Menschenrechtsorganisationen rügen: Deutschland weicht Folterverbot auf

Amnesty International kritisiert die Kooperation Deutschlands mit Folterstaaten. Terrorverdächtige wurden mehrmals in solchen Ländern befragt.

Nie aufgeklärt: die Verschleppung des Khaled El-Masri. Bild: dapd

BERLIN taz | Mehrere angesehene Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass Deutschland bei der Terrorismus-Bekämpfung mit Staaten zusammenarbeitet, in denen gefoltert wird, darunter Pakistan, Syrien und Usbekistan. Dadurch werde das absolute Folterverbot aufgeweicht, so der Vorwurf an die deutsche Bundesregierung.

Anlass für die Kritik ist eine Anhörung Deutschlands vor dem UN-Antifolterkomitee am kommenden Freitag in Genf, für die Amnesty International und das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) eigene Schattenberichte verfasst haben. Diese wurden am Montagabend in Berlin von Vertretern der Menschenrechtsorganisationen vorgestellt. Gerügt wird in den Schattenberichten unter anderem, dass deutsche Sicherheitsbeamte in den vergangenen Jahren in mehreren Fällen Terrorverdächtige in Gefängnissen von Staaten verhörten, die für die regelmäßige Anwendung von Folter berüchtigt sind.

Erwähnt wird darin etwa der Fall von Scherali Asisow. Der Terrorverdächtige war im Verfahren gegen die sogenannte Sauerlandgruppe im Jahr 2008 von Beamten des Bundeskriminalamts und der Bundesanwaltschaft in einem Gefängnis in der usbekischen Hauptstadt Taschkent im Beisein von Geheimdienstlern des diktatorischen Regimes befragt worden. In usbekischen Gefängnissen wird laut Amnesty International "systematisch" gefoltert.

Wie die taz im Frühjahr dieses Jahres aufdeckte, starb der inhaftierte Asisow im November 2010 dann unter dubiosen Umständen im Alter von 34 Jahren. Amnesty International verlangt von Deutschland, alles zu tun, um die Umstände von Asisows Tod aufzuklären. Das ECCHR fordert, deutsche Sicherheitsbeamte sollten Häftlinge in Ländern, die fürs Foltern berüchtigt sind, in Zukunft überhaupt nicht mehr befragen.

Überzogene Geheimhaltung der Regierung

Auch der sogenannte BND-Untersuchungsausschuss von 2006 bis 2009 hatte sich mit einem Fall beschäftigt, in dem deutsche Sicherheitsbehörden einen Terrorverdächtigen in einem Folterstaat befragten: Mohammed Haydar Zammar, ein Deutsch-Syrer, der kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 von der CIA in ein syrisches Foltergefängnis verschleppt worden sein soll und schließlich im Jahr 2007 wegen angeblicher Mitgliedschaft in der in Syrien verbotenen Muslimbruderschaft zu 12 Jahren Haft verurteilt wurde.

Nach Ansicht von Amnesty International und dem ECCHR wurde weder die Rolle deutscher Geheimdienste und Ermittlungsbehörden im Fall Zammar, noch die Rolle Deutschlands bei den ebenfalls von den USA verschleppten Khaled El-Masri und Murat Kurnaz vom BND-Untersuchungsausschuss ausreichend aufgeklärt. "Diese Aufklärung ist gescheitert, weil die Bundesregierung viele Informationen zurückgehalten hat", sagte Amnesty-Völkerrechtsexpertin Maria Scharlau am Montagabend.

Auch das Bundesverfassungsgericht hatte die überzogene Geheimhaltung der Regierung gegenüber dem Untersuchungsausschuss im Sommer 2009 als verfassungswidrig bezeichnet - doch der hatte damals seine Beweisaufnahme schon abgeschlossen. Für Menschenrechtler bleiben in allen drei Fällen bis heute viele Fragen offen. Sie hoffen, dass das Antifolterkomitee der UN nun noch mal etwas Druck auf Deutschland ausübt.

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