Absage an Berlusconis Pläne: Italien bleibt atomfrei

Mit klarer Mehrheit haben sich die Italiener in einem Referendum gegen Berlusconis Pläne zum Bau neuer AKW ausgesprochen. Er wollte gleich acht errichten.

So süß kann ein Dankeschön für die Anti-AKW-Mehrheit sein: In Rom präsentiert ein atomkraftkritischer Konditor sein Meisterwerk. Bild: dpa

ROM taz | Italien wird auch in Zukunft auf Atomkraft verzichten. In einem Referendum stimmte am Sonntag und Montag eine klare Mehrheit gegen die AKW-Pläne der Regierung Berlusconi, bei Redaktionsschluss waren es über 90 Prozent. Außerdem votierten die Italiener mit genauso hohen Prozentsätzen gegen die Privatisierung der Wasserversorgung sowie gegen ein Immunitätsgesetz zugunsten Silvio Berlusconis. Mit mehr als 50 Prozent Beteiligung nahm das Referendum die wichtigste Hürde: Nur wenn mehr als die Hälfte der Bürger abstimmen, wird es gültig.

Berlusconi muss damit auf eines der wichtigsten Projekte seiner Regierung verzichten. Er hatte geplant, dem Land bis zum Jahr 2020 vier neue Meiler zu bescheren. Im Endausbau 2030 waren gar acht AKWs vorgesehen, die 25 Prozent des nationalen Strombedarfs abdecken sollten. Damit hätte Italien eine klare energiepolitische Wende vollzogen, denn seit 1987 gehört die Atomkraft nicht mehr zum nationalen Energiemix. Nach der Katastrophe von Tschernobyl hatten die Italiener die Atomenergie schon damals in einer Volksabstimmung abgelehnt.

Doch der Ausbau alternativer Energien blieb aus; erst in den letzten Jahren erlebte Italien einen kleinen Boom bei Windkraft und Solaranlagen. Weiterhin aber muss das Land etwa 15 Prozent seines Stromes importieren - vor allem aus Frankreich. Das sei sowieso Atomstrom, erklärte Berlusconi nach seinem letzten Wahlsieg 2008 - den könne man genauso gut und billiger zu Haus erzeugen.

Auch von dem von Atomkraftgegnern angestrengten Referendum zeigte sich seine Regierung zunächst nicht beeindruckt. Seit 1995 war es bei keiner Volksabstimmung mehr gelungen, mehr als 50 Prozent der Wähler an die Urnen zu bekommen. Da sich eine knappe Hälfte der Italiener zunächst dem Wiedereinstieg in die Atomkraft nicht abgeneigt zeigte, war Berlusconi vom Scheitern des Referendums fest überzeugt.

Italien werde sich "wahrscheinlich von Atomkraftwerken verabschieden" müssen, räumte Berlusconi nun nach der Niederlage bei der Volksabtimmung ein.

Stimmungsumschwung nach Fukushima

Nach Fukushima kippte die Stimmung in Italien: In Meinungsumfragen erklärten über 80 Prozent der Bürger, sie lehnten den Wiedereinstieg in die Atomenergie ab. Die Regierung versuchte daraufhin, dem Referendum den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem sie ein Moratorium verfügte: Während der nächsten zwei Jahre sollten noch einmal alle Sicherheitsaspekte überprüft werden, ehe die definitive Entscheidung über die AKWs fallen würde. Berlusconi erhoffte sich, das Kassationsgericht werde angesichts der neuen Lage die Volksabstimmung stoppen, doch die Richter entschieden gegen ihn. Da kein Stopp, sondern nur ein Aufschub erfolgt sei, gebe es keinen Grund, das Referendum auszusetzen.

Munition hatte ausgerechnet Berlusconi selbst den Richtern geliefert: Treuherzig hatte er auf einer Veranstaltung erklärt, das Moratorium diene bloß dazu, dass sich "die Emotionen abkühlen" - und in zwei Jahren erfolge dann der Baubeschluss für die AKWs. Diese nukleare Option existiert für Italien nun nicht mehr.

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