Aufklärung von sexuellem Missbrauch: Ein Desaster für das Bistum

Das katholische Bistum Hildesheim bemüht sich um Aufklärung des neuen Missbrauchsfalls, sorgt mit einer umstrittenen Personalie aber für Kopfschütteln.

Kämpft mit den Schatten der Vergangenheit: die katholische Kirche. Bild: dpa

GÖTTINGEN taz | Weihbischof Heinz-Günter Bongartz war mächtig zerknirscht, als er am Montag in einer eilig einberufenen Pressekonferenz über den neuen Fall von sexuellem Missbrauch an Kindern im Bistum Hildesheim berichtete. Ein "schrecklicher Rückfall" sei das und ein "Desaster" für das Bistum wie für die katholische Kirche insgesamt. Ein Pfarrer aus Salzgitter hat sexuelle Übergriffe gegen zwei Kinder und einen Jugendlichen einräumt. Einen Jungen soll der Geistliche dabei über einen Zeitraum von zwei Jahren missbraucht haben.

Der Mann sitzt seit dem Wochenende in Untersuchungshaft und wurde inzwischen vom Bistum von allen Ämtern beurlaubt. Bongartz selbst, im Bistum mit der Aufarbeitung des Missbrauchskandals befasst, hatte dem Pfarrer erst vor kurzem mit disziplinarischen Maßnahmen gedroht. Bei dem Gespräch Ende Juni ging es um ein Kontaktverbot des Pfarrers zu einem Minderjährigen, mit dem der Pfarrer im Jahr 2006 in einem Bett geschlafen haben soll. Anzeichen für einen sexuellen Missbrauch habe es damals aber zunächst nicht gegeben, sagt Bongartz.

Am Dienstagabend eilte der Weihbischof zu einem Krisentreffen mit der Gemeinde in Salzgitter. Dabei gab sich Bongartz selbstkritisch. Vielleicht sei im Vorfeld doch nicht genug gehandelt worden. Sobald er die Namen der drei Missbrauchsopfer kennt, möchte er Kontakt zu ihnen aufnehmen.

Gerade weil das Bistum in diesem Fall so viel Selbstkritik und Aufklärungswillen an den Tag legt, sorgt eine andere Personalie umso mehr für Kopfschütteln. Es geht um die Ernennung des Jesuitenpaters Theo Schneider zum Leiter der Göttinger Jesuitenkommunität. Die Kommunität, in der Jesuiten nach den Regeln ihres Ordens leben, gehört zur katholischen Gemeinde St. Michael. Schneider soll die Leitung im September übernehmen, das Bistum hatte die Ernennung Anfang Juli angekündigt.

Schneider habe als vormaliger Rektor des tief in den Missbrauchsskandal verstrickten Aloisius-Kollegs in Bad Godesberg zu den ihm bekannten Verfehlungen eines Kollegen geschwiegen und minderjährige Schutzbefohlene im Stich gelassen, kritisiert der "Eckige Tisch", eine Selbstorganisation von Missbrauchsopfern. Der 64-jährige Schneider räumte ein, von Vorwürfen gegen einen Pater, wie zum Beispiel dessen Besitz von Aktfotos gewusst zu haben.

Im vergangenen Jahr trat Schneider vom Amt des Rektors zurück - "im Interesse einer lückenlosen Aufklärung aller gegen das Kolleg gerichteten Missbrauchsvorwürfe", wie das Katholische Dekanat Göttingen betont. "Nach Abschluss der internen und externen Untersuchungen der Vorwürfe steht dem Einsatz von Pater Schneider in wichtigen seelsorglichen Funktionen nichts mehr im Wege." Missbrauchsopfer vom "Eckigen Tisch" sehen das anders.

Der unter Missbrauchsverdacht verhaftete Priester ist derweil im Braunschweiger Gefängnis von einem vermummten Unbekannten geschlagen worden. Dies teilte das Justizministerium mit. Vollzugsbeamte hatten den 46-Jährigen demnach am Sonntag verstört in seiner Zelle vorgefunden.

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