Parteifreunde ins Entwicklungsministerium: Spät-Niebelsche Dekadenz

Fachfremd? Egal. Hauptsache: Parteifreund! Niebel schafft mit Dreistigkeit ein Novum. Noch nie wurde ein Ministerium zum langen Arm der Parteizentrale gemacht.

Munter bläht Dirk Niebel sein Entwicklungsministerium weiter mit FDP-Personal auf. Die zur unguten Gewohnheit gewordene Nachricht von der Vergabe von Leitungsposten an fachfremde Parteifreunde hat etwas Ermüdendes. Aber Vorsicht! Niebel schafft mit seiner Politik etwas Neues: Nie zuvor hat ein Minister so dreist über eine gesamte Legislaturperiode hinweg ein Ministerium zu einem verlängerten Arm der Parteizentrale und seiner persönlichen Karriereplanung gemacht.

Allmählich aber schwindet der Rückhalt, der Protest aus dem Personalrat wächst. Es kann keinem Minister egal sein, wenn sich zuerst der Koalitionspartner gegen ihn stellt und sich dann auch das eigene Haus von ihm abwendet.

Niebel spielt auf Zeit. Er weiß, dass er das Entwicklungsministerium in weniger als zwei Jahren abgeben wird. In der FDP glaubt niemand mehr ernsthaft an ein Verbleiben in der Regierung. Es wird ein Intermezzo gewesen sein, und deshalb kalkuliert Niebel eiskalt. Er braucht die Fachkräfte in seinem Ministerium bald nicht mehr. Welches Bild er von Entwicklungspolitik hat, zeigen seine abschätzigen Kommentare über sein Haus, das kein "Weltsozialamt" sei, oder die "Alpaka-Pullis", den Dresscode der Gutmenschen.

Statt auf diese ihm suspekte Szene Rücksicht zu nehmen, verpflichtet er sich die eigenen Parteileute mit guten Jobs für die Zukunft. In seiner Partei wird Dirk Niebel damit ein Star. Die FDP ist im Niedergang, sie droht zur Splitterpartei zu werden, Erfolgsthemen sind nicht in Sicht. Der einst hoffnungsvolle Führungsnachwuchs um Philipp Rösler und Christian Lindner gilt bereits als gescheitert oder ist schon wieder weg.

Wenn einer wie Niebel dann konsequent die eigenen Leute mit Regierungsposten versorgt, solange es noch geht, kommt das gut an. Niebel wird von nicht wenigen bereits als ein Kandidat für den Parteivorsitz gesehen. Dass die FDP derartige Personalpolitik auch in anderen Ministerien fördert, lässt tief in die Seele der Partei blicken. Hinter den scheinbaren Marktwirtschaftlern verbergen sich an vielen Stellen genau die eigennützigen Bürokratieaufbläher, die sie in großspurigen Reden kritisieren. Dirk Niebel ist die Avantgarde dieser Form der berüchtigten "spätrömischen Dekadenz".

Mit dem fachfremden Personal wird ab 2013 eine andere Regierung umgehen müssen. Bezahlen wird sie der Steuerzahler. War da nicht mal was, FDP?

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