Vision vereinigtes Europa: Das Volk befragen oder nicht
Verfassungsrichter Voßkuhle und Parlamentspräsident Lammert diskutieren über einen europäischen Staatenbund. Wie sie den erreichen wollen, ist strittig.

Sind sie schon heimliche Realität? Die "Vereinigten Staaten von Europa". Bild: dpa
Andreas Voßkuhle würde sich selbst sicher als optimistischen Menschen beschreiben. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts ist einer der wenigen Köpfe, die sich derzeit dazu äußern, wie Deutschland in einem Vereinigten Bundesstaat Europa aufgehen könnte. Wie lässt sich eine solche Integration verfassungsgemäß organisieren?
Und wie kann jeder einzelne Bürger dabei mitreden? Fragen wie diese diskutierte Voßkuhle am Donnerstag mit Norbert Lammert, dem Präsidenten des Bundestags. Schnell kristallisierte sich bei der Diskussion im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus heraus, dass die Präsidenten der beiden Verfassungsorgane die Dringlichkeit einer solchen Debatte sehr unterschiedlich bewerten.
Voßkuhle ärgert die Tabuisierung des Themas durch die Politik. "Eine schleichende Transformation" in einen solchen Bundesstaat finde nämlich längst statt, argumentiert er. "In der politischen Agenda wird aber so getan, als liege er in weiter Ferne." Für diese These spricht die Aufregung, die Arbeitsministerin Ursula von der Leyen im Sommer entfachte, als sie als Ziel die "Vereinigten Staaten von Europa" ausrief. Helle Empörung in der Koalition und ein Rüffel durch die Kanzlerin waren die Folgen.
Streit um eine Volksabstimmung
Voßkuhle jedoch hält eine Debatte darüber für geboten, um dem Integrationsprozess die nötige Legitimation zu verschaffen. Und er plädiert in diesem Zusammenhang für eine Volksabstimmung. "Man kann ein europäisches Haus nicht gegen den Willen des Volkes bauen", benennt er den politischen Grund für ein Plebiszit. "Gerade in Krisenzeiten müssen wir sagen können, ja, wir haben dieses Europa alle gewollt."
Er weist zudem schon lange darauf hin, dass die Grenzen des Grundgesetzes bei der europäischen Integration erreicht seien. Um in einem Bundesstaat Europa aufgehen zu können, brauche Deutschland eine neue Verfassung. Voßkuhle geht davon aus, dass diese über eine Volksabstimmung beschlossen werden müsste. Er beruft sich dafür auf Artikel 146 des Grundgesetzes.
Lammert begegnet dem mit Skepsis. Selbst unter dem Eindruck der relevantesten Krise, die die EU seit ihrem Bestehen erlebe, gebe es nirgendwo in der Staatengemeinschaft die Bereitschaft, den Sprung vom Nationalstaat in einen Staatenbund zu wagen, sagt er. Ihm sei die Debatte zu hypothetisch, deswegen sei auch die Andeutung "virtueller Grenzlinien" durch das Verfassungsgericht wenig hilfreich.
Abschied vom Nationalstaat?
Er plädiert dafür, in der Debatte Vorsicht walten zu lassen - und weist auf das Gewicht deutscher Entscheidungen hin. Sowohl das deutsche Verfassungsgericht als auch der Bundestag würden in Europa als wichtige Player wahrgenommen, analysiert er.
"Wenn in Deutschland eine ernsthafte operative Diskussion beginnt, wird dem letzten Europäer klar, dass es keine Fortschreibung der langsamen Integration ist, sondern der ultimative Sprung. Und genau das wird ihn verhindern." Dahinter steckt eine weitere skeptische Annahme: Die Bereitschaft, sich vom Nationalstaat zu verabschieden, sagt Lammert, sei in allen anderen europäischen Staaten viel weniger ausgeprägt als in Deutschland.
Lammert wie Voßkuhle eint also das Ziel. Beide wollen mehr Integration, beide stehen einem Staatenbund aufgeschlossen gegenüber. Doch während der eine glaubt, nur Offenheit könne ihn legitimieren, glaubt der andere, genau diese Offenheit wirke zerstörend.
Leser*innenkommentare
steffenZubrick
Gast
Es ist unglaublich mit welcher Dreistigkeit
dumme, phantasielose, überbezahlte,
und antideutsche Dünkel-Intellektuelle sich aufmachen
dieses Land auflösen zu wollen,
welches unter stärksten Schmerzen und Verwerfungen
härter,um sein Überleben und um seine
Nationwerdung zu kämpfen hatte als irgendein
anderes Land auf der Welt.
Hier fanden der 30-jährige Krieg,
die Weberaufstände, die Kriege gegen zig Napoleons,
der erste, zweite Weltkrieg und der kalte Krieg statt.
Und noch weiter früher wurde das Römische Joch überwunden.
Dieses Land hat für seine Identität gekämpft.
Dabei war es vor allem im zweiten Weltkrieg
ein Tätervolk, sonst aber in Verteidigerposition,
da im ersten Weltkrieg Prinz Ferdinand
in Sarajevo ermordet worden ist.
Endlich leben wir in vernünftigen Verhältnissen.
Diese wurden vor allem intellektuell schwer erkämpft
(besonders wichtig das Grundgesetz, wichtiger als
die technischen Errungenschaften).
Und nun sind die Leute feige, dummgebildet
und durch Kinderbetreuungseinrichtungen
wehrlos und politisch korrekt oder komplett asozial.
Sicherlich brauchen wir eine bessere Sozialkultur.
Aber Griechenlands Probleme beruhen auf Korruption,
Unsolidarität der Reichen und einer Erziehung des schweigsamen
Duldens seitens der Zivilbevölkerung bis
die positiven Proteste der Bevölkerung doch noch
eintraten(leider zu spät).
Solche Probleme sind auch in Deutschland vorhanden.
Der Wohlstand, so bescheiden er im Vergleich zu
Schweden, Niederlande, Schweiz auch sein mag,
war sehr, sehr hart erarbeitet und
das Grundgesetz und die britische und amerikanische
Besatzung der größte Segen für dieses Land.
Nie wieder unter einem fremden Joch,welches über
unsere Entfaltungsmöglichkeiten und Wohlstand
böswillig gebieten will.
Nie wieder.
Hätte es in den 90er Jahren die längst überfällige
Energieumstellung auf erneuerbare Energien gegeben
und wäre der EURO nicht gekommen, dann würden wir
heute nicht in Schulden versinken und hätte nicht
so gravierende Probleme in Europa!!!!!!!!!!!!!!!!
Das Problem ist die Langsamkeit der Politik
und die träge Wohlstandsverwöhntheit der Industriellen, die verhindert das die Einzelstaaten
in Fragen der Energie autark und umweltschonend werden. Wir haben 15 Jahre uns zu niedrige Ziele
im Energiemanagement und -bereitstellung gesetzt
und Eigenverantwortlichkeit der Regierungen vor
Ort auf ein unzulässig niedriges Niveau nach unten
geschraubt.
Und in der Korruptheit von Politik und
Finanzelite wurden Handelsinstrumente
demokratisch unlegitimiert geschaffen, die
den Wohlstand der westlichen Volkswirtschaften
zu Gunsten weniger Superstrategen und BRIC-Staaten auffressen.
Die Bankentechnokratie darf nicht mehr weiter
demokratische Völkerrechte aushöhlen.
Wenn die o.g. Politiker selber nicht
mehr an Ihr Können glauben ist das berechtigt, aber
dann müssen eben auch bessere Politiker endlich
her.
Wie können solche Idioten eigentlich unsere
Zukunft, unsere Identität zur Disposition stellen?
Egal was für einen Dreck sie gelernt und gelebt haben. Sie stehen nicht für dieses Land.
Schafft diese Berufspolitiker ab und
stellt die desaströse Erziehung der tauben,
sträflich vernachlässigten Jugend mit HarzIV-Karriere
an den Pranger!
Ich will in meinem eigenen Land meines Glückes
Schmied sein mit Schicksalsgenossen(Mitbürgern) für nur begrenzte Zeit
FÄHIGE Politker wählen, die im Wettbewerb und Kooperation die allgemeinwohlförderndste Politik
ausführen, welche ein gebildetes und praxisbewährtes
Volk mit Referenden tatkräftig unterstützt, dabei
aber niemals von Medien korrumpiert wird und
niemals seine Existenz zur Disposition stellt-niemals!!!!
Wenn noch ein Rest an Vernunft besteht:
Dann wird es endlich Zeit zu überprüfen, wer
wem hier was schuldet!!!!!!!!!!!!
Dem griechischen Reichen ohne nennenswerte
Arbeitnehmerbeschäftigung, der sein Geld
schnell außer Landes geschmuggelt hat und nun
auf den Staatsanleihenzins pocht, schuldet man nichts.
Wo lag denn der volkswirtschaftliche Nutzwert
der geleisteten Transaktionen?
Die gewaltigen Forderungen gegenüber Griechenland
zum Beispiel müssen doch für bestimmte Leistungen
verlangt worden sein.
Bei soviel Schulden müßten die Städte doch
aus Palästen bestehen und die Medizin und Bildung
in Griechenland unangefochtene Weltspitze sein??!
In Fällen von groben Baupfusch, Korruptionsgeldern,
Scheingeschäften,
Wucher, Mangeldienstleistungen müssen Abschläge
endlich vorgenommen werden.
Kriminelle Geldwäscher sollten auch Ihre
Gläubigerrechte verlieren.
Deutschland soll nicht für andere Länder kapputt- gehen.
Eine Geschäftemacherei ohne im Zyklus organisierte Nutzwerterbringung ist ein Schuldensystem.
Hätten die Griechen umfangreiche exklusiv reduzierte Dienstleistungsangebote im Tourismus, Medizin,
Energieversorgung/-bereitstellung und
Öffnung des Privaten Krankenhauswesens erlaubt,
hätte schnell ein eventueller Arbeitsplatzmangel
beseitigt werden können.
Die soziale Lage wäre positiv und
die Händlerstimmung wegen berechenbarer positiver
Binnenmarktdaten auch.
Die Griechen können etwas
anbieten, aber dumme, deutsche Politiker denken-
alle müßten ein Industrieland sein.
Damit sägen wir uns den Ast ab auf dem wir sitzen
und verschandeln die schönsten, verbliebenen Flecken
Europas!!!!
Schenkt dem Land eine immer noch moderate Inflation von 6%
und legt mit für Sie wieder die alten
Lebensmittelüberschüsse an. Die Natur braucht
Verschwendung zum Überleben (Millionen Spermien
werden zur Befruchtung nur einer Eizelle produziert;
Pflanzen versorgen Bienen überreichlich mit
Nektar zur Sicherung ihres gegenseitigen
Fortpflanzungserfolges).
Gebt uns Deutschen wenigstens das alte Europa vor der
EURO-Einführung wieder.
Kauft bei starker DM auf den Weltmärkten die
Rohstoffe günstig ein bis sich der Markt beruhigt hat.
Ehret Eure Länder und baut keine neuen
Apparatschiks auf!!!!!!
Macht Spanien, Portugal, Griechenland, Italien
fit die Zukunft mit Biobenzin
und Solarthermie, Solarkraft, Gezeitenkraft,
Biomasse-Kraft-Wärmekopplungsanlagen(
bei den Massen an Ernteabfällen sehr wichtig).
Investiert einmal in die wichtigen Dinge
(und NICHT in kolossale Baudenkmäler, Straßen und Monokulturen, Industriebrachen, Atomindustrie)!!!!!!!!!!
Leidkultur
Gast
"Die Bereitschaft, sich vom Nationalstaat zu verabschieden, sagt Lammert, sei in allen anderen europäischen Staaten viel weniger ausgeprägt als in Deutschland. "
Ich kenne niemanden, der sich vom Nationalstaat verabschieden will. Und ich kenne viele.
Wir werden inzwischen schlimmer belogen als im Osten.
WaltaKa
Gast
Entschuldigung, "das Volk beteiligen oder nicht". Alleine wer diese Frage stellt, handelt gegen die Menschen. Das Volk fragen.Und das Ergebnis eines einzigen Wahlganges, egal mit welchem Ausgang, anerkennen. Stimmt das Volk gegen die EU, wird diese rückabgewickelt und wir werden dabei hoffentlich nicht "alternativlos" totgeschlagen. Momentan arbeitet die politische Klasse im Geiste absolutistischer Herrscher mit Lügen und Tricks über die Köpfe (und Interessen?) der Völker hinweg. Wer soetwas wie die EU durch zieht und dabei von Demokratie faselt, ohne jedoch das Volk -demokratisch eben- zu befragen, handelt antidemokratisch. Das ist auch die aktuelle Verfasstheit der €EU. Stimmt das Volk dagegen, dann kann man es ja ganz EU-Demokratisch, wie schon mehrmals gezeigt, solange abstimmen lassen, bis den Herrschenden das Ergenbnis genehm ist. Zur Not kann man ja die Regierung des jeweils rebelllischen Volkes austauschen, gelle. Ach ja, kann sich jemand erinnern, dass uns dumbem Volk jemand aus der Herrscherklasse und deren medialen Propagandisten den geplanten "ESM-Gouverneursrat" erläutert hat? Oder uns ganz demokratisch die Inhalte der ominösen EU- und €-Verträge (wahrheitsgemäß und vollständig) vorstellte, z.B. in aller Ruhe im Fernsehen (bis hin zum Verhalten der Polizei bei "Aufruhr"? U.s.w. Soweit zu den demokratischen Gegebenheiten. P.S.: wer wie Merkel behauptet, ohne EU gäbe es Krieg, muss sich die Entgegnung gefallen lassen: mit der €EU kommt es zwischen den Völkern zu Zerwürfnissen. Merkel z.B. wird in Griechenland ja nicht als feine Lady sondern als "Hitler" dargestellt. P.s.: es wird gemunkelt, dass die politisch-wirtschaftlich-mediale Klasse dieses Landes schon an Wegen arbeitet, das Volk zum Thema EU ausschalten zu können. Es werde an kleinteiligen technischen Lösungen gearbeitet, die eine Volksbefragung (und das GG) umgehen lassen, heisst es. "Und die Lüge wurde zur Wahrheit" so sinngemäß Orwell in 1984.
Richard Detzer
Gast
Immer die Gleichen, immer das Gleiche.