Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: "Das ist doch eine Frechheit"

Ist der Schiri hacke-dicke-voll, dann wird zumindest noch bis zum Ende gespielt. Viel schlimmer ist, wenn er die Rote Karte so lange zückt bis er ganz allein auf dem Platz steht.

Schwarze Sau!" - so lautet ein beliebter Schlager in den Fußball-Fankurven, obwohl ja die Schiedsrichter heutzutage von chagallblau über marrakeschgelb bis aloegrünmetallic alle Trendtöne der Farbpalette als Trikotfarbe tragen. Nur klingt halt "Aloegrünmetallicfarbene Sau" nicht ganz so durchschlagskräftig wie das Original.

Zurzeit jammern wieder mal alle über die Schiedsrichter, ob wegen passivem Abseits, Raúls Hand-Fuß-Tor oder den Steuerbetrügereien via Fifa. Aber mal ganz ehrlich: Es könnte noch viel schlimmer sein.

So gab es vor vielen Jahren ein Amateurspiel in der unterfränkischen C-Klasse, das für Furore gesorgt hat. Schuld daran war ein unglückseliger Schiedsrichter namens Knoblauch aus Randersacker. Beim Match zwischen dem TSV Obernbreit und dem SV Gelchsheim stellte er in der 66. Minute den Gelchsheimer Spieler mit der Nummer drei, Heimann, wegen Reklamierens vom Platz.

Da kam Nummer sechs, Pellet, und schrie: "Das ist doch eine Frechheit", und sah ebenfalls die Rote Karte.

ACHIM BOGDAN schreibt für die taz.

Die Nummer vier von Gelchsheim, Weißkopf, kommentierte das mit "Du kannst mich auch gleich vom Platz stellen", was Schiri Knoblauch prompt ausführte.

Da bekam ein Zuschauer einen Tobsuchtsanfall und rief: "Du Drecksau gehörst erschlagen, du schwarze Sau gehörst geschlachtet, du Idiot, wo hast du deine Prüfung gemacht, wir müssen uns immer mit solchen Deppen abgeben!"

Und raus bist du

Der Schiedsrichter fragte daraufhin den Spielführer von Gelchsheim, Ortwein, wer der Zuschauer sei, denn er hatte diesen zuvor mit der Mannschaft gesehen. Weil sich die Nummer fünf weigerte, den Namen zu sagen, zeigte ihm Knoblauch die Rote Karte.

Auch der Torwart, Müller, schwieg auf die Frage und sah Rot.

Das Gleiche wiederholte sich mit Spieler Nummer zwei, Berger, der vom Platz flog, dann Nummer neun, Hochfeld, Nummer 13, Schiek, Nummer acht, Fach, Nummer zehn, Hammer, und Nummer sieben, Hahn.

Am Schluss war keiner mehr da. Das Sportgericht attestierte Knoblauch später eine "Überreaktion, die nicht unbedingt der Lehrmeinung entspreche", und bis heute steht der Rot-Rekord im deutschen Fußball.

Ebenfalls in Unterfranken hat vor einem Monat ein Schiedsrichter keine eineiigen Zwillinge gemeinsam spielen lassen. Er unterbrach die Partie TSV Sackenbach gegen SV Bischbrunn, nachdem Sackenbachs Trainer ein Zwillingspaar eingewechselt hatte.

Zwillinge dürfen nicht

Begründung von Schiri Reinhold Bieberich: Er sei früher mal bei einem Spiel niedergeschlagen und verletzt worden. Der mutmaßliche Täter sei seinerzeit freigesprochen worden, weil er Zwilling war und nicht einwandfrei identifiziert werden konnte. "Auch wenn es falsch ist, aber seitdem lasse ich keine Zwillinge mehr spielen", so der Schiri.

Im Harz gab es vorletzte Woche eine Spielabsage durch einen imaginären Schiedsrichter. Am Tag vor dem Spiel 1. FC Freiheit Osterode gegen den VfL Herzberg rief ein Mann bei der für den Platz zuständigen Stadt Osterode an und sagte: "Hallo, ich bin der Schiedsrichter, ich werde das Spiel morgen nicht anpfeifen, weil der Platz nicht bespielbar ist."

Also sagte die Stadt das Spiel kurzerhand ab. Das Spielfeld war aber in wunderbarem Zustand, der Anrufer hatte sich einfach als Schiri ausgegeben. Inzwischen heißt es, die Herzberger hätten einfach nicht genug Spieler gehabt bzw. wären terminmäßig überlastet gewesen.

Schwarz und sturzbesoffen

In Tschechien ist soeben ein Regionalligaspiel annulliert worden, weil der Schiedsrichter sturzbesoffen war. Dieser habe schon zu Spielbeginn "gestunken wie eine Schnapsbrennerei", so Karel Dusek vom Verein Jestrabi Lhota. Der Unparteiische hatte gar keinen Hehl daraus gemacht, dass er direkt von einer feucht-fröhlichen Geburtstagsfeier kam.

Es folgten drei völlig rätselhafte Platzverweise und zahlreiche Stürze des Schiris, dessen Trikot total verschmutzt war. In der Pause stellte die Polizei bei dem Mann 1,94 Promille fest, konnte aber die zweite Halbzeit nicht verhindern, weil es in Tschechien kein Gesetz gegen besoffene Schiedsrichter gibt.

In Holland pfiff der Unparteiische Edwin Van der Grapp so miserabel in der Zweiligapartie FC Oss gegen Almere City, dass nach Spielende ein wütender Rentner versuchte, den Schiri mit seinem Elektrorollstuhl zu überfahren.

Und in Belgien lag Peter Verwecken in einem Erstligaspiel mit einer Foulelfmeterentscheidung total daneben, wollte sie aber auch nicht mehr revidieren, sondern flehte den Torwart an: "Retten Sie mich! Halten Sie den Elfer, bitte!" (Was der Keeper aber nicht schaffte.) Da sieht man mal wieder: Haben WIR ein Glück mit unseren Bundesliga-Schiris und -Liris (Linienrichtern)!

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