Die wollen den Kampf", resümiert Fischer. Offenbar ist das durchaus wörtlich gemeint: Vor zwei Jahren in Hannover drohten Zirkusleute Tierschützern mit Schlägen, der Fahrer eines Zirkus-LKW versuchte, zwei von ihnen anzufahren.
"Wir fordern zum Zirkus-Boykott auf", sagt der Bremer Tierschutzverein. Das ständige Herumfahren mit Wildtieren sei "unmöglich", deswegen solle der Zirkus nicht auch noch durch Eintrittsgeld gefördert werden. Die Tierschützer hoffen, dass der rot-grüne Senat generell keine Tier-Zirkusse mehr auf öffentliche Plätzen zulässt. Diese Forderung steht auch im Wahlprogramm der Bremer Grünen: Artgerechte Haltung von Wildtieren sei im Zirkus nicht möglich, da die Tiere durch die Dressur oftmals große Qualen erlitten.
Den Zirkusleuten selbst geht es allerdings auch nicht viel besser: 1996, 2002 und 2008 wurden Renz-Dompteure bei Angriffen von Bären oder Krokodilen zum Teil schwer verletzt, 2007 griff ein Bär den damals 13-jährigen Sohn des Zirkusdirektors an. Dem wiederum biss im Jahr zuvor ein Krokodil den Daumen ab.
Der Vorfall erinnert an einen Bericht der Autobahnpolizei, die 1999 zwischen Heinsberg und Düren ein totes Krokodil fand. Direktor Renz erklärte den Vorfall seinerzeit mit dem schlechten Zustand der Straße: Bei einem Schlagloch habe sich die Klappe des LKW geöffnet.
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