Einwanderung nach Deutschland: Gastarbeiter 2.0

Die Zahl der Zuwanderer aus Griechenland und Spanien ist deutlich gestiegen. Deutsche Firmen freut's: Sie suchen vor allem Fachkräfte.

Auch Schauspieler packen in Spanien ihre Koffer: Protest in Pamplona. Bild: dapd

BERLIN taz | Immer mehr Zuwanderer aus den krisengeschüttelten EU-Ländern Spanien und Griechenland kommen nach Deutschland. Im ersten Halbjahr 2011 stieg die Zahl der Zuzüge aus Griechenland gegenüber dem ersten Halbjahr 2010 um 4.100 Personen, das war ein Plus von 84 Prozent. Aus Spanien kamen 49 Prozent beziehungsweise 2.400 Menschen mehr nach Deutschland als im Vorjahreszeitraum. Insgesamt stieg die Zahl der Zuzüge aus den EU-Staaten um 29 Prozent.

Im Unterschied zur "Gastarbeiter-Welle" vor einigen Jahrzehnten haben hiesige Firmen heute großes Interesse an Fachkräften. Knapp 100 spanische Ingenieure waren auf Einladung der "Wirtschaftsförderung Region Stuttgart" im Dezember für zwei Tage nach Stuttgart gekommen und hatten dort bei mittelständischen Firmen vorgesprochen. Mit einem der jungen Ingenieure hat Berenice Gommel, Geschäftsführerin des Automobilzulieferers Gotech in Weissach jetzt einen Arbeitsvertrag geschlossen. "Das Interesse, hier zu arbeiten, ist groß", sagt die Firmenchefin.

Im Zuge der kollektiven Anwerbeaktion hatten sich die InteressentInnen zuvor bei den spanischen Jobbehörden auf die Stellenangebote aus Deutschland gemeldet und ihre Bewerbungen per Mail abgegeben. Die von der Arbeitsagentur angesprochenen Mittelständler im Raum Stuttgart wählten daraufhin bestimmte Leute aus. 96 IngenieurInnen, darunter 17 Frauen, flogen von Barcelona für zwei Tage nach Stuttgart. Daraus ergaben sich immerhin 15 konkrete Arbeitsangebote für die Fachleute. Notwendige Nachgespräche wurden auch noch per Skype geführt. Einige Ingenieure haben ihren Arbeitsvertrag schon unterschrieben. "Die Aktion hat sich gelohnt", sagt Helmuth Haag, Sprecher des Netzwerks "Wirtschaftsförderung Region Stuttgart".

Übers Intranet angeworben

Die Firma Gotech hatte auch direkt in Spanien über das Intranet der Universitäten um Absolventen der Ingenieurstudiengänge geworben. Es meldeten sich 70 Interessenten, erzählt Gommel. Außer dem neuen Mitarbeiter sind bereits zwei Spanier in dem Unternehmen tätig.

Man müsse abschätzen, ob der Neuankömmling langfristig in der Firma bleibe, denn er bedeute zu Beginn "auch eine Investition", sagt Gommel. So können manche der Fachkräfte kaum Deutsch und lernen das erst berufsbegleitend. "Mit unseren Kunden müssen sie sich auf Deutsch verständigen können", erklärt die Geschäftsführerin.

Wer einen Deutschkurs mit abschließender Prüfung macht, kann mit einem Zertifkat beweisen, dass er etwa das Level B1 erreicht hat, sich also an Unterhaltungen im Alltag beteiligen kann, oder gar über das Level B2 verfügt, also komplexere Zusammenhänge auszudrücken vermag. In Industrie und Handwerk werde oft das B1-Level verlangt, erzählt Günter Neuhaus, stellvertretender Leiter des Goethe-Instituts in Berlin. Ärzte aus dem Ausland, die hier arbeiten wollen, müssten über das B-2-Level verfügen. In einem Vollzeitkurs brauche man etwa acht Monate, um dieses Niveau zu erreichen.

Der neue Zustrom aus den EU-Ländern aber reicht nicht an frühere Zeiten heran und gleicht auch nicht die Verrentungen der ehemaligen "Gastarbeiter" aus. So ist in der Langzeitstatistik die Zahl der Spanier in sozialversicherungspflichtigen Jobs in Deutschland vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2010 um 17 Prozent auf 34.202 gesunken, die der Griechen ging um 23 Prozent auf 85.526 zurück.

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