Rechtsextreme Übergriffe: Antifas leben gefährlich

23 Linke, die auf Nazi-Webseite als "Hassperson" gelistet wurden, wurden Opfer von Straftaten. Kritik an Einstellung der Ermittlungen gegen Rechts.

Die Ermittler sollen die Brutalität von Nazis ernst nehmen, fordert die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus. Bild: ap

Wer auf der Internetseite des nationalen Widerstandes als sogenannte Hassperson abgebildet ist, lebt gefährlich. Wie der Senat auf eine Anfrage der grünen Abgeordneten Clara Herrmann mitteilte, sind 23 der dort abgebildeten Person seit ihrer Bloßstellung Opfer von Straftaten geworden. Bei 13 von ihnen geht die Justiz mit Sicherheit von rechtsextrem motivierten Übergriffen aus. Weiterhin zählt Justizstaatssekretär Alexander Strassmeir (CDU) 19 Angriffe auf alternative Jugendzentren, Parteigeschäftsstellen oder Cafés, die dort ebenfalls als "linke Hassobjekte" gelistet sind. Darunter sind drei Brandstiftungen. "Ein Zusammenhang zwischen der Nennung auf der Liste und begangenen Straftaten ist grundsätzlich in Betracht zu ziehen", schreibt der Justizstaatssekretär.

Herrmann fordert nun, die Ermittlungen gegen die Betreiber der Webseite wiederaufzunehmen. "In meinen Augen erhärtet sich durch diese Angaben, dass von der Seite eine ganz konkrete Bedrohung ausgeht und nicht nur eine Einschüchterung, wie es die Justiz den Linken auf ihre parlamentarische Anfrage mitgeteilt hat." Auch Pirat Pavel Mayer kann nicht nachvollziehen, dass die Betreiber der Seite nicht zu finden sein sollen. "Wenn die Ermittler das wollten, wäre es möglich." Am Mitwoch steht das Thema im Verfassungsschutzausschuss auf der Tagesordnung.

Wie die taz berichtete, hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen die anonymen Macher der rechten Seite eingestellt, weil der Server in den USA sitzt und ein Rechtshilfeersuchen nicht erfolgversprechend sei. Die seit 2005 existierende und seit 2011 indizierte Seite des nationalen Widerstandes verbreitet NS-Propaganda. Laut Justizverwaltung ist sie "die zentrale Internetplattform des aktionsorientierten Rechtsextremismus in Berlin".

Der Indizierung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien begegneten die Betreiber durch eine Auslagerung der Seite auf eine neue Adresse. Dort werden die so genannten "Feinde" des nationalen Widerstandes mit Namen, zum Teil auch mit Foto und Adresse aufgelistet. Acht Betroffene haben Strafanzeige gestellt. Für Empörung sorgt allerdings ein Schreiben des Landeskriminalamtes. Darin erfahren die Anzeigensteller, "dass sich alleine durch Thematisierung Ihrer Person auf der fraglichen Liste keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung ergeben." Der Rechtsextremismusexperte der Linken, Hans Erxleben sagt: "Ich fühle mich durch dieses Schreiben beleidigt und verleumdet."

In den Augen von Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin beruht das Schreiben "auf einer fatalen Fehleinschätzung". Die Ermittler müssten endlich, so Klose, "die Entschlossenheit und Brutalität der diversen Nazi-Gruppen in Berlin ernst nehmen und handeln".

Auf der Hassseite abgebildet ist auch die linke Abgeordnete Evrim Sommer. Seit sie dort steht, wurde ihr Auto Opfer eines Brandanschlages und sie selbst bedroht. In ihren Augen werden Vertreter der rechten Szene durch die Abbildung von Leuten auf solchen Hassseiten "geradezu zu Aktionen ermutigt". Sommer sagt, ihr lägen Indizien vor, dass der Server der Seite kürzlich von den USA nach Schweden umgezogen sein soll. "Ich habe darum erneut Anzeige gestellt, um die Ermittlungen wieder aufzunehmen."

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