Bildungsfinanzierung in Berlin: Aus für den Schulfrieden

Die GEW hat ausgerechnet, wie Berlin zu guten Schulen kommen könnte - und zwar mit geringerer Etaterhöhung, als selbst die Kanzlerin forderte. Finanziert werden soll das mit Steuererhöhungen.

Deutschlands dienstältester Minister will nicht mehr: Der Berliner Bildungssenator E. Jürgen Zöllner (SPD). Bild: DPA

Wollte man diesen Text gähnend langweilig anfangen, könnte dies sein erster Satz sein: LehrerInnen fordern mehr Geld für Schulen.

Doch was auf den ersten Blick wie das Gegenteil einer aufregenden Neuigkeit aussieht, ist auf den zweiten echt spannend. 660 Millionen Euro mehr müsste Berlin jährlich in Bildung investieren, um "gute Schulen" zu bekommen, errechneten die Fachleute der Lehrergewerkschaft GEW Posten für Posten. Sie fordern damit eine Erhöhung der Ausgaben von derzeit 4,7 auf 5,3 Prozent des Berliner Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Spannend ist das, weil die Gewerkschaft damit weit unter dem bleibt, was Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die MinisterpräsidentInnen 2008 bei ihrem Bildungsgipfel für nötig befunden hatten: "7 +3" lautete da die Zauberformel, nach der bis 2015 frühkindliche und schulische Bildung mit 7 Prozent des BIP der Länder, Hochschulen mit 3 Prozent gefördert werden sollten. Und weil die GEW mit ihren Vorschlägen einem an bildungspolitischen Debatten derzeit so gar nicht mehr interessierten Bildungssenator Dampf macht.

Gerade weil das Angebot ja eigentlich ein recht freundliches ist: "Realistisch" und vor allem "finanzierbar" sei es, meint Knut Langenbach von der Arbeitsgemeinschaft Bildungsfinanzierung der GEW Berlin, die das Paket ausgerechnet hat.

Das umfasst die Ganztagsversorgung aller GrundschülerInnen: Kostenpunkt laut GEW: 100 Millionen Euro. Zusätzliches Personal für Schulen an sozialen Brennpunkten soll mit 18 Millionen Euro finanziert werden, 130 Millionen planen die Gewerkschafter für die Reduzierung der Unterrichtsstunden für Lehrkräfte aller Schularten auf 25 Stunden ein. Mehr Erzieher- und SozialpädagogInnen sollen 62,5 Millionen Euro kosten, für 38 Millionen will die GEW die Ausbildung von LehrerInnen verbessern, indem die von ReferendarInnen geleisteten Stunden nicht mehr wie bisher in den Unterrichtsstundenbedarf von Schulen eingerechnet werden.

Auch, woher das Geld für die Mehrinvestitionen kommen soll, weiß die GEW: "Staatliche Einnahmen müssen dringend erhöht werden, wenn Berlin seine bildungspolitischen Ziele wirklich erreichen will", so Langenbach. Und die seien im Schulgesetz festgeschrieben, ergänzt sein Kollege Peter Börtzler: "Dort steht, dass jedes Kind bestmöglich individuell gefördert werden soll!" Das sei der Anspruch der Gewerkschaft - und vor allem auch der Eltern und SchülerInnen, so Sigrid Baumgardt von der im April neu gewählten Dreierspitze der Berliner GEW.

Deren "Schulterschluss" habe sich bei der bildungspolitischen Großdemo am 9. Juni gezeigt, "und den wollen wir mit unseren konkreten Forderungen stärken und unterstützen", so Baumgardt. Die nächste Demo ist für September geplant.

Dass das dem noch amtierenden Schulsenator gar nicht gefallen wird, ist den LehrervertreterInnen egal. Jürgen Zöllner (SPD) hatte gerade nach formal umgesetzter Schulreform nicht nur den "Berliner Schulfrieden" verkündet, sondern auch, dass er als Senator nach der kommenden Wahl im September nicht mehr zur Verfügung stehe.

Doch das Thema Bildung so aus dem Wahlkampf herauszuhalten, passt der GEW nicht: "Einseitig" sei Zöllners Bildungsfrieden, so Baumgardt - auch wenn sie zugibt, dass derzeit offensichtlich keine Partei bereitstehe, die GEW-Ideen zu unterstützen: "Wir werden den Druck auf sie eben erhöhen!"

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