Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küpperschbuch?

Gabriels Waterloo, Stuttgart-21-Weichen und die nicht offen schwule Amtskirche.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: In Frankreich startet die traditionelle Apotheken-Rundfahrt

Was wird besser in dieser?

Ich kann Fußball-WM gucken.

Alles kommt irgendwann ans Licht. Vielleicht nicht der Tiefbahnhof, aber zumindest das Stresstest-Ergebnis von Stuttgart 21. Glauben Sie, dass der Deutschen Bahn bei der Bestandsaufnahme die Genauigkeit entgleist ist?

Der "Stresstest" müsste ergeben, dass der Bahnhof 30 Prozent mehr Verkehr ermöglicht zum versprochenen Baupreis. Die 30 Prozent stehen aus, und nach der Spiegel-Enthüllung interner Bahn-Papiere ist die Bausumme eh geschönt. Die Bahn stellt die Weichen, die Grünen hoffentlich die Harten.

Die CDU will nun die Hauptschulen endgültig abschaffen. Ist das dumm?

Schawans Leitantrag scheint klug und kundig, man erkennt das unter anderem daran, dass die anderen ihn sofort zerhacken. Bayerns CSU will die Hauptschule schon mal behalten, die NRW-CDU sie nicht abschaffen. Und der Wahlsieg der SPD in Hamburg dankte sich wesentlich Olaf Scholz Verheißung organisierten Nichtstuns, vulgo "zehn Jahre Schulfrieden". Die Hauptschule sammelt derzeit die 8 Prozent Schüler ein, die schon sprachlich keine Chance haben, deswegen will Schawan auch mehr Lehrer mit Migrationshintergrund, übrigens auch mehr Männer. Die Anette hat ordentlich Hausa gemacht, das finden die Flegel doof und petzen.

Die deutschen katholischen Bischöfe haben sich für kostenlose Kindergartenplätze ausgesprochen. Heißt das, dass den Gläubigen der Gebrauch von Verhütungsmittel noch für längere Zeit untersagt wird?

Die katholische Kirche verfügt über die finanziellen Mittel, mit gutem Beispiel vorauszugehen. Ich warte. Solange allerdings Kölns Kardinalfehler Meißner predigt, "die Abtreibung ist der Super-GAU" und man solle sich deshalb weniger "um die sogenannte Energiewende kümmern", möchte man ihnen die Lehrbefugnis gern gleich wieder entziehen. So wie Meißner just einen Religionslehrer gefeuert hat, weil der im Gegensatz zur Amtskirche offen schwul ist.

Lange wurde spekuliert, jetzt hat er es selbst gesagt: Venezuelas Präsident Hugo Chávez ist krebskrank und machte das im Fernsehen öffentlich. Ein vorbildlicher Politiker?

Er ist nach Kuba verschwunden, klammert sich an die Macht. Hey, wäre das nicht Anlass, ausdrücklich Oskar Lafontaine zu loben?

Nachdem in Biogurken der gefährliche Ehec-Darmkeim gefunden wurde, steht jetzt auch Biowein wegen Pestiziden im Visier der Behörden. Ist jetzt doch wieder Fastfood angesagt?

Was mehr nervt, sind die O-Töne des Ökowinzerverbands: "Kein Pestizidproblem … nichts erwiesen … weitere Untersuchungen". Den Schwall haben die doch gebraucht günstig bei Tepco gekauft. Für die selbstbewussten Preise hätte ich - wenn schon keine saubere Ware - doch anständige Kaufmannschaft erwartet.

Die Bundesregierung hat am Donnerstag mit einer breiten Mehrheit den Abschied von der Atomenergie besiegelt. Sehen Sie darin auch ein "energiepolitisches Waterloo"?

Gabriels Hohn wurzelt in schmerzvoller Erfahrung: Die Atomfans von der SPD haben sich viel früher an die grüne Position herangemerkelt, und zur Belohnung werden sie nun nicht gewählt. Er weiß, wovon er redet. Bundespräsident Wulff hat die Regierung für dieses atemlose Manöver gescholten, im Grunde versucht er die Politik vor den Politikern zu schützen. Das ist weniger drastisch und näher an der Wahrheit.

Bei seinem Vorschlag für ein neues Steuerkonzept hält sich Paul Kirchhof nicht mit einem Reförmchen auf, wie es derzeit die Koalition diskutiert. Seinen Gesetzentwurf vergleicht er mit der Deklaration der Menschenrechte im Jahr 1789. Ist Vorsicht geboten?

Diese "Bierdeckel"-Reformen gibt es im halben Dutzend, von Uldall, Merz, sonst wem, seit Jahrzehnten. Bei aller Politikverachtung: Held ist, wer dazusagt, wie man so etwas mal umsetzt.

Bei den Einschaltquoten und Zuschauerzahlen überragen die deutschen Fußballerinnen zum WM-Auftakt im Vergleich beinahe die Männer-Elf. Woher dieses plötzliche Interesse an den Frauen?

Auf die Frage hat Günter Netzer gesagt, er hätte nicht im Traum dran geglaubt. Vielleicht isses gar kein Interesse an den Frauen, sondern am Fußball und am Gewinnen.

Und was machen die Borussen?

Drittligist Sandhausen wollte 18? für einen Stehplatz aufrufen beim Pokalspiel gegen den BVB. 56 Fanclubs drohten mit Boykott. Nun 15? Geht doch.

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