piwik no script img

Computerspielkritiker über den Gamer Breivik"Man funktioniert wie eine Maschine"

Anders Behring Breivik schreibt in seinem Manifest, er habe mit einem Ego-Shooter für seine Tat geübt. Geht das überhaupt? Psychiater und Computerspielekritiker Bert te Wildt meint: ja.

"Modern Warfare 2" – darüber schrieb Breivik in seinem "Manifest". Bild: dpa
Daniel Schulz
Interview von Daniel Schulz

taz: Herr te Wildt, der Attentäter Anders Breivik behauptet, er habe sich mit einem Ego-Shooter auf das Massaker in der Nähe von Oslo vorbereitet. Inwiefern kann man sich mit einem Spiel auf so eine Tat vorbereiten?

Bert te Wildt: Man kann sich mit so einem Spiel, wenn man es denn ein Spiel nennen möchte, ganz gut vorbereiten. Es wird natürlich niemals die einzige Art und Weise sein, wie sich jemand auf so eine Tat vorbereitet und es wird auch nicht der einzige Grund sein, warum jemand eine solche Tat begeht.

Also ist es nur ein vernachlässigbarer Faktor unter vielen?

Nein, das wissen wir aus der militärischen und militärpsychologischen Praxis beispielsweise in den USA. Soldaten lassen sich mit Kampfsimulationen wirkungsvoll auf Kriegsszenarien einstimmen, die dem Szenario recht ähnlich sind, das Anders Breivik geschaffen hat. Solche Simulationen tragen einerseits dazu bei, die Hemmschwelle gegen das Töten zu senken, und anderseits verinnerlicht man die Abläufe eines Kampfgeschehens so sehr, dass man im Falle des Falles funktioniert wie eine Maschine.

Breivik schreibt in seinem "Manifest" konkret über das Spiel "Modern Warfare 2". Dort spielt man als Soldat aus der Ich-Perspektive gegen eine andere bewaffnete Gruppe, die Ultranationalisten. Was hat eine solche Situation mit dem Abschlachten wehrloser Kinder zu tun?

Diese Jugendlichen waren ganz klar Gegner für Breivik und er wollte möglichst große Wirkung erzielen. Und bei diesen Spielen geht es darum, möglichst schnell und ohne Nachzudenken – also ohne das eigene Handeln zu reflektieren – die Feinde auszuschalten. Diese Parallele lässt sich nicht leugnen. Aber es gibt natürlich Unterschiede, na klar.

Aber was lässt sich durch ein solches Spiel wirklich trainieren, was ändert sich im Hirn des Täters? Es ist doch ein Unterschied, ob ich gegen Bewaffnete vorgehe, Deckung suche, einen gleichwertigen Gegner bekämpfe oder ob ich hilflose, schreiende Menschen niedermetzle. Die westlichen Gesellschaften machen doch im realen Leben auch einen gewichtigen Unterschied zwischen Krieg und dem Töten von Soldaten und dem Abschlachten von Zivilisten.

Der amerikanische Militärpsychologe David Grossmann und auch dessen KollegInnen haben in Untersuchungen festgestellt, dass amerikanische Soldaten anfangs noch systematisch danebenschießen. Die Kriegssimulationen unterstützen sie dabei, sich gegen das durch das Töten entstehende Leid zu wappnen und es irgendwann zu ignorieren. Ich merke das doch bei mir selbst, wenn ich spiele. Am Anfang stößt es mich noch ab aber recht bald dann nicht mehr. Und wie gesagt: Spielen trainiert das reflexhafte Handeln.

Der Mann war Schütze, spielt das nicht eventuell eine größere Rolle als sein Spielekonsum?

Natürlich. Man darf das Spielen auch nicht überbewerten. Die Fähigkeit eine reale Waffe zu bedienen spielte in diesem Fall eine viel größere Rolle als das Spiel. Der Zugang zu Waffen und die Fähigkeit, sie zu bedienen, sind wichtige Faktoren für Amokläufe. Das weiß man durch kriminologische Studien.

Wenn man sich die Forschungen dazu anschaut, wie Medien wirken, so lässt sich zum Beispiel für das Fernsehen nur schwer sagen, ob brutale Filme einen Zuschauer gewalttätiger machen oder ob zur Gewalt neigende Menschen sich lieber brutale Filme ansehen. Warum zieht die spielekritische Forschung solche direkten Schlüsse?

Ich würde Ihnen widersprechen, es gibt durchaus Metaanalysen, die auch für das Fernsehen solche Schlüsse zulassen. Aber es gibt natürlich das Problem – und ich fürchte, das werde ich hier auch nicht lösen können – dass Medienpädagogen, Psychologen, die klinische Psychiatrie und Kriminologen hier zu recht verschiedenen Ergebnissen kommen. Nun ist die Welt jedoch nicht schwarz-weiß, es gibt nun mal Widersprüche. Und es ärgert mich, dass viele Medien heute schreiben, kausale Zusammenhänge zwischen Spielen und Gewalt seien nie nachgewiesen worden.

BERT TE WILDT

41, ist Psychiater und Psychotherapeut und forscht unter anderem zu Auswirkungen von Computerspielen an der Medizinischen Hochschule Hannover.

Und wie sehen diese Ihrer Meinung nach aus?

Spiele sind interaktiv. Ich kann mich nicht davorsetzen und einfach zuschauen, wie bei einem Film, sondern ich muss handeln, um das Spiel voranzutreiben. Außerdem sind zunehmend körperliche Aspekte beteiligt. Es gibt Spiele, wo man mit dem Gewehr vor dem Bildschirm steht. Spielekonsolen arbeiten zunehmend mit Bewegungsteuerung, so dass man zum Beispiel den Controller wie einen Säbel schwingen muss, um zu kämpfen. Das führt zu stärkeren Rückwirkungen auf das Gehirn. Hinzu kommt, dass Filme zumeist Geschichten erzählen, die ihr Geschehen auch moralisch einordnen. Viele Spiele, zumal die meisten First-Person-Shooter haben solche Narrative noch nicht.

Es gibt mit dem Rollenspiel ein sehr altes Games-Genre, das ohne Erzählung gar nicht auskäme. Und auch gepriesene Shooter wie "Homefront" setzen zunehmend aufs Geschichtenerzählen.

Das nimmt zu, klar, aber gerade bei den Shootern ist die Rahmenhandlung, ähnlich wie bei einem Pornofilm, nur Dekoration. Eigentlich geht es um die Kampfszenen, Reiz und Reaktion, Gegner sehen und schießen. Und das in steter Wiederholung, das prägt sich schon mehr ein als bei einem Film.

Viele Computerspieler, das lässt sich in diversen Foren nachlesen, haben Angst, dass nun wieder Spielverbote gefordert werden, wie es nach Amokläufen öfter der Fall ist. Welchen Nutzen haben solche Diskussionen?

Die Reaktionen einiger konservativer Politiker sind nach solchen Taten ebenso überschießend wie die einiger leidenschaftlicher Computerspieler. Beide Seiten sind überhaupt nicht bereit, ihre Haltungen zu hinterfragen und schenken sich darin nichts. Es muss doch in einer offenen Gesellschaft, für die wir uns halten, möglich sein, über mögliche kritische Auswirkungen von Spielen zu reden.

In manchen Medien war auch jetzt wieder zu lesen, World of Warcraft, das Breivik ebenfalls spielte, sei ein Killerspiel – obwohl es sich dabei um ein Online-Rollenspiel handelt. Das trägt auch nicht gerade zu einer Versachlichung der Debatte bei, oder?

Nein, ich finde auch Begriffe wie "Killerspiel" ohnehin unnötig abwertend. Andererseits hat World of Warcraft inzwischen einen Grad an Gewalt erreicht, den ich angesichts der Altersfreigabe von 12 Jahren durchaus bedenklich finde.

Als die Zeitungen aufkamen, schrien vor allem Obrigkeit und Kirche auf, sie verführten die Menschen zum Müßiggang. Auch vor Romanen wurde gewarnt, und als die ersten Filme über die Leinwand flackerten, war es das Gleiche. Heute gehören diese Medien zu unserem Alltag. Werden wir uns in zehn Jahren über den derzeitigen Umgang mit Computerspielen lustig machen?

Lachen wir über die Auswirkungen von Koran und Bibel? Ich glaube nicht. Die Erfindung des Buchdrucks war für die Aufklärung wichtig, aber auch für schreckliche Dinge. Einem Medium Wirkungen zuzuschreiben, die man kritisch hinterfragen dürfen muss oder es für grundsätzlich böse zu halten, sind zwei sehr verschiedene Dinge. Wir müssen aus diesem Schwarz-Weiß-Denken raus. Selbst die positivsten Erfindungen hatten immer Nebenwirkungen, warum soll das beim Computerspiel anders sein?

Zugleich spielen immer mehr Menschen in Deutschland Computerspiele, aber die Zahl der Gewalttaten von Jugendlichen geht zurück. Wie lässt sich das erklären, bei den Nebenwirkungen, die Sie und andere Spielekritiker annehmen?

Es geht auch gar nicht darum, in Hysterie zu verfallen und eine Generation von Attentätern zu beschwören. Spiele sind für eine Tat wie die von Breivik einer von verschiedenen Faktoren und in der Regel nicht der entscheidende. Wir haben aber auch keine guten Zahlen, was die derzeitige Entwicklung betrifft, was unter anderem daran liegt, dass jetzt erst die erste Generation derjenigen erwachsen wird, die mit Shootern aufgewachsen sind. Gerade deswegen müssen wir solche Entwicklungen beobachten, denn es kann auch sein, dass da Gefahren lauern, die wir bisher nicht erkennen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

36 Kommentare

 / 
  • A
    Alucard

    "Der Zugang zu Waffen und die Fähigkeit, sie zu bedienen, sind wichtige Faktoren für Amokläufe. Das weiß man durch kriminologische Studien."

    Für solch banale Erkenntnisse braucht es Studien auf die man sich beruft?

  • ME
    Martin Ebers

    (1) Ein Ziel der Medienkritiker ist es natürlich, Computerspiele mit der Argumentation anzuschwärzen, man könne damit Verbrechen "trainieren". Dabei verallgemeinern sie aber: Denn irgendetwas kann man mit allem einüben. Eine solche Kritik wäre aber auf dem Niveau, daß man Computer verbieten müßte, weil schon einmal jemand auf die Idee kam, mit dem Tintenstrahldrucker Geld zu fälschen.

     

    Die Behauptung, "Modern Warfare 2" könne als Reaktionsübung dienen, bedeutet dann relativ wenig: Die einfachsten Reaktionsübungen bestanden wohl darin, einen Knopf zu drücken, wenn zufallsgesteuert eine Lampe aufleuchtete - und sie gab es bereits vor 100 Jahren.

     

    (2) In den Bereich fallen auch die "Kriegssimulatoren": Die Medienkritiker berufen sich in ihrer Kritik an Computerspielen hier auf David Grossmann, dieser hat das aber gar nicht geschrieben: So sind die "Kriegssimulatoren", von denen Grossmann spricht, mechanische Geräte, in denen menschenförmige Zielscheiben aufpoppen, und diese wurden schon Jahrzehnte vor dem breiten Zugang zu Computerspielen eingesetzt: Grossmann wartet hier mit Erfolgszahlen für die Verbesserung der Trefferleistung von Soldaten in Korea- und Vietnamkrieg infolge solcher verbesserter Trainingsmethoden auf.

     

    Befragt man andererseits einmal für die Ausbildung Verantwortliche (das hat freilich "nur" das Szenemagazin GameStar getan), dann sagen die, daß sie jemals davon gehört hätten, daß die deutsche Armee oder ein verbündetes Militär derartige Einrichtungen einsetzen. Software, die ähnliche Technologien nutzt wie Computerspiele, wird zwar eingesetzt, aber zu anderen Zwecken: Sogenannte "Schießkinos" werden dazu benutzt, "standardisierte militärische Vorgehensweisen" und Teaminteraktion zu trainieren. Daneben wird Software zur Diskussion und Planung von Strategien oder zur Visualisierung örtlicher Gegebenheiten verwendet. Die Gefechtsausbildung findet aber im realen, dreidimensionalen Umfeld statt. Ein für die Ausbildung zuständiger General bei der US-Armee beklagte im Gegenteil schon einmal die "Verweichlichung" der Jugend durch Computerspiele, diese wisse heute nicht mehr, wie man kämpfe, was die US-Armee dazu nötige, zum ersten Mal seit 30 Jahren ihre Ausbildungskonzepte grundlegend zu überarbeiten.

     

    Was nun die Zahlen, die Medienkritiker zu Computerspielen und einer angeblich damit abzutrainierenden "Tötungshemmung" präsentieren, betrifft, sind diese einerseits widersprüchlich: jeder Medienkritiker nennt hier völlig andere Zahlen. Andererseits gibt es hierzu im Vergleich nicht einmal eine Quelle. Eine solche Argumentation wäre auch unlogisch: Wenn angeblich die Gesellschaft mit "Killerspielen", die (Behauptung der Medienkritiker) angeblich vom Militär produziert worden seien (was Ihre Kollegen von "Spiegel Online" als "nachweislich erfunden" aufgezeigt haben!), so durchmilitarisiert sei und man das Schießen damit so phantastisch einüben könne, warum sollten dann die Rekruten vor dem Spielen irgendeines "Kriegssimulators" danebenschießen und nachher nicht mehr? Und bedenken Sie auch, daß wer den Beruf des Soldaten wählt, das wohl auch deshalb tut, weil er schon eher militäraffin ist und zumindest eine Grundbereitschaft hat, auf Menschen zu schießen. Es muß sich ja Jeder, der den Beruf wählt, auch vor Augen führen, daß er das vielleicht tun muß.

     

    (3) Eine "Abstumpfung" des Soldaten wäre vielleicht auch so falsch wie es nur sein kann: Das Gehirn muß ja keine Aktivität auf etwas verschwenden, von dem es realisiert, daß es keine Gefahr darstellt. Andererseits ist ein Soldat ja darauf angewiesen, eben nicht "abgestumpft" zu sein, weil er gefahrenbewußt agieren muß. (Er kann zwar gewisse Routinen entwickeln, damit im Ernstfall mentale Kapazität nicht auf einfache Handgriffe verschwendet werden, aber auch dafür braucht er schließlich die reale Waffe zur Übung.) In "Counterstrike" oder "Modern Warfare 2" verhält man sich dementsprechend auch anders, riskiert beispielsweise "Verletzungen", wie man es in der Realität nicht tun würde.

     

    (4) Wir können nicht von der Hand weisen, daß auch von Seiten der US-Armee Kriegsverbrechen begangen wurden, etwa die Behandlung der Gefangenen in Abu Ghreib. Allerdings sollten wir nicht vergessen, daß es ja in dieser Armee zumindest Bestimmungen gibt, die Folter verbieten. Erinnern wir uns andererseits an Verbrechen früherer Zeiten auch bei uns, die offenbar ohne Computerspiele möglich waren, dan sehen wir eher, daß diese vielmehr aus einer geschlossenen Ideologie erwachsen sind, daß bestimmte Menschen aufgrund ihrer Abstammung, Religion, Weltanschauung etc. weniger wert seien oder eine derartige Behandlung "verdienten", oder - wenn wir das "Stanford Prison Experiment" betrachten - eben eine Situation konstruiert wurde, in der der Verlust des "zivilisatorischen Deckels" - zumindest zeitweise -gerechtfertigt wurde. Und das werden auch die Ansatzpunkte in diktatorischen Regimes sein. Man könnte umgekehrt vielleicht auch einen Großteil aller Menschen in eine Situation bringen, in der sie es als gerechtfertigt ansehen, einen Menschen zu töten -- der Philosoph Jan Philipp Reemtsma zieht schließlich sogar das Konzept der "Tötungshemmung" als solches in Zweifel.

     

    (5) Andererseits ist mir auch ein Interview-Zitat von Christian Pfeiffer zu einem früheren Fall noch im Ohr: "Wenn er kein Computerspiel gehabt hätte, dann wäre er auch nicht Amok gelaufen." Wenn das nicht monokausal oder nicht wenigstens ein verkrampfter Versuch zur Konstruktion oder Aufrechterhaltung einer Idylle ist, daß alles hinter den eigenen Blendladen in Ordnung sei, zumindest in soweit, daß es so scheint, solange nichts von außen eindringt und die (Schein-)Idylle stört...?

     

    (6) Mir fällt da auch noch ein anderer Widerspruch auf: Der Attentäter von Oslo hat ja ein sehr langes Pamphlet abgeliefert, in dem er eine ganze Reihe von Gründen angibt, warum er so gehandelt habe. Computerspiele werden höchstens auf zwei, drei Seiten einmal erwähnt, eher so in der Funktion eines Alibis, warum man sich nicht mit den Bekannten zum abendlichen Bier treffen könne, während man in seinem Keller seinen Sprengstoff koche, und die letztliche Tatausführung unterscheidet sich ja doch von etwaigen "Trainings". Das Pamphlet als solches wird als wirr und unsinnig bezeichnet, die Behauptung, Europa sei von Muslimen überfremdet, die alle nur "unsere Kultur vernichten" wollten, als paranoid. Jedenfalls habe ich noch keinen der Medienkritiker verkünden hören, er wisse, warum Breivik das getan habe, die Überfremdung durch Muslime sei schuld. Aber dort, wo er über Computerspiele spricht, da werden diese Äußerungen als rational, realistisch und vollkommen plausibel angenommen. Analog hat auch die Islam"kritikerin" Bat Ye'or, auf die sich Breivik in seinem Pamphlet ausgiebig beruft, auf ihre mögliche ideologische Mit-Verantwortung angesprochen geäußert, daß ja vielleicht auch die Politik der norwegischen Regierung schuld sein könnte, schließlich habe Breivik auch das geschrieben. Die Logik ist zwar unabhängig vom ideologischen Gehalt nicht von der Hand zu weisen - und dennoch ist diese Sichtweise auch ideologisch motiviert. Es scheint dann vielleicht auch weniger um den Wahrheitsgehalt der Äußerungen zu gehen als vielmehr darum, wie man selbst darüber denkt.

     

    Bert te Wildt scheint zwar differenziert argumentieren zu können, er hat zum Beispiel auch die These aufgestellt, daß die angebliche "Sucht" nach "World of Warcraft" und Konsorten ein Symptom bzw. ein inadäquater Versuch zur Eigentherapie anderer psychischer Probleme sein könnte - etwa einer sozialen Phobie. Aber auch er bleibt an so mancher Stelle im Mythologischen, hält etwa auch den o.g. "Militärmythos" für "plausibel", obwohl dieser "nachweislich erfunden" ist. Der Vorteil derartiger Thesen ist natürlich, daß sie schnell zu transportieren, griffig und vordergründig "nicht von der Hand zu weisen" sind - und eine Diskussion dieser Thesen und ihrer Probleme und Fehler ausgesprochen viel Zeit braucht, die aber nicht zur Verfügung steht.

     

    Und bis dahin scheint die "Verantwortung" immer schon "festgemacht" zu sein, jedenfalls glauben viele Leute den Mythen mehr als deren Widerlegungen -- und gerade der Militärmythos ist eine der am häufigsten über böse Computerspiele kolportierten Behauptungen. Auch im Lichte von (5) ist das ein Denken, das die Lösung von Problemen eher verschleppt.

  • S
    *subjektnamehier*

    Ich kenne Herrn te Wildt aus meiner Therapie persönlich und kann versichern, dass ich ihm absolut zutraue, sich differenziert mit dem Thema "Gewalt in Medien", und besonders in Games, und ihren Auswirkungen auseinanderzusetzen.

     

    Statt ihm vorzuwerfen, keine Ahnung von der Materie zu haben, wie viele meiner Vorredner das hier tun, würde ich den Versuch empfehlen mal in sich zu gehen und zu überlegen wie stark ausgeprägt der Widerwille ist, sich selbst und das eigene Konsumverhalten kritisch zu hinterfragen.

    Meiner Meinung nach geht allein aus einigen der Kommentare hier hervor, dass ebenjener Widerwille durchaus vorhanden ist.

    Ich verstehe das. Ich bin selbst langjähriger Spieler von mal mehr, mal weniger brutalen Spielen und weiß wie schwer es ist, sich dabei mal selbst zu beobachten und vor allem sich einzugestehen, dass es eher früher als später notwenig wird, aus dem Verhaltensmuster auszubrechen.

     

    Es mag sein dass er nicht das umfassende Wissen über die Entwicklung der Spielebranche besitzt, wie einer von uns, und bei der Behauptung, 3D-Shooter basierten auf Trainingsprogrammen der US-Armee gingen auch mir die Augenbrauen hoch (einfach weil ich das zwar schon häufiger gehört habe, aber nie stichhaltige Infos mitgeliefert wurden) aber ihm tatsächlich "Unwissen" vorzuwerfen halte ich dann doch für ridikül.

     

    Davon abgesehen habe ich nichts an dem Interview und den Antworten zu beanstanden und bin froh, dass sich hier tatsächlich ernsthaft mit dem Thema beschäftigt wird.

     

    Berichte wie den damals bei Frontal21 als Blödsinn abzuschmettern und Beschwerdebriefe einzureichen war leicht und absolut gerechtfertigt. Die Leute, die hier scheinbar genauso reagieren, sollten das Interview nochmal aufmerksam lesen und vielleicht mal nach Bert te Wildt googlen. Ihr wisst doch was Google ist, oder?

  • RP
    REgine Pfeiffer

    1. Hier schreiben ja viele Medienpädagogen. Die müssten wissen, dass ein abgedrucktes Interview immer nur einen Teil dessen enthält, was der Intrviewte gesagt hat. Also, kann man B.te Wildt kaum vorwerfen, was er nicht gesagt hat.

    2. Alle die sich selber als Gegenbeispiel darstellen, liegen falsch. Bert te Wildt spricht ja nicht von monokausalen Zusammenhängen. Was er nicht sagt - was vielleicht gestrichen wurde - ist:l´Labilen Charaktere haben eine besondere Vulnerabilität, was Gewaltmedien betrifft.

    3. Breivik empfiehlt CoDMW als Training für Marksmanship ein, und hier wird massenweise behauptet, das geht nicht. Zum Zielen auf bewegliche Objekte gehört vieles, z. B. dass man die Bewegung einkalkuliert, die Schnelligkeit und die Richtung. Natürlich kann man das in Kriegsspielen trainieren. Breivik sagt ja explizit, er hätte das Spiel deswegen LIEBEN gelernt und spielt es vor allem aus diesem Grunde.

    Sogar America's Army bietet Marksmanship Training an. Die Sniper Variante ist übrigens beliebter als die anderen. Kann man sich in YouTube anschauen.

    4. Dass die FLughafenszene nicht vorkommt, finde ich ebenfalls bedauerlich. Die müsste JETZT in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Falls die TAZ die Erwähnung gestrichen hat, wäre das Zensur.

  • AB
    Andreas Bühler

    Sowohl Daniel Schulz als auch Bert te Wildt scheinen "Modern Warfare 2" nicht genau zu kennen, Zitat: "...spielt man als Soldat gegen eine andere bewaffnete Gruppe. Was hat eine solche Situation mit dem Abschlachten wehrloser Kinder zu tun?" Der Hauptkritikpunkt gegen MW2 war ja explizit, dass beim "Flughafenmassaker" unbewaffnete Zivilisten abgeschlachtet werden, darunter auch Frauen (allerdings keine Jugendlichen). Bert te Wildt geht auf diesen Punkt unverständlicherweise gar nicht ein.

  • OO
    Omlin O.

    Wie konnten sich unsere Vorfahren nur gegenseitig niedermetzeln ohne die inspirierende Kraft von Computerspielen?

  • AB
    Arne Babenhauserheide

    @…: Über Staatslügen schreibt die taz bessere Artikel, da müssen wir nicht so viel ergänzen.

  • T
    T.V.

    Der Fehler ist mMn die Spiele als Ursache oder "Faktoren" zu sehen, die zu realen Gewaltakten führen. Nach 15 Jahren Computerspielerfahrung bin ich immer noch (oder erst recht?) bekennender Pazifist.

     

    Ohne Zweifel sind sie allerdings eine willkommene Hilfe, Gewaltfantasien am Leben zu erhalten und leider auch allzu oft realitätsnah und mit eindeutigen Absichten programmiert(a lá: machen wir aus den Spielern gute Soldaten).

     

    Die aktive Teilhabe am Geschehen im Gegensatz etwa zum Kriegsfilm ist ein Faktor von - wie ich meine - geringer Bedeutung. In beiden Fällen entscheidet die Sozialisierung, wie das Medium verarbeitet wird. Und genau das ist der Punkt, wo es sinnvoll ist anzusetzen.

  • AT
    Al Terego

    Robin schrieb "Die erste Generation von Ego-Shooter-Spielern wird nicht gerade erwachsen, sie ist es schon lange."

     

     

    Robin hat Recht.

     

    Ich selbst bin 41 und war jahrelang, nach Einserabitur und Einserdiplom, in öffentlich stark exponierter Stellung in einem internationalen börsennotierten Unternehmen tätig.

    Ich spiele seitdem ich ca. 12 war auf Computersystemen. Mehrere gleichalte Akademiker in meinem Freundeskreis ebenfalls. Würden wir uns öffentlich outen? Wahrscheinlich nur begrenzt. Heisst das, dass Journalisten deshalb seriöser berichten, wenn sie das Thema Computerspiele stets nur trivialisieren und als reines Jugendphänomen abtun? Ganz bestimmt nicht.

     

    Ich weiss aus Gesprächen mit guten Bekannten und Freunden, dass ich nicht der einzige bin der die Skandalisierung des Themas durch Politiker und Journalisten zunehmend als lächerlich empfinded.

     

    Während Konservative junge PC-Spieler nur allzugern statt der lobbystarken Schützenvereine (und welcher europ. Amokläufer der letzten Jahre hatte keinen Bezug zu diesen?) an den Pranger stellen, übersehen sie, dass die Generation C64 mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist und dieses Treiben mit Argusaugen verfolgt.

     

    Es ist bedauerlich, dass die Frauen unserer Generation überwiegen erst ab der Einführung des WWW 1991/92 digital sozialisiert wurden. Bei jüngeren Frauen scheint sich diese Kluft jedoch ebenfalls zunehmend zu veringern.

  • T
    Trebonius

    Die Kommentare haben den Artikel ja ganz schön zerpfückt... (zu Recht).

     

    Hoffentlich ließt sich jeder auch die Kommentare durch und geht nicht mit dem Artikel in die große Welt hinaus. Ärgert einen immer diese Halbwahrheiten und Benahuptungen lesen zu müssen.

  • L
    LKS

    Etablierte Medien vs. Computerspiele - die nächste Runde.

    Würde der taz schon zugestehen, es hier doch halbwegs versucht zu haben, es gibt schlimmeres.

    Trotzdem, viel Quatsch im Interview. Der "Experte" versucht zwar, seriöser zu klingen, in dem er auf Differenziertheit pocht, relativiert und einräumt. Aber dann kommt halt doch der ganze Stuss, wie die Sache mit dem Militär, wurde ja hier schon ausgeführt.

     

    Ganz typisch auch das Argument der Interaktivität, die Spiele potenziell problematischer mache. Genauso kann man auch sagen, dass Filme problematischer sind, weil man dem als Zuschauer komplett ausgeliefert ist, während Spiele eigene Gestaltung zulassen. Übrigens auch Reflexion, für den, der in der Lage ist, zu reflektieren. Wer dazu nicht in der Lage ist, wird auch einen Charles Bronson-Film nicht reflektieren...

     

    Naja, es gab auch schon schlimmeres. Trotzdem, dass diese "Diskussion" jetzt von den Medien reflexartig wieder angefangen wird, nervt einfach nur noch.

  • O
    Orgi

    Und Rock 'n' Roll verdirbt die Jugend!!11elf

    schrieb mal der Rheinische Merkur:

    "Die Idole, denen der letzte Wohllaut der Musik geopfert wird, hören auf die Namen Ellington und Armstrong, Presley und Haley." Ziel der Jugendverderber: "pseudomusikalische Rowdie-Sekten" heranzubilden, "um schließlich ungestört über ein Helotenvolk reizvergifteter und süchtiger Idioten gebieten zu können".

    Weitermachen, liebe taz, euer Niveau könnt ihr noch senken!

  • A
    Andras

    Der "Experte" ist, wie die "Terror-Experten", Meister im nachplappern von ungeprüften Behauptungen und Tatsachen.

     

    Unter taz-Niveau!

  • AB
    Arne Babenhauserheide

    Bei Computerspielen funktioniert man genausowenig als eine Maschine wie beim Sport. Man baut Reflexe auf, die man nutzen kann, um… naja, um… die Maus schneller zu nutzen.

     

    Sogar wenn man eine Plastikwaffe hat lernt man… naja… eine Plastikwaffe auf den Monitor zu richten.

     

    Die körperlichen Reflexe sind also bestenfalls wertlos.

     

    Bleibt das Argument der emotionalen Abstumpfung. Aber da halte ich es lieber mit den Kommentatoren @AlucartDante und @cyctologie.

     

    Wenn ihr das nächste mal einen Spielekritiker zur Sprache kommen lasst, fragt bitte auch Fangruppen des kritisierten Spiels - und macht ein Pro/Kontra o.ä., das sind nämlich meist eure interessantesten und tollsten Artikel!

     

    Fangruppen der Spiele sind schließlich meist nur eine Suchanfrage entfernt, und es gibt fast sicher schon viele unter Ihnen, die über genau die Problemstellungen bereits viel diskutiert haben und dadurch sehr informierte Meinungen liefern können.

  • ...

    Eine Sache macht mich sehr sehr traurig.

    Wenn uns der Staat bescheisst, überwacht und das dann rasukommt gibt es da unter dem Artikel maximal 10 Kommentare. Unter diesem hier sind es weit mehr.

    Ist das nicht traurig und total realitätsfern, dass man sich über virtuelles PC-Zocken mehr aufregt als über den Müll den die Regierung da draussen in der Realität täglich fabriziert?

  • B
    BiBo

    Oha.

     

    Zitat" Der Zugang zu Waffen und die Fähigkeit, sie zu bedienen, sind wichtige Faktoren für Amokläufe. Das weiß man durch kriminologische Studien."

     

    Ach so. Das kann man auch aus anderen Quellen wissen, denn jeder, der mal eine Waffe abgefeuert hat (z.b. beim Bund) weiß, dass das nichts mit dem zu tun hat, was man im TV sieht.

     

    Aber zum Thema. Leider fehlt eine Gegenmeinung und leider fehlt auch wieder der Hinweis, dass eine gewisse Medienkompetenz notwendig ist, um dem digitalen Leben klar zu kommen. Gibt es in Schulen nicht. Gibt es wohl in vielen Elternhäusern nicht.

     

    Gleichwohl, wo ist die Aussage? Das Spiele zur Brutalisierung beitragen können? Das man das Töten am PC üben kann? Ich glaube, da wird übertrieben. Die Soldaten der USA haben bestimmt nicht mit Counterstrike und mit der Maus und Tastatur trainiert. Da gibt es ganz andere Systeme, also nicht zu vergleichen.

     

    Zudem, es fehlt einfach mal eine Umfrage/Untersuchung, wieviele der Gamer das gaming auch ernst nehmen oder als das ansehen, was es ist. Unterhaltung*

     

    Geschmackssache

  • BK
    Benedikt Krainz

    Schusswaffen sind so konzipiert, dass sie der letzte Depp bedienen kann. Man muss auch kein Elektriker sein, um einen Glühbirne zu wechseln oder Feinblechner, um eine Konservenbüchse mittels Dosenöffner aufzubekommen.

     

    Dieser "Experte" sollte sich zu seinen Spielen äußern aber nicht zu Dingen, von denen er offenbar weniger als keinen Schimmer hat.

  • K
    Karl

    @ Redaktion,

     

    was laßt Ihr euch alles erzählen?

     

    Die Treffererraten der US-Army werden über die Jahrzehnte nicht besser! Wie deckt sich das mit den Aussaegn des Experten?

     

    Und es ist unehrlich deren Vorbereitungen mit PC-Spielen gleichzusetzen. Grossmann würde kotzen!

     

    Die Army verwendet nämlich Schießkinos wo mit den echten Waffen geschossen wird!

     

    Versucht das mal mit einem Redaktionsmonitor, die Unterschiede ergeben sich von selbst!

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • X
    xVegAnarchistx

    Es war so klar das dieser Schwachsinn jetzt wieder los geht, natürlich die Hemmschwelle sinkt durchs Zocken, anstatt all die Argumente zu wiederholen mit denen sich MIllionen Gamer seit Jahren gegen die regelmäßige Hexenjagg verteidigen müssen einfach ein nur ein schönes Zitat:

     

    "Wären Spiele wirklich so gefährlich hättet ihr draußen längst Krieg"

  • L
    Lars

    Hat der jemals selbst gespielt?

  • C
    cyctologie

    breivik hatte keine lust auf eine offene gesellschaft. wenn er behauptet ego shooter zum üben benutzt zu haben liefert er der: "wir müssen alles verbieten fraktion" argumente.

    wenn das internet gesperrt/gelöscht/zensiert ist wird er gewonnen haben. genau das selbe bei computer spielen. das war ein erwachsener mann und kein 11 jähriger der nen bildschirm nicht von der realität unterscheiden kann. er konnte das gut. er kannte den unterschied zwischen einer echten waffe und einer computermouse.

     

    wenn man das verbieten konsequent anwendet landet man bei einer hardcore version des extremen islamismus: keine spiele, keine musik, keine bilder, keine feste.

     

    der mann wendet alle argumente der freien gesellschaft, auch ihre widersprüchlichen an, um zu behaupten dann dürfe man alles. jetzt nicht nach seinen argumenten zu forschen und ihn einfach wegzusperren für immer oder todesstrafe wäre auch ein sieg für ihn, da das liberale rechtssystem beschädigt würde.

     

    die einzige art zu gewinnen ist ihn einsperren mit fernseher und internet und allem was er will um ihn täglich spüren zu lassen: seine freiheit ist weg. die der anderen hat überlebt. vllt macht er dann selbstmord. diese freiheit sollten wir ihm lassen.

  • JM
    J M

    Immer mehr Menschen spielen immer mehr.

    Sie fangen immer früher an und hören immer später auf.

    Dennoch gibt es heute in jeder Hinsicht weniger Gewalt. Es gibt heutzutage nur deutlich mehr Infos über diese Gewalt.

     

    Ich bin mit Egoshootern aufgewachsen und bin jetzt 29. Von welcher Generation, die jetzt erst erwachsen wird, reden sie Hr. te Wildt?

     

    Klar, mittlerweile ist es realistischer, aber die Fähigkeit Realität und Fiktion voneinander zu trennen, entwickelt sich ebenfalls weiter.

     

    Ich fahre auch nicht wie ein Berserker Auto, nur weil ich kurz vorher GTA oder ein Autorennspiel gespielt habe.

     

     

    "Die Fähigkeit eine reale Waffe zu bedienen spielte in diesem Fall eine viel größere Rolle als das Spiel. Der Zugang zu Waffen und die Fähigkeit, sie zu bedienen, sind wichtige Faktoren für Amokläufe."

     

    "Spiele sind für eine Tat wie die von Breivik einer von verschiedenen Faktoren und in der Regel nicht der entscheidende."

     

    Hätte man sich den Artikel da nicht viel lieber sparen können bzw. hätte er sich nicht viel besser um Schützenvereine, etc. drehen sollen?

  • V
    Verschmäher

    " Wir haben aber auch keine guten Zahlen, was die derzeitige Entwicklung betrifft, was unter anderem daran liegt, dass jetzt erst die erste Generation derjenigen erwachsen wird, die mit Shootern aufgewachsen sind."

     

    Was leider einmal mehr beweist, das die sog. "Experten" überhaupt keine Ahnung haben von der Materie. Die ersten Egoshooter sind etwa anfang der 90er erschienen. Die genannte Erstgeneration ist nicht nur erwachsen, sondern hat heute bereits Familie und Kinder. (die selber ins Spielealter kommen)

     

    Die Generation Spieler, die damals mit PC Magazinen wie Powerplay oder Videogames aufgewachsen ist, dürfte heute Ende 30 sein.

     

    Vielleicht sollten die TAZ ihrem "Spieleforscher" einmal erklären, das die Geschichte der Videospiele nicht erst mit Pokemon vor 10 Jahren angefangen hat.

    Dieser Mangel an fundiertem Wissen ist geradezu bezeichnend für die Spiele-Hetze der Medien.

    Nirgendwo zeigt sich der Qualitätsmangel von Journalismus deutlicher, als bei der Berichterstattung über virtuelle Welten.

  • H
    Hinweis

    In dem obenstehenden Artikel vom 28.07.2011 sind Sie der Frage nachgegangen, inwieweit die Angabe des Terroristen Breivik, er habe den Ego-Shooter „Modern Warfare 2“ als Teil seines Trainings betrachtet, zutreffen könne. In diesem Zusammenfang ließen Sie Bert te Wildt zu Wort kommen, nach dem solche Programme dazu verwendet werden könnten sich „wirkungsvoll auf Kriegsszenarien einstimmen“ sowie sich eignen würden um „die Hemmschwelle gegen das Töten zu senken“. Hierbei beruft er sich auf Ausführungen Grossmans über „Kriegssimulationen“.

     

    Hierzu stelle ich fest:

     

    1. Entgegen dem von Ihnen erweckten Eindruck plante Breivik sich mit Shootern weder auf seine Tat einzustimmen noch seine Hemmschwelle zu senken. Zur Einstimmung („moral bost“ – als „Essentiell“ markiert) plante er vielmehr „Lux Aeterna“ auf seinem mp3-Player zu hören (S. 901; 1344), während die Einnahme von Drogen die Tatausführung mental erleichtern sollte (S. 897). Der Ego-Shooter „Modern Warfare 2“ wird von ihm allein als Schusstraining empfohlen (S. 900), wobei das Training mit einer echten Waffen vorzuziehen sei.

     

    2. Insoweit sich Wildt auf Grossman stützt muss festgestellt werden, dass das reflexartige Schießen von diesem tatsächlich auf den Einsatz von „Simulatoren“ zurückführt, hiermit jedoch nicht Videospiele, sondern das reale Schießen auf „realistische Zielscheiben mit menschlichen Umrissen“ meint (Grossman/DeGaetano, S. 87.). Zwar werden Videospiele auch vom US-Militär genutzt, jedoch zu anderen Zwecken. Wildt hat selbst schon eingestanden, dass „es nicht im engeren Sinne bewiesen werden kann, mit welchem Ziel das Militär virtuelle Simulationen eingesetzt hat“.

     

    Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Breivik von Ihnen indirekt zugeschriebene Verwendung von Videospielen seiner Intention entsprach, noch es wissenschaftliche Belege für die Art der von ihnen angeführten militärischen Nutzung von Ego-Shootern gibt.

  • BG
    Breiviks Gegner

    "Diese Jugendlichen waren ganz klar Gegner für Breivik und er wollte möglichst große Wirkung erzielen."

     

    Als die Polizisten auftauchten hat sich B. widerstandslos ergeben.

    Er konnte Gegner von wehrlosen Opfern also klar unterscheiden.

  • G
    Games

    Wahnsinn! Jetzt kommt sowas schon wieder: "killerspiele!! Die haben schlechte Auswirkungen, Killerspiele!! Sind an allem Schuld!!" lasst doch bitte endlich pc und Konsolendpiele in ruhe! Immer gleich aufschreien und etwas finden, dem man alles in die Schuhe schiebt...

  • F
    FMH

    Eigentlich wollte ich diesen Artikel unvoreingenommen lesen, allerdings plärrte mir schon nach ein paar Zeilen die berühmte moderne Sage (oder soll ich sagen: dreiste Propagandalüge?) entgegen, dass Computerspiele genutzt werden, um die Tötungshemmung von Soldaten zu senken. Schön, dass er auch den Jack Thompson nahestehenden Hetzer Dave Grossmann, gründer der "Killology Research Group" zitiert. Danke liebe taz, dass du uns mit diesem unkritischen Interview gezeigt hast, dass du auch nicht besser bist, als jede andere dahergelaufene Zeitung.

  • SA
    Steht auf der Liste

    Ich hab nur die Überschrift gelesen und bin bedient. Ich kann mich kaum halten... Selten so herzhaft gelacht.

     

    Und wieder wird im Einheitsbrei gerührt:

    Natürlich war er Rechtsradikaler!

    Natürlich war er im Schützenverein!

    Natürlich war er Gärtner! (Der is es ja eh immer!)

    Natürlich war er Ego-Shooter!

    Dinge die so offensichtlich sind, dass sie schon wieder unglaubwürdig erscheinen...

     

    Und natürlich haben die Geheimdienste und Regierungen dieser Erde absolut nichts damit zu tun!

     

    Viele Jahre hat man das Volk verarscht und ihm erzählt das die Erde eine Scheibe ist. Genau so eine Scheibe stellt die heutige Politik dar!

     

    You can fool some people sometimes, but you can not fool all the people all the time! - Bob Marley und andere

  • DD
    Dicker Dieter

    Egoshooter fördern vor allem die Effektivität eines Amokläufers.

    Als erfahrener Spieler weiss ich, wo ich mich aufstellen muss, um ein ideales Schussfeld und Deckung zu haben, zum Beispiel am Ende eines Ganges und nicht auf einem freien Platz.

    Dieser Aspekt findet kaum Beachtung, ist aber sehr wesentlich.

  • J
    Jan

    Meine Güte! ... Ich bin übrigens auch ein ganz toller Experte für die menschliche Psyche und das dazugehörige Aggressionsverhalten. Nehme auch Kreditkarten und Schecks. Kann ihnen darüberhinaus sagen: das ist ja alles ganz schön schlimm mit diesen Kriegsspielen!

    Seit vielen Jahrtausenden spielen Kinder Krieg, Folter, ethnische Säuberungen und Repressionen jeder Art nach, um auf die Tage und Nächte vorbereitet zu sein, an dem sie all das brauchen und werden verinnerlicht haben müssen.

    Der nächste Krieg steht todsicher vor der Tür und wird todsicher auch eingelassen werden. So sind wir eben: irgendwo zwischen Zwangsrekrutierung, Fahnenflucht und Erschießungskommando. Und wenn sie dann zwangsrekrutiert sind, Herr Kollege, werden sie sich wünschen, auch "wie eine Maschine" funktionieren zu können. Allein diese Formulierung läßt tief, tief blicken in die sogenannte Güte ihres Schaffens und unserer Disziplin selbsternannter Menschenversteher. Wegtreten!

  • A
    AlucartDante

    "Und es ärgert mich, dass viele Medien heute schreiben, kausale Zusammenhänge zwischen Spielen und Gewalt seien nie nachgewiesen worden."

     

    Und mich ärgert, wenn ein Artikel in der TAZ so wirkt, als ob das nachgewiesen wurde. Als Medienpädagoge kenne ich die unzähligen Studien zu dem Thema. Aber es gibt nur genau zwei seriöse Metastudien dazu, die von Ferguson und die von Anderson. Beide kommen zu komplett verschiedenen Ergebnissen!

     

    aber sonst ist das Interview ganz gut...

  • GH
    Guido H.

    Mag ja sein, dass die PC-Spiele gut auf das wikliche Schießen vorbereitet. Und beim Hand- oder Basketball lerne ich Mollis werfen...

  • N
    noevil

    Unser Sohn ist von Beruf Game-/Level-Designer und musste sich nur aufgrund der Nennung seines Berufes schon übelst agressive verbale Attacken gefallen lassen von Leuten, die andererseits die Gemeinschaft der Waffenbesitzer und Schützenvereine "bis auf's Messer" verteidigen.

     

    Wie lässt sich diese demokratische Schieflage aus Ihrer Sicht erklären? Wann und vor allem wo macht diese üble Heuchelei halt?

  • Y
    Yadgar

    Die Gewalttaten gehen zurück, es wird mehr gedaddelt - wundert mich nicht! Um Gewalttaten zu begehen, muss man raus in die reale Welt, auf jeden Fall weg vom Computer - aber gegen die geballte Reizflut elektronischer Medien hat das ganz gewöhnliche Leben da draußen weniger denn je eine Chance, zumal sich die Welt außerhalb der vier Wände mehr und mehr in einen zweitklassigen Abklatsch des Internets verwandelt. Wenn ich draußen auf Schritt und Tritt auf großformatigen Anzeigetafeln mit dummdreister Privatfernseh-, Handy- und Zigarettenwerbung (die ich anders als im Internet nicht einmal wegklicken kann!) zugebrüllt werde und sich die Menschen um mich herum auch mehrheitlich mit mobiler Unterhaltungselektronik auf den Ohren ausklinken, bleibe ich doch lieber zu Hause und surfe im Netz, das ist wenigstens interaktiv...

  • L
    Leo

    Warum wird aus diesem Interviews immer wieder eine Punchline wie jetzt "Das Üben ist möglich!" gemacht?

     

    Das Interview ist voller "Aber eigentlich wissen wir gar nichts"-Wendungen. Warum ist die Einleitung zu solchen Interviews niemals "Genaue Auswirkungen sind nicht absehbar. Das meiste sind Vermutungen."?

     

    Zum Interview:

    Die Erkenntnis, dass ein ideologisch radikalisierter und psychisch womöglich kranker, jahrelanger Sportschütze mit Ego-Shootern unter Umständen auch wirklich das Schießen mit geübt hat. Tut mir leid, das ist schwach.

  • R
    Robin

    Die erste Generation von Ego-Shooter-Spielern wird nicht gerade erwachsen, sie ist es schon lange. Ich bin 28 Jahre alt. Seit ich ca. 13 bin existieren solche Spiele und wurden von Millionen von Kindern und Jugendlichen gespielt. Das fing mit Doom, Quake, DukeNukem3D etc. an und geht bis heute, wobei auch in meinem Freundeskreis noch heute regelmäßig Spiele dieser Art gespielt werden.

     

    Wenn man bedenkt wieviele Amokläufe und ähnliche Taten seitdem begangen wurden, sollte auch dem letzten "Experten" klar werden, dass da kein großer Zusammenhang bestehen kann...