Kommentar Frauenquote: Wieder fast am Nullpunkt

Mit der Kuschelquote der DAX-Unternehmen bleiben Vorstände und Aufsichtsräte weitgehend frauenfrei. Wieder mal zeigt sich, dass die Blockadewand der Wirtschaft ziemlich massiv ist.

Da haben die DAX-Unternehmen Frauenministerin Schröder sauber hereingelegt: Sie haben die Geschlechterquote so zurechtgestutzt, dass sie ihnen nicht mehr wehtun kann – sie gilt nämlich nur für das mittlere Management. Vorstände und Aufsichtsräte bleiben dagegen weitgehend frauenfrei.

Dabei hatte alle Welt erwartet, dass die Firmen ihre Pläne einer selbst gewählten "Flexiquote" für ihr Topmanagement vorstellen würden. Stattdessen boten sie am Montag eine Kuschelquote für die mittlere Ebene an, in der bereits jetzt viele Frauen kleben bleiben, anstatt in Toppositionen aufzusteigen. Dort werden sich demnächst weitere Managerinnen auf den Füßen herumstehen. Die heikle Debatte über die obersten Führungsgremien haben die Bosse schlicht verweigert. Mit anderen Worten: Dort wird nichts bis wenig passieren.

Die peinlichste Rolle in der ganzen Chose spielt Frauenministerin Schröder. Strahlend verkündet sie, sie habe eine Wette gewonnen: Kein Unternehmen bleibe bei seinen Zielzahlen unterhalb von 10 Prozent. Gemeint waren im Vorfeld aber immer Vorstände und Aufsichtsräte in allen Großunternehmen - nicht Abteilungsleiterinnen bei der Commerzbank.

Am Ende des Schauspiels stehen wir also wieder fast am Nullpunkt. Wieder mal zeigt sich, dass die Blockadewand, die die Wirtschaft jeder Art von gesetzlicher Quote in den Weg mauert, ziemlich massiv ist. Denn nichts anderes ist ihre hübsche Liste, in denen Quoten von 15 Prozent bis 2020 im Mittelmanagenment und Ähnlichem aufgezählt sind: ein Bollwerk gegen ein anspruchsvolles Geschlechterquotengesetz.

Man erinnert sich: 2001 hat der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder schon einmal ein Gleichstellungsgesetz mithilfe einer freiwilligen Verpflichtung gekippt. Das versuchen die Unternehmen nun einfach wieder: Ein bisschen Entgegenkommen hier, ein bisschen Drohen bei der Kanzlerin da, dann werden sich die Mädels das mit dem Gesetz schon nicht trauen.

So haben die Konzerne von der Leyens 30-Prozent-Quote nun wohl ziemlich sicher verhindert. Denn von ihrer Minimalvariante werden sie und damit auch die FDP höchstens bis zur Flexiquote klettern. Und noch nicht mal das ist sicher. Trotzdem wird man sich demütigenderweise sogar darüber freuen müssen.

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Jahrgang 1968, ist seit langem Redakteurin für Geschlechterpolitik in der taz und im kulturradio vom RBB. Von ihr erschien unter anderem das Buch „Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam“. 2009 wurde sie mit dem Preis „Der lange Atem“ des Journalistenverbands Berlin Brandenburg für die Berichterstattung über Geschlechterstereotype ausgezeichnet.

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