Veränderte Unterhaltsregeln: Trennungskinder sind arm dran

Alleinerziehende beklagen, dass sich die Bedingungen beim Unterhaltsvorschuss verschlechtern. Doch das Ministerium sieht nur Vorteile durch die Veränderungen.

Zahlt der Vater die Kita-Gebühr statt Unterhalt? Bild: dpa

BERLIN taz | Eigentlich hatte die Regierung angekündigt, das bürokratische Verfahren zum Unterhaltsvorschuss zu vereinfachen, doch die Nebenwirkungen sind unschön: "Die neue Regelung bringt Nachteile, gerade nach einer Trennung", sagt die 38-jährige Berlinerin Marlies Maier (Name geändert), deren Ehe vor einiger Zeit in die Brüche ging. Der Unterhaltsvorschuss kann künftig nicht mehr rückwirkend beantragt werden - und das ist nur einer der Nachteile, die Alleinerziehende jetzt befürchten.

Als "Unterhaltsvorschuss" bezeichnet man den Betrag, den der Staat der betreuenden Mutter oder auch dem betreuenden Vater gewährt, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil nicht zahlen kann oder will. Die Zahlung vom Amt wird nur bis zu einer Dauer von 72 Monaten, also sechs Lebensjahren des Kindes geleistet. Nach dem 12. Geburtstag des Kindes gibt es grundsätzlich keinen Unterhaltsvorschuss mehr.

Im kommenden Jahr stehen nun einige Änderungen an. So kann der Vorschuss dann nicht mehr rückwirkend beantragt werden, wenn sich erst im Nachhinein herausstellt, dass der Unterhaltspflichtige nicht zahlt, klagt Angela Jagenow vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV). Bisher konnte man Unterhalt für einen Monat im Nachhinein beantragen. Marlies Maier sieht das als Nachteil: "In Zeiten einer Trennung geht es doch drunter und drüber. Wer kann denn da schon genau wissen, ob der Mann zahlt oder nicht?"

Die Änderungen aus dem Hause des Bundesfamilienministeriums sehen außerdem eine neue zeitliche Anrechnung vor, wenn der Vorschuss gewährt wurde, der Unterhaltspflichtige dann aber doch zwischenzeitlich noch seinen Pflichten nachkommt und zahlt. Dann muss der Vorschuss zurücküberwiesen werden - und diese Zeit wird künftig auf den maximalen Anspruch auf die Sozialleistung von 72 Monaten angerechnet. "Es ist ohnehin ein Unding, dass nur sechs Jahre Vorschuss gewährt wird", so Jagenow. Nun werde diese Zeit durch die neuen Regelungen noch verkürzt.

Kürzungen oder Entbürokratisierung?

Der VAMV setzt sich seit langem dafür ein, die Frist von 72 Monaten zu verlängern, weil der Unterhaltsvorschuss oft gerade dann ausläuft, wenn die Kinder in der Pubertät "teuer" werden. Eine weitere Einschränkung für den betreuenden Elternteil besteht darin, dass der Unterhaltspflichtige seinen Unterhalt neuerdings auch an Dritte zahlen kann. Wenn er etwa die Kitakosten übernimmt, wird das mit der Unterhaltssumme verrechnet. "Es kann also passieren, dass der Vater den Kindergarten zahlt, die Mutter aber nicht weiß, was sie dem Kind zu essen geben soll", kritisiert Jagenow. Bisher sei der Barunterhalt unabhängig von weiteren Leistungen berechnet worden.

Eine "schöne Bescherung" nennt das der VAMV. "Im Koalitionsvertrag hatte die Regierung Verbesserungen für die leistungsbeziehenden Kinder von Alleinerziehenden verankert, im Gesetzentwurf sind dagegen unter der Überschrift ,Entbürokratisierung' Kürzungen zu finden", kritisiert Jagenow.

Das Familienministerium weist die Kritik pauschal zurück: "Das Gesetz soll in erster Linie Vereinfachungen, Verbesserungen und gesetzliche Klarstellungen für die Verwaltung bewirken", erläutert Sprecher Hanno Schäfer. Davon hätten auch die Bezieher des Vorschusses etwas, behauptet das Ministerium. Bundesweit erhielten im Jahr 2010 nach Ministeriumsangaben 499.865 berechtigte Kinder Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.

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